Julia

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Da ich euch nicht weiter quälen möchte, hier das nächste Kapitel :D

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Julia wählt wieder die Nummer an, doch noch immer ist Cassys Handy ausgeschaltet. Sie hatte von Matteo vor ca. einer halben Stunde einen panischen Anruf erhalten, weil Cassy nicht mehr zuhause war. Elias hatte sie besuchen wollen und nicht angetroffen.
Julia war sofort aufgesprungen, trotz ihres freien Tages. Alleine die Panik in Matteos Stimme hatte ausgereicht, um sofort zur Hilfe zu eilen.

Langsam fährt sie die Gassen von Erfurt ab. Mit Matteo hat sie eben vereinbart, dass sie die Altstadt abklappert, während er und Elias Cassys Lieblingsorte absuchen.

Julias Sorge um Cassy wächst weiter. Sie würde zwar niemals glauben, dass sie sich etwas antun würde, aber Cassy hat seit Tagen nicht mehr richtig gegessen und könnte jetzt irgendwo bewusstlos im Graben oder so liegen.

Doch das Matteos Angst so groß ist, kann sie auch verstehen. Die Parallelen sind da, doch die Frauen zwei ganz unterschiedliche.

Auf einem Parkplatz hält Julia und runzelte die Stirn. Wo könnte Cassy noch sein? Wenn Matteo und Elias sie mittlerweile gefunden hätten, wäre sie längst informiert. Mit ihren Fingern trommelt sie auf das Lenkrad, ihr Fuß zappelt unruhig im Fußraum herum.
Ihr Blick gleitet über den Platz. Sie befindet sich mitten in Erfurt, umgeben von der wunderschönen Altstadt, die sie ihr zuhause nennen darf.
Mittlerweile hatte sie so gut wie alles abgesucht.

Es klopft an ihrer Fensterscheibe und erschrocken zuckt sie zusammen. Es ist eine Politesse, die mit hochgezogener Augenbraue wartet.
Julia lässt die Fensterscheibe heruntersurren. „Wollen Sie noch länger hier stehen? Sonst muss ich Ihnen ein Ticket geben wegen zu langem Parken".
Julia schüttelt den Kopf. „Tut mir leid, ich fahre schon weiter. Ich suche eine vermisste Freundin und musste kurz überlegen, wo sie sein könnte".
„Dann bitte, fahren sie jetzt weiter". Julia lässt das Fenster wieder hochfahren und fährt los.

„Unfreundliche Ziege", brummt sie und fährt mehr oder weniger im Kreis.
Am Rande von Erfurt parkt sie erneut, dieses Mal auf einem Parkplatz ohne Gebühren. Seufzend lehnt sie ihren Kopf gegen die Stütze. Es ist zum verrückt werden.

Um ihren verspannten Nacken zu lockern, bewegt sie diesen vorsichtig hin und her, dehnt etwas und steigt dann schlussendlich aus, um sich etwas zu bewegen.
Die Sonne scheint angenehm und seit Langem bemerkt Julia wieder, wie schön Erfurt in diesem Licht aussieht. Golden schimmernd.

Erschrocken schnappt sie nach Luft, als ihr eine Erinnerung hochschießt. Es war im Brautmodeladen gewesen, als Cassy in der Umkleidekabine war. ‚Ich liebe es, wenn die Sonne auf Erfurt scheint. Dann bin ich am liebsten oben bei der Zitadelle'. Kikis Stimme klingt in ihren Ohren nach, als Julia blitzschnell ins Auto einsteigt und den Weg zur Zitadelle beinahe rast. Sie parkt am Straßenrand und rennt die Meter hoch, die zum Eingangstor der Zitadelle führen.

Auf einer der Mauerstücke sieht sie jemanden sitzen. Beim Näherkommen atmet sie erleichtert aus und Tränen bahnen sich sofort ihren Weg.
„Mensch Cassy", heult sie und ihre Freundin dreht ihr verwundert den Kopf zu. „Julia, was machst du denn hier?", fragt sie und zum ersten Mal seit Tagen sieht Julia wenigstens etwas Farbe und Leben in ihrem Gesicht.

Heulend klettert Julia zu ihr auf die Mauer und schließt sie in die Arme. „Wir haben uns totale Sorgen um dich gemacht", schnieft sie und drückt ihr Gesicht an ihre Schulter.
„Aber ich bin doch nur draußen". Cassy klingt verwirrt und wütend hebt Julia den Kopf. „Ja, ohne jemandem Bescheid zu sagen! Matteo ist krank vor Sorge".

Cassy wird blass, als sie einige Sekunden über Julias Worte nachdenkt. „Du meinst, er denkt ...?". „Ja. Elias war bei euch nach seiner Schicht und konnte dich nicht antreffen".

Cassy kramt in ihrer Tasche nach ihrem Handy. Nachdem es eingeschaltet ist, wird sie noch blasser. „43 Anrufe von Matteo, 23 von Elias, 3 von dir", flüstert sie. Julia verschränkt die Arme vor der Brust. „Und jetzt ruf ihn an".

Das braucht Cassy nicht, denn Matteo klingelt schon durch. Schnell geht sie ran. „Matteo?". Julia hört selbst auf dieser Entfernung Matteos erleichtertes Weinen.
„Mir geht es gut. Ich bin oben auf der Zitadelle... ja okay, bis gleich". Es dauert keine zehn Minuten, da kommen Elias und Matteo an gesprintet.

Als Cassy von der Mauer klettert, schließt Matteo sie sofort in seine Arme. Weinend hält er sie fest an sich gedrückt, während Elias vorsichtig Julia von der Mauer hilft und sie etwas zur Seite treten, um ihnen Privatsphäre zu geben.

„Was meinst du, was sie hier oben wollte?", fragt er Julia flüsternd und sie schaut auf Erfurt hinunter. „Kiki war gerne hier oben. Ich denke, Cassy wollte Abschied nehmen". Elias nickt. „Macht Sinn".

Cassy und Matteo kommen auf sie zu. „Danke für eure Hilfe!", sagt Matteo und lächelt beide an. Julia findet es immer noch gruselig, wenn er lächelt, daran wird sie sich nie gewöhnen.

„Natürlich, das ist doch selbstverständlich". Elias rückt seine Brille wieder zurecht und hebt mahnend den Finger. „Drück mich bloß nicht nochmal weg", scherzt er und Cassy lacht. „Keine Sorge, ich drücke nie wieder jemanden weg. Außer Matteo und ich sind gerade beschäftigt".

Julia schüttelt sich. „Stopp, so etwas will ich gar nicht hören!". Lachend machen sich die vier auf den Weg zu ihren Autos. Wenigstens ist alles gut gegangen!

In aller Freundschaft: die jungen Ärzte - LifelinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt