Cassy

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Wow. Als ich das Telefonat mit Elias beende, kann ich es kaum glauben. Leyla hat Ben betrogen? Das war also das Thema des Gesprächs gestern zwischen Leyla und Matteo. Überrascht lehne ich mich in meinem Bürostuhl zurück. Das hätte ich wirklich niemals von ihr erwartet.

Als das Bürotelefon klingelt und ich den Namen meines Chefs lese, gehe ich sofort ran. „Ja?". „Cecilia, Sie sind also in Ihrem Büro. Ich komme mal eben vorbei".

Oh. Ob etwas passiert ist? Doch als mein Chef zwei Minuten später bei mir im Büro sitzt, verflüchtigt sich die Angst schnell wieder.
„Ich wollte nur mal eben über ihre Elternzeit sprechen. Haben Sie sich schon entschieden, wie lange sie diese nutzen möchten?".

Erleichtert atme ich aus und lächle. „Ein Jahr. Danach möchte ich gerne halbtags wieder beginnen mit der Option, auch mehr von zuhause aus arbeiten zu können".
Mein Chef nickt. „Ihr Mann ist immer noch am JTK beschäftigt? Sie sprechen sich denke mit ihm ab, wie er auch Schichten hat, oder?".

Ich nicke. „Gut. Dann weiß ich Bescheid. In der Zeit wo Sie in Elternzeit sind, stelle ich jemanden befristet ein, der Ihre Aufgaben übernimmt. Danach steht Ihnen Ihr Arbeitsplatz wieder zur Verfügung".

Das war mir klar. Irgendwer musste das ja machen und es haben alle sehr gut zu tun. „In Ordnung". Mein Chef erhebt sich und reicht mir die Hand. „Bleiben Sie sitzen. Meine Frau hat sich immer so hochgequält, als sie so schwanger war wie Sie, ich hatte immer Mitleid". Dann verlässt er mein Büro.

Seufzend fahre ich mir über den Bauch. Es stimmt, mittlerweile quäle ich mich wirklich hoch. Von den schmerzenden Beinen ganz zu schweigen und – halleluja – ich muss furzen wie ein Elch.

Aber egal, denn immer, wenn ich an mein Mädchen denke, stiehlt sich mir ein Lächeln auf die Lippen. Ich stelle mir vor, dass es Matteos wunderschöne Augen hat. Eine kleine Stupsnase und seine vollen Lippen.

Da spüre ich einen Tritt. „Oh, bist du wach?", murmle ich und streiche über die Stelle. Wieder ein kleiner Tritt. „Dein Papa wäre begeistert, wenn er das mitbekommen könnte".

Jedes Mal, wenn sie sich auch nur minimal regt, kommt Matteo angestürmt, wenn er kann und legt sein Ohr auf meinen Bauch. Sogar, wenn er noch nicht fertig mit dem rasieren ist.

Ein Zucken beginnt. Regelmäßig und im gleichmäßigen Abstand. Schluckauf. Hat mich schon so einige Stunden Schlaf gekostet. Unter anderem musste ich mich umgewöhnen nicht mehr auf dem Bauch zu schlafen, als mein Bauch langsam wuchs.

Während mein Mädchen weiterhin Schluckauf hat, versuche ich mich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren.

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Die Monate vergingen viel zu schnell. Die Blätter verfärbten sich und fielen ab, der eisige Winter nahm in Erfurt Einzug und ich liege eingekuschelt in eine dicke Decke auf dem Sofa bei uns im Haus.
Matteo hat gerade Dienst und da er noch nervöser wegen der Geburt ist wie ich, bin ich froh darum, dass er ab und an das Haus verlässt.

Bis zum errechneten Geburtstermin sind es nur noch wenige Tage. Doch Rebecca, die mittlerweile meine behandelnde Ärztin ist, meint, dass es noch etwas länger dauern könnte. Unsere Charlotte lässt sich einfach noch etwas mehr Zeit.

Ja, Charlotte. Es war ein wenig Diskutieren mit Matteo nötig gewesen, der am liebsten Hildegard genommen hätte, aber ich hatte ihn überzeugen können.

Julia würde in wenigen Stunden landen. In der Nacht hatte ich eine WhatsApp bekommen, dass ihr Flieger ein klein wenig Verspätung hat und sie nicht wie geplant um zehn Uhr morgens, sondern erst gegen 2 Uhr am Nachmittag landen wird.

Ein leichtes Ziehen fährt durch meine Leiste. Übungswehen habe ich schon seit geraumer Zeit, auch das sei kein Grund zur Sorge, meinte Rebecca.

Matteo sah das etwas anders, aber er hätte am liebsten meine Behandlung direkt übernommen. Wenn er dürfte, würde er sogar wahrscheinlich das Kind selbständig holen, aber da hatte Professor Patzelt ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Ich blättere die Seite meines Buches um. Wenige Minuten vergehen, wieder eine Wehe. Dieses Mal etwas stärker. Ich atme schnaufend ein, wie ich es zusammen mit Matteo im Vorbereitungskurs gelernt habe und schaue auf die Uhr. 9.37 Uhr.

Als die nächste Wehe auftritt, sitze ich mittlerweile auf der Couch und atme tiefer ein. Gegen den Schmerz, den die Wehe auslöst. Verdammt war das eine lange Wehe. Als ich auf die Uhr schaue, stöhne ich entsetzt auf. 9.42 Uhr. Es geht los!

In aller Freundschaft: die jungen Ärzte - LifelinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt