Ben

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Ben sitzt mit nervös zappelnden Beinen auf seiner Couch zuhause. Raya ist bei ihrer Babysitterin, was auch gut ist. Sie ist einfach schon zu groß und bekommt viel zu viele Dinge schon mit.

Er hört, wie die Schlüssel im Schloss klappernd gedreht werden. „Ben?", fragt Leyla und er brummt bloß. Langsam kommt sie in die Wohnung, ihre Jacke über ihren Arm gelegt.
Unsicher bleibt sie im Türrahmen stehen.

Ben mustert sie, ohne überhaupt an etwas zu denken. Leylas Mund klappt immer wieder auf und zu, doch es kommt kein Laut über ihre Lippen.

„Möchtest du mir nicht irgendetwas sagen?". Ben lehnt sich gegen die Couch, sein Herz schlägt plötzlich unkontrolliert schneller. Seine Nervosität steigt und steigt. Im Grunde genommen kennt er die Wahrheit schon, aber es aus ihrem Mund zu hören wird ihm gleich das Herz brechen.

Leyla zieht sich einen Hocker heran und setzt sich. „Ben, es ist da etwas passiert und ich kann nicht länger schweigen", beginnt sie flüsternd, hält ihren Blick auf ihre Finger gesenkt.
Ben wartet. Sein Herz schlägt mittlerweile so schnell, dass es sich anfühlt als springe es jeden Moment aus seiner Brust. Leyla atmet noch mehrmals tief ein und aus und beginnt dann zu weinen.

„Ich habe dich betrogen. Mit Martin". Augenblicklich setzt sein Herz einen Schlag aus. Sämtliches Blut weicht aus Bens Gesicht und er spürt, wie sich in seinem Hals ein dicker Knoten bildet. Es ist wie ein Faustschlag in seine Magengrube, nur noch tausendmal schlimmer.

Leyla weint dicke Krokodilstränen. Ihre Schluchzer erfüllen das sonst stille Wohnzimmer, selbst die Straßenbahnen und Autos draußen scheinen verstummt zu sein.
Ben räuspert sich. „Ich habe eben das Telefonat mit Martin mitbekommen, aber es jetzt so aus deinem Mund nochmal zu hören...". Seufzend fährt er sich mit seiner Hand über das Gesicht und starrt das Bild an der Wand an, welches ihn und Leyla zusammen mit Raya bei Matteos und Cassys Hochzeit zeigen. Dort, wo die Welt noch in Ordnung war.

„Ben, es tut mir so leid!". Leylas Stimme ist kaum lauter als ein Hauch, doch Ben schüttelt bloß den Kopf. „Spar dir das! Ich kaufe dir das nicht ab".
Leyla steht auf und will zu ihm hingehen, doch er hebt die Hand und schüttelt den Kopf. „Fass mich jetzt bloß nicht an. Und auch nie wieder in deinem Leben".

Mit einem erstickten Schluchzen schüttelt Leyla den Kopf. „Sag so etwas nicht!". Ben lacht schnaubend und erhebt sich. „Du scheißt doch schon seit Jahren auf unsere Familie! Zuerst der Kuss von dir und Martin und jetzt das! Glaubst du ernsthaft, ich verzeihe dir so einen Fehltritt?". Er spürt, wie seine Nasenflügel anfangen zu beben, wie immer, wenn er wütend wird.

„Und das ist noch nicht alles oder? Du weißt noch nicht einmal ob das Kind überhaupt von mir ist, stimmt's?".
Betroffen schaut Leyla zu Boden. „Weißt du, ich habe immer gedacht, wir zwei für den Rest unseres Lebens. Wie haben sie uns im Klinikum immer genannt? Beyla?".

Ben schüttelt den Kopf. „Tut mir leid, aber Beyla ist Geschichte". Er schiebt sich an ihr vorbei und in den Flur in ihr Schlafzimmer, wo seine gepackte Tasche auf dem Bett steht.

„Ben, nein!". Leyla kommt hinter ihm her, ihre Augen voller Tränen. „Wir kriegen das wieder hin, wir haben immer alles wieder hinbekommen!".
Ben schaut wütend auf sie hinunter. „Es ist vorbei Leyla. Ich schaffe das nicht mehr. Weder mit einer Pause noch sonst mit irgendetwas!".

Im Flur zieht er sich Jacke und Schuhe an. „Wo willst du hin?". Ben öffnet die Tür und nimmt sich seine Tasche. „Zu Elias. Dort kann ich ein paar Tage übernachten, bis ich etwas Eigenes gefunden habe. Du bleibst hier, ich nehme einer werdenden Mutter nicht ihr Heim weg".

Ben atmet noch einmal tief ein. „Ich hole Raya wie besprochen morgen Nachmittag ab. Und sobald das Kind auf der Welt ist, will ich einen Vaterschaftstest. Ich drücke mich niemals vor meiner Verantwortung, wenn es wirklich von mir ist".

Und damit lässt er die Tür hinter sich ins Schloss fallen und eilt die Treppe hinunter, bevor er wieder weich wird.
Auf der Straße atmet er tief die frische Luft ein. Tränen beginnen in seinen Augen zu brennen und schluchzend sinkt er auf die Knie. Alles, einfach alles ist zerstört. Sein Leben ein einziger Scherbenhaufen.

In aller Freundschaft: die jungen Ärzte - LifelinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt