32. Heimatlos

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Es klopfte. "Anna?" Ich seufzte, erhob mich und ging hinüber zu den Umzugskartons, dass es so aussah, als würde ich gerade wieder ein paar Sachen mehr einpacken. Meine Mutter öffnete die Tür und lugte durch den Spalt. "Kannst du für später noch ein wenig aufräumen?" Wieder seufzte ich. "Wann kommen 'na die?" Es war Besuch angekündigt. Irgendjemand interessierte sich offensichtlich für unser Haus. "So in einer Stunde. Wäre lieb, wenn du vielleicht das ganze Zeug, das bei dir rumliegt, etwas ordentlicher hinrichten könntest." Sie blickte etwas skeptisch auf meinen Schreibtisch, wo noch drei leere Wasserflaschen standen und eine Menge Stifte, die wild in der Gegend herumlagen, weil ich sowohl zu faul wahr die leeren Wasserflaschen nach unten in den Keller zu bringen, als auch meine Stifte mal geordnet in eine kleine Schachtel zu packen, dann zu meinem Regal, in welches ich alles nur notdürftig reingestopft hatte. Ich nickte und meine Mutter verschwand wieder.

Jetzt würden also bereits Fremde unsere Haus besichtigen, mein Zimmer anschauen und bewerten, ob es ihnen gefiel oder nicht...

Bei dem Gedanken dran keimte in mir ein seltsames Gefühl auf. Das hier war mein Zuhause und irgendjemand begutachtete es komplett ohne emotionale Bindung zu diesem Mauerwerk, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben, wer hier all die Jahre gewohnt hatte und was wir hier alles erlebt hatten -schöne Momente und in letzter Zeit vor allem unangenehme- , vielleicht noch mit einer gewissen Verachtung in ihrem Blick wegen der Schrammen, die das Haus zu dem machten, was es eben war: Ein Zuhause.

Anstatt zu meinem Laptop zurück zu kehren, packte ich nun doch einige meiner Sachen zusammen und tat so als würde ich beim Einpacken Tetris spielen. Sicherlich nicht die effektivste Methode, um schnell Zeug in Kartons einzuräumen, aber hey, es war immerhin platzsparend. Nachdem zwei weitere Kisten bis zum Rand hin beladen worden waren und für mich, wo ich doch ehrlich gesagt ein Schwächling bin, kaum noch tragbar, weshalb ich sie auch mehr auf den Gang zog als trug. 

Danach machte ich mich an mein Regal, räumte die Bücher zurück in die Lücken, wozu sonst immer zu faul war, sammelte meine Schulsachen zusammen und brachte sie dort hin zurück, wo sie eigentlich hingehörten. Auch meine Jogginghose, die ich sonst auf meine Schlafcouch schmiss, hatte mal wieder eine Wäsche verdient. Nach einer halben Stunde hatte ich meine kleine Aufräumaktion beendet und begutachtet mein Werk. Wirklich sauber oder gar ordentlich war es nicht. Aber es musste reichen. Vielleicht merkten die Leute ja dann, dass dieses Haus bereits das Zuhause einer anderen Familie war und nie wirklich das ihre werden würde, wie es auch eines Tages bei mir selbst der Fall sein würde, wenn ich schließlich in die Wohnung einer fremden Familie einziehen würde. Heimatlos. 

Ich griff nach meinem Handy, stapfte etwas lustlos über die Treppe nach unten ins Esszimmer, wo meine Mutter gerade noch damit beschäftigt war den Tisch abzuwischen. „Ich wollte heute Abend noch zu Andy..“, meinte ich. Meine Mutter hmmte nur. „Und ich hab zwei weitere Kisten gepackt.“ Abermals ein Hmm.

Ich ging aus dem Esszimmer in die Küche,  schaltete den Wasserkocher an und nahm eine Tasse aus den Schränken. Während das Wasser zu kochen begann, griff ich nach meinem Handy und schrieb Andy kurz, dass er heute Abend klar ging, er mich eventuell nur abholen müsste.

Es klingelte. Meine Mutter schreckte auf. Den Lappen schmiss sie in der Eile in die Spüle und ging hin zu der Eingangstür. Ich hörte die allgemeinen, höflichen Begrüßungsformeln. Ich wollte verschwinden. So schnell wie möglich. Ich hatte keine Lust von Fremden gemustert zu werden.

Oben angekommen schloss ich die Tür hinter mir. Am liebsten hätte ich sie zugesperrt, aber das käme wohl blöd rüber und ich wusste, dass meine Mutter sicherlich nicht erfreut darüber gewesen wäre. Den Tee stellte ich neben meinen Laptop, der auch weniger seiner Anforderungen gerecht wurde, doch bis ich mir einen neuen leisten konnte, würde es wohl eine Weile dauern. 

Ich ließ meinen Blick durch mein Zimmer schweifen. Mein Zimmer. Mein Zuhause. Mein Leben. All die Erinnerungen. Die vielen Male, die Ina bei mir übernachtete hatte. Mein sechszehnter Geburtstag, an dem sie mir Flos Geschenke gegeben hatte. Kaum ein Tag später die Nachricht der Scheidung. Ich seufzte. Scheiß Scheidung.

Abends noch, als mich Andy wieder nach Hause gebracht hatte, erklärte mir meine Mutter noch die 'frohe' Botschaft: Das Haus war praktisch verkauft. Jetzt würde nur noch der Umzug bevorstehen und die Gerichtsverhandlung wegen der Scheidung, die vermutlich erst nächstes Jahr stattfinden würde wegen des Trennungsjahrs, das Paare, die sich scheiden lassen wollen, einhalten mussten. Umziehen würden wir jedoch schon früher. Mein Vater schien es so oder so egal zu sein, ob er nun Kontakt zu mir hatte oder nicht.

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Huhu meine Lieben :3 

Es gibt endlich mal wieder ein Kapitel von mir :) 
Hab jetzt meinen neuen Mac bekommen :3 Und kann nun auch meine Freistunden in der Schule dazu nutzen das ein oder andere Kapitel zu schreiben ^-^ Und sein wir doch mal ehrlich: Laptops sind etwas praktischer, was den Transport angeht ;) 

LG Heide :x 

Wohnen bei Floid?! (LeFloid FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt