x. the victors of district 6

1.3K 67 1
                                    

"Nothing ever ends poetically. It ends and we turn it into poetry. All that blood was never once beautiful. It was always just red."

"Aber wie ist das möglich?", verdutzt fährt Finnicks Hand über meinen unversehrten, linken Oberarm. Es ist das erste Mal, dass seine Berührung sich genauso anfühlt, wie auf der goldenen Prothese.

"Das versuche ich noch heraus zufinden. Etwas ist anders", gestehe ich ihm, als ich weiterhin versuche eine Erklärung zu finden. Im Hintergrund plätschert leise das Wasser, das wir immer wieder über die Stellen tropfen lassen, an denen sich Blasen bildeten; auch wenn sie schon längst abgewaschen sind.

"Es tut mir leid, das mit Mags", höre ich Katniss zu Finnick sagen, doch meine Aufmerksamkeit lenkt sich kurz darauf auf Peeta, der mit offenem Mund meine Schulter anschaut, bevor er mir direkt in die Augen blickt.

"Warum hat es den Anzug gerissen und auf deiner Haut ist nicht einmal ein Kratzer?"

Stimmt, denke ich, während ich aus dem flachen Wasser aufstehe. Ein weiterer verwirrender Punkt, über den ich mir noch keine Gedanken gemacht habe. Ob ich darauf noch eine Antwort finden werde?

Noch bis zu den Knöcheln im Wasser stehend, lege ich Finnick meine Hand auf die Schulter, die er sofort ergreift und sanft streichelt. Zwar sagte er zu Katniss, dass ihn Mags Tod nicht mitnehmen würde, doch ich weiß es besser. Ich sah seinen Blick, als ihm klar wurde, was sie vor hat. Als tausende Erinnerungen und Möglichkeiten sie zu retten vor seinen glasigen Augen blitzten und die Verzweiflung in seiner Stimme ihren Namen rief. Mit Mags starb auch ein Teil von ihm. Der unschuldige Junge aus Distrikt 4, dessen Leben in ihren Hände lag, als er in der Welt noch nicht mehr fürchtete, als seinen eigenen Tod.

"Peeta", Katniss unruhige Stimme lässt meinen Blick vom See, der ein paar hundert Meter vor uns liegt, zurück zu meinen Verbündeten schweifen. Aber ich erschrecke augenblicklich und greife meine Axt fester zu, als ich erkenne, dass wir nicht mehr alleine sind.  Um uns herum tänzeln gierig riesige Affen zähnefletschend über die dünnen Äste der Lianen. Es werden sekündlich mehr, die sich von den Bäumen herunter hangeln oder aus dem Gestrüpp erscheinen. Es ist unverkennbar, dass sie Mutationen sind.

Ich beiße die Zähne angespannt aufeinander, während mein Blick von einem Affen zum nächsten huscht, um auf einen Angriff bereit zu sein. Meine Axt platziere ich langsam vor der Brust, als ich ein wenig die Knie beuge, damit ich einen festeren Stand habe und Finnick schwungvoll seinen Dreizack aus dem Wasser zieht.

"Peeta." Katniss wiederholt den Namen ihres Geliebten mit vergleichsweiser ruhiger Stimmlage, als er endlich den Kopf hebt und sie fragend anblickt. "Peeta, komm ganz langsam hier rüber."

Auch Peeta scheint die Affen hinter uns bemerkt zu haben, weshalb er seine Bewegungen entschleunigt. Doch während er seinen Kopf nach vorne dreht, brüllt der erste Affe ihn in einer ohrenbetäubenden Lautstärke an, was dazu führt, dass alle Affen um uns herum bedrohliche Schreie ausstoßen, die den bis eben noch ruhigen Wald mit Lärm und Chaos füllen.

"Wir müssen zum Strand", sage ich, als Katniss ebenfalls uns hektisch anweist zum See zu flüchten. Doch als wir uns umdrehen, müssen wir feststellen, dass die Mutationen uns eben diesen Weg versperren. Uns bleibt nichts anderes übrig, als uns den Weg frei zu kämpfen.

Aufs Kommando stürmt ein aggressiver Affe kreischend auf uns zu, der wohl zum Angriff aufruft, denn bereits die erste Mutation stürzt sich auf Peeta, der schnell reagiert und in wenigen Sekunden das Tier erledigt hat. Von allen Seiten stürmen sie nun auf uns zu und wir sind alle damit beschäftigt uns selbst so gut es geht zu wehren.

Mit Schwung beginne ich verteidigend die Axt in der Luft zu schwingen, um die Affen auf Abstand zu halten, während ich immer wieder aushole und die Tiere davon abhalte sich von oben auf uns zu werfen. In der Dunkelheit, die immer noch im Dschungel hängt, erkenne ich aus dem Augenwinkel vermehrt die Pfeile von Katniss durch den Schatten fliegen. Die Geräusche der Tiere mischen sich mit unseren aggressiven Kampfschreien.

Laut kreischend stoppe ich meine Axt im Flug und greife mit beiden Händen fest um den Griff, während ich dazu übergehe die ersten Schritte Richtung Wasser zu machen, doch schnell zurück blicke, als Peeta Katniss Namen ruft. Sie wird gerade von einem Affen unter Wasser gedrückt, nur die Bogenspitzen ragen noch flüchtig aus dem Wasser. Schnell greife ich nach einem Messer, die ich sicherheitshalber eingesteckt hatte und ziele direkt zwischen die Augen des Tieres.

Einen Augenblick später kommt Katniss nach Luft schnappen aus dem Wasser und steht in Windeseile wieder auf den Beinen. Sie stürmt an mir vorbei, als ich mich in der Eile etwas zurück fallen lasse, um bei Finnick zu sein. Hinter den Siegern aus Distrikt 12 hetzen wir den unsicheren Boden des Dschungels nach unten, als zeitlich von links und rechts sich zwei Affen auf mich und Finnick werfen. Ohne zu Zögern hebe ich meine blutverschmierte Axt und drehe mich schwungvoll vor Finnick, ehe ich den Affen an der Brust erwische und er regungslos zu Boden fällt. Das Blut seiner Wunde strömt in das dicke Fell, ehe es in den feuchten Waldbogen sickert. Ich hebe meine Axt direkt schützend vor mich, um den Affen zu bekämpfen, der mich ursprünglich angegriffen hat, nur um festzustellen, dass Finnick ihn bereits getötet hat. Wir haben uns gegenseitig verteidigt.

Immer näher ans Wasser schaffen wir uns über die hohen Wurzeln und tiefhängenden Lianen durch den Wald, als ein Affe Katniss im Flug an der Schulter erwischt und zu Boden wirft, was Peeta ebenfalls mit zieht. Schützend drückt er sich mit dem Rücken gegen einen Baumstamm. Die Mutation entblößt ihre Zähne, während sie in Kampfposition geht. Noch bevor wir ihn rechtzeitig erreicht haben, springt plötzlich aus dem Dickicht eine weitere Person und wirft sich beschützend vor Peeta; der Affe greift sie augenblicklich an. Finnick und ich wehren weitere Affen ab, während Peeta den Affen von dem Tribut herunterzieht, das sein Leben gerettet hat.

Eilig fragt Katniss: "Wer ist das?!" Doch noch bevor Peeta seine Antwort ausspricht, erkenne ich das es die Morfixerin aus Distrikt 6 ist. Auch die dunkle Farbe in ihrem Gesicht, kann die tief eingefallenen Wangen und die müden Augen nicht verbergen.

Schnell ergreifen Peeta und Katniss die Schultern der Siegerin und ziehen sie die letzten Meter bis zum Strand, als Finnick und ich weiterhin damit beschäftigt sind, die Affen in Zaum zu halten. Als wir endlich los kommen springt Finnick förmlich vor mich in den Sand und hält schützend seine Hand vor mich, aber mit einer geschickten Bewegung stehe ich bereits auf gleicher Höhe bei ihm und halte schützend meine Axt vor uns.

Offensichtlich können die Affen nicht weiter zu uns vordringen, was meinen Atem etwas beruhigt. Langsam verlagere ich meine Aufmerksamkeit zu meinen Verbündeten und weg von den Mutationen.

Während mein Blick trotzdem nicht vom Wald abweicht, höre ich Peetas ruhige Stimme auf die schwer atmende Morfixerin einreden:

"Ganz ruhig. Pass auf, ich zeig dir etwas. Sieh nach oben!

Siehst du das?

Unfassbar schön, oder? So viele Farben. Mach dir um nichts anderes Sorgen. Wir sind bei dir. Alles wird gut. Es wird alles gut werden."

Als die Kanone durch die Arena klingt und die Affen sich zurück in den Wald ziehen, erlaube ich es mir ebenfalls in den Himmel zu schauen, der der letzte Anblick der verstorbenen Siegerin war.

Ich lege meine Hand auf Finnicks, die weiterhin fest den Dreizack umgreift, während ich in den Sand falle und noch angestrengt mit offenem Mund weiter atme.

Über uns leuchtet der Sonnenaufgang in pastellfarbenen Tönen. Am Horizont eröffnet ein leichtes Orange und Gelb den neuen Tag und verwandelt seine Farbe langsam in ein sanftes Rosa, dass sich mit dem dunkelblau der letzten Nacht vermischt. Nichts ahnend vom stressigen Geschehen unter ihnen ziehen gemütlich fast transparente Wolken über den Himmel; nichts ahnend davon, dass zu ihren Füßen ein weiterer Sieger diese Welt verlassen hat.

ɢʟɪᴛᴛᴇʀ ᴀɴᴅ ɢᴏʟᴅ ⏤ finnick odairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt