"You don't forget the face of the person who was your last hope."
Weiß auf Weiß. Die helle Wand trifft auf den glatten Fliesenboden. In einzeln abgetrennten Rechtecken hält die gelöcherte Fassade jedes noch so kleine Geräusch von dem Rest des Flügels fern. Die schmalen Fenster sind zu hoch um aus ihnen einen Blick auf die Welt ringsherum zu erhaschen. Ihre milchige Färbung lässt keine Hoffnung es auch nur zu versuchen. Die Leere des Raumes wirkt bedrückend und in Mitten seiner Trostlosigkeit liegt das eingefallene Gesicht von Peeta Mellark. Der sorgsame Sieger aus Distrikt 12. Ein Junge aus dem Saum. Fixiert an dem Bett.
Es ist ein bekümmernder Anblick, denke ich. Peeta wirkte auf mich nie wie jemand, der seine Gefühle nicht kontrollieren kann; wie jemand, der kurz vor einem Wutausbruch steht und seine Partnerin töten möchte. Seine Geliebte. Doch es ist die Realität. Sie findet direkt vor unseren Augen statt. Das Kapitol hat ihn gezeichnet; Snow hat ihm seine eigene Realität gestohlen.
Einweben, klingt das Wort noch in meinem Kopf, das Beetee benutzt hat um zu beschreiben, was im Kapitol mit ihm passiert ist. "Mit allem habe ich gerechnet", gestand mir Beetee, nachdem er uns erstmals darüber informierte. "Aber nicht, dass sein Zustand dieses Ausmaß erreicht hat."
Das Einweben von Halluzinationen, Albträumen, Angst. Gezielte Änderung von Erinnerungen. Erinnerungen, die ihm nun vermitteln, dass Katniss für ihn lebensbedrohlich ist. Ein Junge, der zur Waffe des Kapitols gemacht wurde.
Mein Herz würde in abertausende Stücke zerbrechen bei dem Gedanken, dass Finnick mir in die Augen blicken würde und die Liebe aus ihnen verschwunden wäre. Wie sein leerer Blick mich analysiert und unsere Erinnerungen nicht mehr die Selben sein könnten.
Ich trete einen Schritt näher an das kühlende Glas, als ich in Peetas müdes Gesicht blicke und hinter mir Schritte wahrnehme. An den braunen Haaren erkenne ich sofort Katniss, die gezielt einen Meter vor dem Fenster, durch dass wir Peeta sehen, aber er uns nicht, stehen bleibt. Ihr ganzer Körper lehnt sich gegen die dunkle Wand, bis sie ein Stück nach vorne rückt und vorsichtig in den Raum blickt. Doch es ist nur flüchtig; länger schafft sie es nicht ihn anzusehen.
"Es tut mir leid, Katniss", ergreife ich das Wort, als sich ihre Anspannung beginnt auf mich zu übertragen.
"Mir auch", flüstert sie. "Wegen mir wurde ihm das angetan. Weil wir zu den Symbolen dieser Rebellion geworden sind ohne es zu wollen." Katniss schließt ihre Augen und richtet ihren Kopf zur Decke auf. Wenn ich es nicht besser wissen würde, würde ich denken, dass sie ihre Tränen gerade befiehlt sich zurück zuziehen.
"Habt ihr euch erst zu der Ernte der 74. Spielen kennen gelernt?", versuche ich zumindest Katniss Erinnerungen positiv zu beeinflussen.
"Wir haben im Zug zum Kapitol damals das erste Mal miteinander gesprochen. Doch als ich elf Jahre war, hat er mir das Leben gerettet." Ein unauffälliges Schmunzeln zieht sich über ihre Lippen und als ich nachfrage, beginnt sie mir die ganze Geschichte zu erzählen: "Es war zum Beginn des Frühlings, der erste Löwenzahn war gewachsen. Wir waren kurz vor dem Verhungern, deshalb habe ich in den Tonnen der Bäckerei seiner Eltern nach Essensresten gesucht. Seine Mutter hatte mich entdeckt und angeschrien, doch Peeta kam kurze Zeit später mit zwei verbrannten Broten wieder raus. Er hat es absichtlich gemacht und den Ärger in Kauf genommen, nur um mir die Brote zuwerfen zu können. Dank Peeta haben wir überlebt. Seitdem habe ich ihn angeschaut und Hoffnung gesehen."
Hoffnung, denke ich. Hoffnung, ist nun das, was Peeta von Katniss braucht.
Als wir uns dem Transporter der Rebellen nähern, der in mitten der zerstörten Straße stehen geblieben ist, erinnere ich mich an mein Gespräch mit Katniss. Doch es ist das Letzte, das sich in Katniss Blick widerspiegelt, nachdem wir bemerken, dass Peeta Mellark aus dem Wagen steigt und begleitet von zwei Soldaten, auf uns zugelaufen kommt. Ohne zu Zögern zieht sie einen Pfeil aus ihrem Köcher und schiebt ihn in die richtige Position im Bogen. Keiner von uns wagt es etwas zu sagen, zu wenig verstehen wir noch, was gerade vor sich geht. Schützend hält Finnick seine linke Hand vor mich, als würde sie ausreichen um mein Leben zu beschützen; seine rechte umklammert fest das silberne Metall, die sich im Notfall zu einer Dreizack ähnlichen Waffe ausfahren lässt. Stirnrunzelnd und mit versteiftem Kiefer scannt er Peeta, dessen unverständliches Murmeln langsam zu uns durchdrängt.
Seine Kopf ist Richtung Boden gesenkt, während er wankend einen Schritt vor den anderen setzt. "Mein Name ist Peeta Mellark, ich komme aus Distrikt 12. Mein Name ist Peeta Mellark-", der Junge aus dem Saum. Der Junge, der sich nicht mehr an seine Heimat erinnern kann.
Bevor Peeta dem Team und in erster Linie Katniss zu nahe kommen kann, unterbricht Gale nervös seine Worte: "Okay, das reicht. Bleib stehen!" Wie auf Kommando spannt Katniss ihren Bogen an und zielt ihren Pfeil auf Peeta. Doch ob sie es im schlimmsten Fall wirklich schaffen würde ihn abzufeuern?
"Wartet." Sofort bemerke ich, wie Finnick sich von mir entfernt und ich mit Jackson hinter Gale und Boggs verbleibe. "Entspannt euch mal alle." Beschwichtigend hebt er die Hand hoch und schließt die letzten Schritte zwischen sich und Peeta auf. Mit geneigtem Kopf beobachte ich, wie Finnick versucht Peeta in die Augen zu blicken, aber er jedes Mal ängstlich ausweicht. Es wirkt nicht, als ob Peeta wirklich vollständig bei uns ist. Auch als Jackson ihm zur Sicherheit Handschellen anlegt, gibt er kein Widerwort und starrt, unkontrolliert nickend und in Gedanken versunken, zu dem staubigen Beton unter seinen Füßen. "Mein Name ist Peeta Mellark. Ich komme aus Distrikt 12", höre ich ihn ein erneut sagen, während Finnick wieder an meine Seite stößt und wir gemeinsam, in der beginnenden Dämmerung, in den vermeintlichen Schutz der bläulichen Wohnung zurückkehren.
"Meinst du er wird seine Worte eines Tages glauben?" Besorgt lasse ich mich in der Nähe der Leeg Schwestern auf einen blauen Samthocker fallen und blicke fragend zu Finnick, der gerade einen zweiten Hocker neben mich schiebt.
"Ich glaube Peeta hat zwei Optionen: Entweder er besiegt seinen Verstand oder-", er schnallst mit der Zunge, während er sich im Satz unterbricht und Peeta sich direkt gegenüber von uns fallen lässt. Neben mir verlagert Finnick sein Körpergewicht zu mir und flüstert mit gesenkter Stimme, so nah an meinem Ohr, dass mich Gänsehaut überkommt: "Entweder er besiegt seinen Verstand oder sein Verstand besiegt schlussendlich ihn." Mein Mund formt sich zu einem schmalen Strich. Er hat Recht.
"Also hört zu", ergreift Boggs das Wort, nachdem er als letzter zurück in die schattige Wohnung zurückgekehrt ist. Er stellt sich mittig von ihr auf und lässt seinen Blick über jedes Gesichts seines Teams fallen. "Wir sollen Peeta mit ins Propo nehmen, um zu zeigen, dass er auf unserer Seite ist. Morgen werden wir ein paar Blocks vorrücken und drehen das neue Material."
Mein verspannter Rücken fällt gegen die gläserne Wand hinter mir, währenddessen ich die Beine ausstrecke und die Arme aus ihrer verschränkten Position löse. Heute werden wir nicht mehr aufbrechen, sondern die Nacht hier verbringen. Es ist vermutlich auch besser so. Wer mag schon erahnen, welche Gefahren in der Dunkelheit lauern könnten. Die Kapseln sind bereits in der Helligkeit des Tages unberechenbar. Wie mag es bloß sein, wenn wir eine in der Finsternis auslösen würden?
Meine Aufmerksamkeit zu dem stattfindenden Gespräch hinter uns lässt nach, nachdem sich Gale eingeschaltet hat und beginnt über Peeta zu sprechen, als wäre er nicht im Raum mit uns.
"Ich würde nicht Peeta erschießen", höre ich die aufgesetzte Selbstsicherheit von Katniss "Sondern eine Mutation des Kapitols." Bei ihren Worten beobachte ich, wie Peetas Mund sich leicht öffnet und er seinen Blick von ihr abwendet. Verunsichert starrt er nun wieder nach unten und wirkt verloren in seinen Gedanken. Sie meint es nicht so, denke ich. Zumindest bin ich mir sicher, dass sie die Entscheidung ihn zu erschießen nie ohne Bedenken treffen würde. Doch auch wenn Peeta die meisten guten Erinnerungen an Katniss verloren hat, so haben ihn ihre Worte sichtlich verletzt. In der untergehenden Sonne fällt ein letztes Licht auf seine unnatürlich blondierten Haare. Die Strähnen wachsen langsam heraus. Ein Zentimeter für jeden Monat, den er zwischen sich und seine Folter bringt. Zwischen sich und Präsident Snow.
"Wir sollten uns einen Schlafplatz suchen, meine Liebste. Zumindest das, was einem Schlafplatz am nächsten kommen könnte", Finnick klopft sich den Staub seiner Hose beim Aufstehen von den Beinen und versucht im Raum einen geeigneten Platz für die Nacht ausfindig zu machen.
"Wie?", frage ich schelmisch und stehe ebenfalls aus, "Ich dachte, wir suchen uns jetzt eine gemütliche Matratze mit gerade neu bezogenen Bettdecken, die nach der frischen Luft duften in der sie getrocknet wurden."
Stöhnend senkt Finnick seinen Blick, ehe er beginnt zu lachen. "Davon müssen wir träumen. Wie wir gemeinsam dort liegen, all das hier Vergangenheit ist und wir von keinen Albträumen, sondern von sanften Kinderstimmen geweckt werden, die nach ihrem Platz im Bett verlangen." Die schwarz eingepackten Arme von Finnick fallen um meine Schultern und schließen mich in eine feste Umarmung. Es ist eine schöne Vorstellung, denke ich. Eine Hoffnungsvolle.
DU LIEST GERADE
ɢʟɪᴛᴛᴇʀ ᴀɴᴅ ɢᴏʟᴅ ⏤ finnick odair
Fanfiction❞𝐘𝐨𝐮 𝐰𝐞𝐫𝐞 𝐚𝐧 𝐮𝐧𝐞𝐱𝐩𝐞𝐜𝐭𝐞𝐝 𝐬𝐮𝐫𝐩𝐫𝐢𝐬𝐞. 𝐓𝐡𝐞 𝐝𝐞𝐟𝐢𝐧𝐢𝐧𝐠 𝐦𝐨𝐦𝐞𝐧𝐭. 𝐓𝐡𝐞 𝐜𝐨𝐥𝐥𝐢𝐬𝐢𝐨𝐧 𝐨𝐟 𝐬𝐭𝐚𝐫𝐬 𝐭𝐡𝐚𝐭 𝐬𝐥𝐚𝐦𝐦𝐞𝐝 𝐢𝐧𝐭𝐨 𝐦𝐞 𝐡𝐚𝐫𝐝 𝐚𝐧𝐝 𝐬𝐞𝐧𝐭 𝐦𝐲 𝐧𝐞𝐚𝐭 𝐥𝐢𝐭𝐭𝐥𝐞 𝐰𝐨𝐫𝐥𝐝 𝐩𝐥�...