xviii. senecas faith

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"Hands are unbearably beautiful. They hold on to things. They let things go."

"Guten Tag Juniper! Schön, dass sie es noch geschafft haben, bevor sie in die Heimat fahren", begrüßt mich Plutarch Heavensbee herzlich, als eine Angestellte die Tür hinter mir leise schließt. Der große Esstisch, der in der Mitte des lichtdurchflutenden Raumes steht, ist aufwendig dekoriert. Auf ihm zieren sich verschiedene Arten von weißen Blumen, die perfekt mit dem goldenen Geschirr harmonieren. Das polierte Geschirr wirft durch die einfallenden Sonnenstrahlen Lichtreflexe an die beigefarbenen Wände. Die Balkontür ist weit geöffnet und die hellen Vorhänge wehen leicht im bereits kühlen Wind des bevorstehenden Herbst. Plutarch bat mich vor ein paar Tagen, bei der Siegerehrung von Katniss und Peeta, heute zum Mittagessen vorbei zu kommen, damit wir noch ein paar Angelegenheiten besprechen können. Leider hat er mir bis jetzt verschwiegen, um welche Themen es sich genau drehen wird.

President Snow hat mir erlaubt, bis zu der Tour der Sieger in Distrikt 7 zurück zu kehren und meine Rückkehr erst wieder zu den nächsten Spielen verlangt. Es werden die 75. Hungerspiele sein und damit ein Jubeljubiläum. Was er sich wohl dieses Jahr bizarres ausdenken wird? Ich bin erleichtert, dass ich bis dahin zuhause sein kann, wo sich meine Gedanken hoffentlich nicht andauernd um diese Frage drehen werden.

"Warum haben sie für so viele Gäste gedeckt, Plutarch? Erwarten wir noch jemanden?" Ich setze mich gemütlich in Bewegung in Richtung Balkon, nachdem ich den bewundernswerten Raum ausführlich betrachtet habe.

"Nicht in ihrer Anwesenheit, Ms. Sylva. Ich kann leider nicht das Risiko eingehen, dass sie voneinander wissen." Er macht eine kurze Pause, als ich bemerke, wie sich ein kleines Lächeln über sein Gesicht zieht. "Nur eine Person wird noch zu uns kommen." Noch bevor ich weiter darüber nachdenken kann, wer es sein mag, geht im gleichem Moment die Tür auf und auch ich beginne zu lächeln. Finnick.

"Sie sind bisher die Einzigen, die voneinander wissen, dass sie ein Teil dieser Bewegung sind. Daher kann ich sie auch gemeinsam über die neusten Ereignisse informieren."

Nachdem Plutarch Finnick ebenfalls begrüßt hat, kommt Finnick grinsend auf mich zu und zieht mich in eine herzliche Umarmung, die ich sofort erwidere. "Schön dich zu sehen", sage ich ruhig, als er die Umarmung löst und mir für einen Augenblick verträumt in die Augen schaut.

"Setzen Sie sich doch", unterbricht uns Plutarch und deutet auf zwei Plätze am Anfang des Tisches, direkt vor der Balkontür. Finnick und ich neben nebeneinander Platz, während Plutarch sich auf den Stuhl gegenüber setzt und direkt beginnt: "Wie sie beide bestimmt schon mitbekommen haben, ist der Sieg von Katniss und Peeta nicht im Interesse des Präsidenten gewesen. Die Spiele sind nicht darauf ausgelegt, dass es zwei Sieger gibt." Er unterbricht kurz, da sich erneut die Tür öffnet und ein paar Angestellte Getränke und ein paar Speisen bringen. Richtig, denke ich und kann mich nicht davon abhalten, abermals an Sylvan zu denken. Kurz nachdem wir wieder nur zu dritt im Raum sind, fährt er darauf fort. "Der Präsident hat Seneca Crane dafür mit verantwortlich gemacht. Immerhin ist es seine Aufgabe als Spielmacher gewesen, dass sowas nicht passiert."

"Seine Aufgabe gewesen?", frage ich stutzig, mit Betonung auf dem letzten Wort.

"Richtig, Juniper. Seneca Crane wurde noch am Tag des Sieges von Präsident Snow auf die gleiche Art und Weise hingerichtet, wie Katniss und Peeta planten sich das Leben zu nehmen." Daraufhin bleibt mir ein Kloß im Hals stecken. Aber warum überrascht es mich noch, dass unser Präsident so etwas wagt. Auch Finnick verschluckt sich beinahe vor Überraschung an seinem Getränk.

"Damit kommen wir schon zum Thema: Ich wurde von Präsident Snow für die Position des obersten Spielmachers vorgeschlagen. Bis jetzt sieht es auch so aus, als würde ich diese Position ab den nächsten Spielen übernehmen."

"Warum sollten Sie das wollen, Plutarch?", wirft Finnick direkt skeptisch ein.

"Ganz einfach Mr. Odair. Es gibt uns mehr Handhabung. Denn um etwas zu ändern, müssen wir die Oberhand gewinnen. Gerade Katniss Everdeen ist Coriolanus Snow ein Dorn im Auge. Er wird versuchen sie aus zuschalten, doch für unsere Bewegung ist sie von großem Wert. In der Position des obersten Spielmachers wird der Präsident auf meine Meinung hören und wir könnten ihn eventuell einen Schritt zuvor kommen."

Verständnisvoll nicke ich, währenddessen ich mit den Nägeln immer wieder nervös gegen das Glas in meinen Händen tippe. Mir wird immer mehr bewusst, welche Bedeutung dieses Gespräch auf unsere Zukunft und die Zukunft des ganzen Landes hat. Auch wenn ich bereits für mich weiß, dass meine Sympathie für Katniss und Peeta nicht gerade groß ist, muss ich zugeben, dass Plutarch ein gutes Argument brachte. Katniss ist eine Bedrohung für das System und damit eine perfekte Kandidatin für eine mögliche Rebellion. Eine Hand auf meinem Oberschenkel reißt mich aus meinen Gedanken und lässt ebenfalls meine Nervosität etwas abfallen. Beruhigend streicht Finnick wiederholt über mein Bein.

"Damit kommen wir auch schon zum letzten Punkt den ich nicht vor Ihnen verheimlichen möchte", spricht Plutarch weiter. "Was im Kapitol streng verheimlicht wird ist, dass bereits erste, kleine Rebellionen in den Distrikten aufgetreten sind. Nachdem Rue aus Distrikt 11 starb und Katniss ihr mit ihrem Fingerzeichen die letzte Ehre erwiesen hat, gab es einen Aufstand im 11. Distrikt. Über Seeder und Chaff habe ich erfahren, dass die Menschen, die sich auf dem Justizgebäude versammelt hatten und die Spiele zu sehen, Katniss Fingerzeichen nachgemacht haben. Sie standen stumm dort und hielten ihre Finger in die Luft, bevor sie Friedenswächter angegriffen haben und anfingen Maschinen zu zerstören.

Katniss hat etwas in den Menschen ausgelöst. Die Leute haben sich zum ersten Mal seit langem gewehrt."

Überrascht wende ich mich zu Finnick, der mir, ebenfalls ungläubig, entgegen blickt. "Aber wurden sie nicht bestraft? Hatten sie keine Angst?", kommt mir als allererstes in den Sinn.

"June", wendet sich nun Finnick an mich. "Unterschätze nicht die Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, sie sind die Gefährlichsten von allen. Der Präsident hat jeden Grund beunruhigt zu sein. Wie geht es nun weiter, Plutarch?"

"Es ist für sie beide am ungefährlichsten, wenn sie zunächst in ihren Distrikten bleiben, bis wir die Lage etwas sortiert haben und uns über die nächsten Schritte im Klaren sind. Ich werde sie auf dem Laufenden halten." Somit beendet Plutarch das Gespräch. Er nimmt den letzten Schluck seines Whiskeys, der genauso beißend riecht wie der, denn Haymitch immer trinkt und macht sich auf den Weg, um die Tür zu öffnen. "Ich gebe ihnen ein paar Minuten um sich zu verabschieden. Es ist besser, wenn sie das Anwesen nicht gemeinsam verlassen."

Finnick lässt einen lauten Seufzer von sich, während er seinen Kopf zu mir dreht und seine Hand von meinem Bein nimmt, um sie in meine zu legen. "Das klingt so, als würde es noch ziemlich spannend für uns werden."

"Wenn dir dieses 'uns' so wichtig ist, solltest du mir erzählen, warum du mich solange ignoriert hast. Ich habe es nicht vergessen, Finnick", entgegne ich ihm in der Hoffnung, dass die sichere Umgebung in der wir uns befinden, ihn dazu bringt endlich ehrlich zu sein. Doch im Gegenteil. Finnick steht auf und zieht mich an meiner Hand nach oben, ehe er seine Hände an meine Hüfte gleiten lässt und zögerlich in die Augen blickt. "Vielleicht in naher Zukunft, meine Liebe. Vielleicht lässt sie es zu."

Auch wenn mich seine Antwort nicht zufrieden stellt, kann ich darüber hinweg sehen, denn in meinem Kopf wiederholen sich nur ständig seine letzten zwei Worte 'Meine Liebe' . Und währenddessen mein Herz jedes Mal, wenn ich an seine Worte denke, einen kleinen Sprung macht und mein Lächeln immer größer wird, denke ich ebenfalls, dass ich zuversichtlich bin und schon bald die ganze Wahrheit erfahren werde.

ɢʟɪᴛᴛᴇʀ ᴀɴᴅ ɢᴏʟᴅ ⏤ finnick odairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt