ix. the fault in our stars

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"He has sea foam in his veins, he understands the language of the waves."

Finnicks Augen weiten sich, als er die Worte aus dem Mund des Mannes wahrnimmt. Wild flackern sie von links nach rechts, während tausende Gedanken durch seinen Kopf fliegen müssen. Augenblicklich hebt es Finnick von der Bank neben mir auf seine Füße, als er ungläubig den Mund weit öffnet und seine aufgeregte Stimme fragt, wo die ehemaligen Bewohner aus Distrikt 4 sind.

Was hat sie nach Distrikt 13 geführt? 

Seine Hand, die immer noch mit meiner verschlossen ist, wird zunehmend wärmer und es kommt mir fast vor, als spürte ich durch sie, wie sein Herzschlag mit jeder Sekunde schneller geworden ist. Aufgeregt tippt sein kleiner Finger gegen meinen Daumen, bis er seinen Blick zu mir wendet und mich mit seinem starken Griff auf die Beine zieht.

"Ich muss sie sehen. Ich muss wissen, wer es zu uns geschafft hat", erklärt Finnick mit fester Stimme, doch ich lächle ihn nur an und winke sofort ab.

"Finnick, Distrikt 4 ist deine Heimat. Du solltest keine Zeit verlieren und direkt nach ihnen sehen. Gerne begleite ich dich, aber ich kann auch gerne hier warten, bis du dir einen Überblick verschafft hast."

Mit einem tiefen Atemzug beginnt er zu nicken. "Ich komme bald zurück, June." Seine Hände streichen nervös durch seine wilde Frisur, als er grinsend hinzufügt: "Sie werden froh sein, ein bekanntes Gesicht zu sehen."

"Meinst du, sie werden dich noch erkennen?", scherze ich, als Finnick neckisch einen Kuss auf meine Lippen haucht und er sich mit einem Sprung lächelnd in Bewegung setzt.

Seine hektischen Schritte hallen durch den hellhörigen Gang zu meinen Füßen, an dessen Ende ich für einen Moment verweile und beobachte, wie seine Silhouette langsam zusammen mit dem Mann aus Distrikt 13 verschwindet. Gänsehaut zieht sich über meine Haut, als ich daran zurück denke, wie es mir ging, als ich mit meiner Familie und Freunden aus Distrikt 7 wiedervereint wurde. Welche Erleichterung von mir abfiel, als ich ihre unverletzten Gesichter sah und welche Freude sich in mir breit machte. Ich erinnere mich noch, wie meine Wange sich gegen das Hemd von Ash presste und ich die Buchen und Kiefern im Stoff riechen konnte. Als sie mir erzählten, wie die Friedenswächter kamen und von unserer Heimat nichts mehr übrig ließen. Mein Wald, mein Leben; klingen unsere vereinten Stimmen durch meinen Kopf. Mein Wald, mein Leben, höre ich ebenso die für immer verstummte Stimme von Blight.

Eine sanfte Hand auf meiner Schulter reißt mich aus meinen packenden Gedanken um Distrikt 7. Erschrocken drehe ich mich nach hinten um, als ich in das entschuldigende Gesicht von Ash blicke. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken."

"Schon gut, ich war gedankenversunken," lächle ich ihn verständnisvoll an.

"Meinst du es ist wahr, dass es in Distrikt 4 Menschen gibt, die Schwimmhäute zwischen den Fingern haben oder dass in ihren Adern Salzwasser statt Blut fließt?" grinst er fragend. Mit einem schiefen Blick greife ich nach meinem Tee und laufe gemütlich zu den hinteren Tischreihen, an denen ich meine Eltern zusammen mit ein paar Anderen aus der Heimat sitzen sehe.

"Finnick hat doch auch keine Kiemen", lache ich beherzt und setze mich auf die freie Bank rechts von mir.

Ash zeigt fokussiert mit dem Finger in meine Richtung und kneift ernst die Augen zusammen. "Ich habe immerhin nicht behauptet, dass es alle sind. Aber du kennst die alten Geschichten."

Ich verschränke die Arme vor der Brust, als die alten Sagen aus Distrikt 7 durch meine Gedanken schweifen. Nostalgisch legt sich ein sanftes Lächeln auf mein Gesicht.

Ich war früher immer fasziniert von ihnen gewesen und habe Stunden im hohen Gras der Wälder verbracht, um nach tanzenden Feen zu suchen. Habe ihre Stimmen im Wind mit mir sprechen hören und mir vorgestellt, wie sie mich in ihre Welt entführen. Doch jeden Abend führten mich die Irrlichter auf dem rechten Weg nach Hause und wenn ich erschöpft meinen Eltern von ihnen erzählte, lachte mein Vater nur. Doch er lachte mich nie aus, sondern sagte stets "Alles in der Natur hat eine Seele".

"Wenn es nach den alten Sagen gehen würde, wäre Distrikt 13 überfüllt mit Gnomen, so dunkel wie es hier manchmal ist. Sie würden sich sicher ganz wie Daheim fühlen", stimmt meine Mutter in unser Gespräch ein. "Welche Geschichten man wohl in Distrikt 4 seinen Kindern zum Schlafen gehen erzählt?"

"Juniper wird sie dir bestimmt einmal verraten, wenn Finnick sie ihren Kindern erzählt", grinst mein Bruder mich über beide Ohren an und stützt sein Kinn mit einer Hand ab, während seine Augenbrauen fordernd nach oben schießen. "Alles nur eine Frage der Zeit."

Ich merke, wie ich beginne über Distrikt 4 zu fantasieren und versuche mich nicht davon ablenken zu lassen, dass alles was ich augenblicklich damit verbinde, die grünen Augen von Finnick sind. "Sie erzählen ihnen bestimmt die Sagen der Sirenen oder beschreiben ihnen die Farben des Sonnenuntergangs, wie sie sich über das Meer ausbreiten. Wie tief sie tauchen müssen, um Perlen zu finden und wie geschickt sie sein müssen, um die raffinierten Knoten zu lernen."

"Das genaue Gegenteil von Distrikt 7 wenn man darüber nachdenkt", stellt mein Bruder nickend fest. "Gegensätze ziehen einander an."

"Es war wohl Schicksal, dass du und Finnick zueinander gefunden habt", murmelt meine Mutter liebevoll, als sie mit ihrer Hand sanft über meinen Arm streicht und ich über ihre Worte nachdenke.  Es muss Schicksal gewesen sein, denke ich. Ab dem ersten Moment an dem wir uns das erste Mal gesehen haben.

Als ich durch den dunklen Eingang des Speisesaals erneut hektische Schritte eilen hören, erhebe ich mich erwartungsvoll von der Metallbank.

"Da ist sie!", klingt Finnicks begeisterte Stimme in meine Richtung.

Sofort laufe ich auf ihn zu und mustere den Mann, der neben ihm steht. Bereits an der braun gebrannten Haut erkenne ich, dass es sich um einen Bekannten aus Distrikt 4 handeln muss. Seine hellblonden Haare fallen in strukturierten Locken über seine Stirn und über seine Ohren. Seine ozeanblauen Augen lächeln mich herzlich an. "Wenn das nicht die sagenumwobene Juniper ist. Es freut mich dich kennenzulernen, immerhin hat Finnick bereits viel von dir erzählt.

Ich bin Cove."

ɢʟɪᴛᴛᴇʀ ᴀɴᴅ ɢᴏʟᴅ ⏤ finnick odairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt