4 | Friends

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Der restliche Vormittag war eigentlich ganz okay. So gut wie ein erster Schultag an einer neuen Schule eben sein kann.

Zu meinem Spanisch Unterricht kam ich zwar 10 Minuten zu spät, aber meine Lehrerin war zum Glück sehr verständnisvoll.

Das Gute ist, dass ich mit allen Fächern, die ich bis jetzt hatte auf dem gleichen Stand bin wie alle andern Schüler, was schon mal eine ziemlich große Erleichterung für mich ist. Auch mit der Sprache habe ich keine Probleme, den ganzen Vorbereitungskursen sei Dank.

Gerade gehe ich durch die geöffneten Türen zur Cafeteria der Schule. Das schon vom Gang erkennbare Stimmengewirr ist hier drinnen nochmal lauter geworden. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es in der etwas kleinen Cafeteria ganz schön überfüllt ist.

Seufzend stelle ich mich in die lange Schlange zur Essensausgabe an. Das kann jetzt etwas dauern. Für morgen muss ich mir auf jeden Fall merken, nicht mehr zehn Minuten mit den Lehrern zu plaudern, so wie ich es heute mit meiner Geschichts Lehrerin getan habe.

Kurze Zeit später konnte ich mir zum Glück noch eine Portion Nudeln mit Tomatensauce und einen kleinen Salat ergattern. Mit meinem Tablett in der Hand steuere ich einen der wenigen freien Tische an, um dort mein Mittagessen zu essen.

In dem Moment, als ich mich setzen will, winkt mich ein Mädchen, das ich aus meinem Physik Kurs von heute morgen kenne, zu sich. Da sie alleine an ihrem Tisch sitzt, beschließe ich zu ihr zu gehen.

"Hey du bist doch Ellie, oder? Du kannst dich ruhig zu mir setzten", begrüßt sie mich, nachdem ich an ihrem Tisch angekommen bin.

"Ja, stimmt. Und du bist..." "Kayla", antwortet sie mir. "Du bist neu hier auf der Schule, stimmts? "

Und so erzähle ich ihr davon, dass ich vor einem Monat aus Deutschland hierhingezogen bin und wie neu und fremd hier noch alles für mich ist. Außerdem berichte ich ihr von der morgigen Begegnung mit dem unbekannten Jungen.

"Warte mal kurz, ich glaube das ist er", sage ich zu Kayla.

An einem Tisch hinter ihr sitzt er mit seiner Freundesgruppe und lacht gerade über etwas, was wahrscheinlich ein Freund von ihm gesagt hat.

"Heilig Scheiße", ruft Kayla. Fragend sehe ich sie an. "Was ist denn los?"

"Du bist dir ganz sicher, dass das der Typ war, in den du reingerannt bist?", fragt sie mich. "Ähm ja" , antworte ich ihr," was ist denn das Problem daran?" Verwirrt schaue ich sie an.

"Was das Problem daran ist? Das ist Brooklyn Wayne, einer der beliebtesten Schüler der Rosa-Parks Highschool. Okay, ich verbessere mich... DER beliebteste Schüler. Er ist Captain der Football Mannschaf", erklärt sie mir.

"Aha", sage ich ratlos. Anscheinend ist es in den USA wirklich so, dass es einen oder ein paar beliebte Schüler gibt, die jeder in der Schule kennt. Ich dachte so etwas gibt es nur in Filmen.

Kayla seufzt genervt. "Ellie Süße, ich glaube du hast nicht verstanden, worauf ich hinaus will. Brooklyn Wayne ist ein typischer Fuckboy. Ich weiß, dass er vielleicht ganz gut aussieht, aber streich ihn dir am Besten gleich aus dem Kopf. Glaub mir, du wirst mir später dafür danken."

"Aha", mache ich wieder. Diesmal um einiges schlauer.

Währenddessen schaue ich über Kaylas Kopf zu Brooklyn. Ja, ich weiß, ich sollte das nicht tun, denn genau in dem Moment schaut er ebenfalls zu mir und zwinkert mir zu.

Kayla, die natürlich gerade jetzt auch zu ihm sieht, dreht sich wieder zu mir um. "Ellie, ich warne dich..." "Okay, okay, du hast recht", ergebe ich mich.

"Aber jetzt ein anderes Thema, warum bist du eigentlich nicht bei denen mit am Tisch", ich mache mit dem Kopf eine Geste zu dem Tisch, an dem die "coolen" sitzen "sondern saßt hier ganz alleine, bis sich ein Neuankömmling zu dir gesetzt hat?", frage ich sie. Denn es scheint so, als würde sie die besser kennen, in der Art, wie sie über sie redet.

"Ach weißt du, meine Eltern kommen aus dem Vietnam kommen und weil man mir meine Herkunft ansieht, wurde ich in der Middle School von meinen ehemaligen "Freunden", die du dahinten an Brooklyns Tisch siehst, deswegen verurteilt. Es war damals fast schon ein Trend Menschen auszuschließen und sie haben mich von einem Tag auf den anderen plötzlich fallen gelassen und wollten nichts mehr mit mir zu tun haben."

Man sieht ihr an, dass sie für einen kurzen Augenblick in Gedanken ist, bevor sie sich fängt und weiter erzählt.

"Als ich in die High School kam, habe ich mich von den Losern abgeschottet, die eh nichts besseres zu tun haben, als unschuldige Schüler zu quälen. Ich habe einfach mein eigenes Ding durchgezogen und bin somit zur Einzelgängerin geworden."

"Oh je, das hört sich ziemlich schlimm an", sage ich mitfühlend. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es ist von seinen Freunden ausgegrenzt zu werden. Mit Marie verstehe ich mich schon mein ganzes Leben lang und obwohl wir manchmal Meinungsverschiedenheiten haben, würde es mir nicht in den Sinn kommen, sie, ohne einen richtigen Grund, aus meinem Leben zu schieben.

"Naja, mit der Zeit lernt man so etwas wegzustecken und ich bin froh, dass ich nichts mehr mit denen zu tun habe. Und weil ich dich vor denen beschützen wollte, dachte ich mir, dass sich zwei Außenseiter bestimmt gut verstehen werden und habe dich an meinen Tisch gewunken."

"Wofür ich dir auch wirklich dankbar bin", sage ich und lächle sie an. Ich bin froh hier wenigstens eine Verbündete zu haben.

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