15 | Naive

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"Sei am Samstag Abend meine Begleitung auf der Party."

Ohne mir einen weiteren Blick zu würdigen, läuft Brooklyn an mir vorbei und aus der Cafeteria raus. Ich und auch Kayla schauen ihm verdattert hinterher. Ähm hallo, was denkt der sich eigentlich?

Dass ich wie ein Schoßhündchen alles mache, was er mir sagt? Tja, dann muss ich ihn wohl leider enttäuschen, denn das werde ich ganz sicher nicht tun.

"Der hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Er kann nicht einfach so entscheiden, was du an dem Tag machst", regt sich Kayla über ihn auf und fasst damit zusammen, was ich in diesem Moment denke. "Ich glaube, du hattest recht mit dem, was dem, was du mir am ersten Schultag über ihn erzählt hast."

"Ach Ellie, ich habe immer Recht. Das kannst du dir schon mal für die Zukunft merken."

Ich hätte schon von Anfang an auf sie hören sollen. Denn ganz ehrlich, wieso war ich so naiv zu denken, ich wäre ihm wichtig? Oder zumindest wichtiger als nach dem unserer ersten Begegnung, bei der es mir noch egal war, wer er ist, was er macht und mit wem er was macht.

Die Sache, die mich aber am meisten aufregt ist nicht, dass er heute mit jemanden rumgeknutscht hat, nein, sondern, dass es mich so sehr verletzt. Das macht doch null Komma null Sinn.

Ich meine, wie lange kenne ich Brooklyn schon? Zwei Wochen? Jemand zuvor völlig fremdes kann einem nicht nach so kurzer Zeit so viel bedeuten, dass man fast sein ganzes Tablett mit Essen auf den Boden fallen lässt und alles danach zerbricht. Schon gar nicht bei mir. Dem Mädchen, dessen halbes Leben nur aus Lernen besteht und das noch nie jemals einmal ansatzweise so etwas wie Interessen an einem Typen hatte.

Genau das macht mir Angst, denn Brooklyn ist einer dieser Personen, wie ich es gerade selbst erlebt habe, die sich ganz langsam in dein Herz schleichen und du sie erst bemerkst, wenn sie es auf den Boden zerspringen lassen. Alles, was sie hinterlassen, sind Scherben. Etwas, das ich in meinem Leben nicht gebrauchen kann.

Das bedeutet, man lässt sie gar nicht so weit kommen und interpretiert nicht zu viel in ihre Worte und Handlungen. Generell gesagt, man macht einfach nicht dieselben Fehler wie ich.

"Und?," fragt mich Kayla. "Wie siehts jetzt mit der Party aus? Ich kann es voll verstehen, wenn du da nicht mehr hingehen willst. Wahrscheinlich würde ich genau dasselbe machen."

Das würde ich auch gerne. Einfach aus Protest nicht zur Party gehen. Aber das würde bedeuten, dass Brooklyn mein Leben kontrollieren könnte. Und das lasse ich nicht zu, denn ich will von niemanden abhängig sein.

Sowieso gehe ich auch nicht wegen ihm dort hin, soll er sich einbilden was er will. Ich bin keine von diesen Mitläufern und er ist nicht der Mittelpunkt meines Lebens. Genau aus diesem Grund werde ich auch nicht für ihn, sondern für mich selbst auf diese Party gehen.

"Ich gehe hin. Wenn diese Party wirklich so toll ist, wie du es mir erzählt hast, kann ich mir die doch nicht einfach so entgehen lassen. Um wie viel Uhr holst du mich ab?" Während ich aufstehe, um mein Tablett wegzubringen sehe ich, dass Kayla schmunzelt.

"Na na na Madame, so läuft das hier nicht. Du wirst schön davor zu mir kommen, damit wir uns zusammen fertig machen können. Denn ich kann dich nicht mit diesem dezenten, besser gesagt nicht vorhandenem Make-up zur Party lassen. So wie ich dich kenne, gehst du wirklich so dorthin. Da blutet mir mein Fashionherz, wenn das Make-up dein Outfit ruiniert."

Yep, da hat sie leider recht. Ich war schon immer nicht besonders experimentierfreudig, das heißt, seit dem ich angefangen habe zu schminken, das war ungefähr mit fünfzehn, benutze ich dieselben Produkte, weshalb mein Make-up nicht besonders variiert.

Nicht, weil ich Menschen, die sich alle möglichen Produkte ins Gesicht klatschen, nicht schön finde. Ich meine, jeder kann sich so dezent oder eben auch nicht schminken, wie er möchte.

Nein, es ist deshalb, weil ich Veränderungen hasse. Ich bekomme immer schon einen halben Nervenzusammenbruch, wenn meine Eltern die Küche umräumen und ich die Teller nicht mehr finden kann, weil sie in einem anderen Schrank stehen.

"Na gut. Du mir bei meinem Make-up helfen, aber nur, wenn du mir als Gegenzug deinen neusten Entwurf zeigst." Kayla willigt nach kurzem Überlegen ein. "Der ist nicht wirklich gut. Ich muss noch ein paar Schnittlinien und Details daran ändern, also erwarte lieber nicht zu viel davon."

"Ich bin mir ziemlich sicher, dass der richtig cool ist." In ihrer Freizeit und auch manchmal im Unterricht, wenn sie eine Designidee hat, entwirft sie ihre eigene Kleidung, meistens Kleider und ich muss sagen, sie ist wirklich gut. Wobei sie meistens nicht von ihrem eigenen Talent überzeugt ist, was ich nicht verstehe. Ihre fertiggestellten Kleider, die sie mit ihrer Nähmaschine selbst näht, sind eher auffällig, was sich auch in Kaylas alltäglichem Style widerspiegelt. Wenn man mit ihr unterwegs ist, geht man auf keinen Fall in der Menge unter.

"Wie auch immer. Welche Farbe hat dein Kleid, damit ich schonmal die passenden Make-up Utensilien bereitstellen kann." "Ähm ja," murmele ich. Wieso habe ich das Gefühl, dass sie nicht begeistert davon sein wird, wenn ich ihr erzähle, dass ich eigentlich mit einer langen Jeanshose, Sneakern und einer weißen Bluse kommen will?

"Sag mir bitte nicht, dass du kein Partymäßiges Outfit hast," warnend sieht Kayla mich an. "Ich war noch nie auf einer Party, aber ich kann eine Jeanshose anziehen - und meine Lieblingsbluse." Sie seufzt kurz.

"Ich glaube, wir müssen morgen nach der Schule dringend shoppen gehen."

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