8 | Cheerleading

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Und so kommt es, dass ich Freitag Nachmittag bepackt mit meinem Sportbeutel, die Tür zur Umkleidekabine öffne.

Sofort werde ich von einem etwas muffigen Geruch mit zu viel Deo und Parfüm empfangen. Manche Dinge ändern sich eben nie.

Ich stelle mein Sportzeug auf eine der zwei großen Holzbänke, die zur Ablage dienen. Musternd betrachte das in den Farben der Schule, also Blau und Schwarz, gehaltene Sportoutfit, was aus einem Oberschenkel langem Rock und einem T-Shirt besteht.

Da ich, nachdem ich mich umgezogen habe, noch kurz auf die Toilette muss, ist die Umkleide wie leer gefegt, als ich zurückkomme. Jetzt muss ich mich wirklich beeilen. Ich atme ein letztes Mal tief durch, bevor ich die Türklinke zur Turnhalle nach unten drücke.

Komm schon Ellie, du schaffst das. Das Training wird bestimmt halb so schlimm, ermutige ich mich selbst.

Etwas verunsichert laufe ich zu den anderen, da das Training schon angefangen hat. Deshalb sind meine elf Teamkameradinnen bereits dabei sich zu dehnen.

"Warte, mach das nochmal", höre ich die schrille Stimme von Abigail, die in der Mitte von mehreren Cheerleaderinne steht.

Was macht die denn schon wieder hier?

Sie sieht mich strafend an. "Du bist zu spät. Direkt in der ersten Stunde." "Tut mir leid", nuschele ich eine Entschuldigung.

Obwohl es mir das eigentlich nicht tut. Aber ich will ihr keinen weiteren Grund geben, mich zu hassen.

"Naja, wie auch immer. Ersteinmal herzlich Willkommen an alle neuen. Ich hoffe ihr wisst was für eine Ehre es ist dem Team beizutreten."

Neben mir höre ich eins der Mädels zu einer anderen flüstern. "Ich habe gehört, dass sich diese Jahr noch 60 andere Leute angemeldet haben." "Echt, oha. Ich versuche schon seit zwei Jahren ins Team zu kommen", tuschelt sie zurück.

Das ist seltsam. Warum wurde ich dann schon beim ersten Versuch angenommen?

"Shh Ruhe", hallt Abigails Stimme durch die Turnhalle. "Das Aufwärmprogramm beginnt jetzt."

Fünfzehn Minuten später laufe ich mit den Armen in der Taille gestemmt zu meiner Trinkflasche, die in der Nähe der Tribüne steht.

Ich hocke mich runter auf den Boden. Jetzt brauche ich eine Pause. Das Training ist einfach nur anstrengend, denn Abigail lässt uns mehrmals durch die Halle rennen. Aber anscheinend geht es nur mir so, denn den anderen merkt man nicht an, dass sie sich überhaupt bewegt haben.

Ganz ehrlich, kann mir mal jemand sagen, wie die das hinbekommen? Ich bin jetzt nicht der unsportlichste Mensch, aber leider habe ich null Kondition und bin daher schnell aus der Puste.

Vom Besuchereinhang am Anfang der Tribüne höre ich Stimmen und drehe mich nach hinten um. Dort sehe ich Trevor, Johnny und auch noch Brooklyn lautstark in die Halle kommen.

"Hey Brooks." Abigail läuft zu ihm rüber und umarmt ihn so, als hätte sie ihn Jahre nicht mehr gesehen. Aha, Brooks also. Der sieht in dem Augenblick zu mir rüber und lächelt mich mit seinem abgehoben Lächeln an.

Schnell rappel ich mich auf und gehe möglichst selbstbewusst zu den anderen auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Schließlich will ich nicht wie die größte Außenseiterin wirken, die einsam nur mit ihrer Trinkflasche als Begleitung, einsam in der Ecke hockt.

Aber wieso mache ich mir überhaupt so viele Gedanken darüber? Sonst ist es mir immer egal was andere von mir halten und mich muss mich hier vor keinem beweisen, schon gar nicht vor Brooklyn.

"Soo, alle wieder auf ihre Plätze, husch husch, wir fangen jetzt mit der Choreo an." Abigail schreitet die Tribüne runter, vorbei an Brooklyn, Trevor und Johnny, die es sich dort in einer Reihe der Holzbänke gemütlich gemacht haben und nicht so aussehen, als würden sie gleich wieder gehen.

Na toll, jetzt gibt es hier auch noch Zuschauer. Da kann ich ja gleich ein Schild aufhängen mit der Aufschrift: "Kommt nur alle rein. Getränke und die Blamage einer unbegabten Cheerleaderin sind gratis mit dabei! Worauf wartet ihr noch?".

Während dem Einüben der Choreo für ein Footballspiel, verbessert sich meine Laune nicht mehr. Immer mal wieder feure ich wütende Blicke in Brooklyns Richtung, der statt eingeschüchtert eher belustigt wirkt.

"Und jetzt das ganze mit etwas mehr Euphorie. Wollt ihr etwa, dass die Zuschauer bei unserem Auftritt einschlafen?", fragt Abigail.

Entsetzt schütteln meine Gruppenkameraden ihre Köpfe. "Na dann zurück auf Position." Abigail zählt uns wieder ein.

Mit einem starrem Lächeln im Gesicht wirbel ich meine Hände durch die Luft und werfe meine Beine so weit es geht nach oben.

Dann kommt der schwierige Teil. Eine Pyramide aus vier Leuten, bei der eine Person hochgehoben wird. Und das bin, aufgrund meiner Körpergröße, ich.

Mit dem Wille, dieses Mal wenigstens die Pyramide richtig hinzubekommen, nehme ich Anlauf.

Leider habe ich anscheinend zu viel Schwung, denn die erste Person kann mich nicht halten. Für die anderen bin ich zu schwer und deshalb plumpse ich auf den Boden. Etwas verwirrt sitze ich da. So war das eigentlich nicht geplant.

Ich schaue vom Boden hoch und sehe oben auf den Bänken der Brooklyn, der sich vor lauter Lachen nicht mehr halten kann und schon fast von seinem Sitzplatz runter fällt.

Und plötzlich wandelt sich mein zuvor starr lächelnder Gesichtsausdruck in ein echtes Lachen und ich lasse mich nach hinten auf den Boden fallen.

Denn sobald jemand anfängt zu lachen, muss ich automatisch mitlachen, ganz egal, worum es geht und wie unlustig die Situation eigentlich ist. Außerdem finde ich die ganze Situation hier etwas albern.

Die Cheerleader, die in einem Kreis um mich herum stehen, schauen mich zwar schockiert und verständnislos an, aber ganz ehrlich? Es ist mir in dem Moment ziemlich egal.

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Wart ihr mal cheerleadern?

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