Chapter X

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Corvin stand vor mir, kratzte sich nervös am Kopf und vermied es offensichtlich in meine Richtung zu sehen. Aber ich sah ihn einfach unbeholfen an. Langsam begann ich die Schmerzen in meinem Hals zu spüren aber es hielt sich noch in Grenzen. Obwohl er gesagt hatte, ich könne das kaum selbst heilen, konnte ich es wenigstens etwas abschwächen und das hatte ich unbewusst bereits getan. Manchmal war es doch praktisch eine Hexe zu sein. 

"Du kannst nicht hier bleiben." stellte Corvin fest und meine Aufmerksamkeit galt wieder nur ihm. 

"Hatte ich auch nicht vor… ich- " antworte ich, wurde aber von dem älteren unterbrochen. 

"Ich bring dich besser nach Hause, aber es darf mich keiner in deiner Nähe sehen, schon gar nicht deine Mutte." nervös kramte er eine Lederjacke heraus und zog sie sich über. Wühlte etwas in den Taschen und ging dann in Richtung Tür. 

"Komm. Du musst nach Hause." sagte er dann und griff nach meinem Handgelenk. Ein Stromschlag durchfuhr meinen ganzen Körper und anscheinend auch Corvins, denn so schnell wie er zugegriffen hatte, ließ er mich auch wieder los. Verwirrt sahen wir uns in die Augen und der Raum um uns herum schien zu verschwinden. Ein grünes Glühen füllte die Luft. Wie Millionen kleine Glühwürmchen schwirrte es um uns herum und spiegelte sich strahlend in den Augen des Dämonen wieder. 

Ich sprang vom Bett auf. "Ich muss nach Hause!" rief ich erschrocken und vielleicht etwas zu laut. 

"Ja!" 

Corvin hielt mir die Tür auf und ich trat durch den Hausflur wieder auf die Straße. Naja, ich rannte eher. 

"Eigentlich brauchst du nicht mitkommen." stellte ich klar und ein Kratzen machte sich in meinem Hals unangenehm bemerkbar. 

"Damit dich nochmal ein mickriger Dämon umbringen könnte? Merkst'e selber 'n?" 

"und warum sollte dich das bitte interessieren?" ich stemmte meine Hände in die Hüfte und legte den Kopf schief. Wir waren nach ein paar Metern stehen geblieben. 

"Dann halt einfach, weil ich will und jetzt halt deine verdammte Klappe, damit das mit deinem Hals nicht noch schlimmer wird!" Er war lauter geworden und schien mich mit seinen Blicken erstechen zu wollen. Gleichzeitig waren seine Reißzähne sichtbar geworden. Wie konnte man nur so launisch sein? Prinzen waren wohl echt Diven und ich beschloss dann einfach nichts mehr zu sagen und weiter zu gehen. Soll er doch, sein Problem. 

Wir waren ein paar Minuten schweigend nebeneinander gegangen und bogen gerade in die nächste Straße ein, da blieb ich abrubt stehen. 

Da war Jo. 

Nur ein paar Meter vor uns, mit ihren Freundinnen, die ich alle nur sehr flüchtig kannte. Das Problem war, nun hatte Jo mich auch gesehen. Oder besser gesagt, mich in Begleitung von Corvin. 

"Neo!" Ihre Stimme zitterte vor Wut als sie meinen Namen rief. Sofort knickte meine Haltung ein. Mit festem Schritt kam sie auf uns zu, den Finger auf mich gerichtet. 

"Wie kann man nur so ein verantwortungsloser Idiot sein!" Dann zeigte sie auf den weißhaarigen neben mir "Und du! Du! Was wolltest du von ihm? Wag es dir ja nicht, Neo nochmal in deine Nähe zu locken!" 

Beschwichtigend hob ich die Hände. 

"Es war ein Versehen, Jo. Ich bin versehentlich in seine Nähe geraten." versuchte ich so gerade wie möglich raus zu bekommen, krächze jedoch mehr als mir lieb war, weil mein Hals so schmerzte. 

"Versehentlich?" Sie legte ihren Kopf schief und wurde auf meinen Hals aufmerksam. "Der fucking Dämon hat dich gelockt!" 

"Hab ich nicht!" "Hat er nicht." sagten Corvin und ich gleichzeitig. Misstrauisch beäugte Jo uns beide, die Hand in die Hüfte gestemmt und mit zusammengezogenen Augenbrauen. Ihre Freunde sahen nun in unsere Richtung, während sie warteten. 

"Du kannst ihm nicht vertrauen, Neo. Er ist ein gefährlicher Dämon." 

"Dämonenprinz." korrigierte Corvin erhobenen Hauptes und erntete nur einen bitterbösen Blick von Jo, bevor sie weitersprach.

"Komm mit, bevor er dich nochmal verletzt." sagte sie, als sie meinen Arm griff und mich mit sich zog. "Und du hältst dich von uns allen fern!" befahl sie Corvin, der nur genervt seine Augen verdrehte, während er seine Hände in die Jackentaschen stopfte und mit den Schultern zuckte. "Nichts lieber als das." 

Seine Schritte schlurften über den Asphalt als er dann einfach ging. 

Zufrieden sah Jo ihm kurz nach, bevor sie mit mir im Schlepptau zurück zu ihren Freundinnen lief. Ich schaute noch immer zu Corvin. 

Etwas verwirrt sahen uns die drei Mädchen an, fragten aber nicht nach. "Du bist Neo, ja?" war alles was sie wissen wollten, bevor das Gespräch normal weitergeführt wurde. Aber ich hörte nicht zu. Es war mir unangenehm mit Jo und ihren Freunden weg zu gehen, nicht etwa, weil sie unfreundlich waren, sondern, weil wir Corvin so zurückgelassen hatten. Dabei schien er mir dieses mal wirklich nur helfen zu wollen. Er hatte nichts falsch gemacht. 

Die Mädchen brachten mich geschlossen nach Hause und ich konnte mich unbemerkt in mein Zimmer schleichen. 

Dort angekommen ließ ich mich auf mein Bett fallen und versank in einem Meer aus schwarzen Haaren. Laut verließ die Luft meine Lungen. Ich seufzte. War es falsch ihm vertrauen zu wollen? Er hatte uns gesagt, dass er mich nur ausgenutzt hatte, aber er handelte gar nicht so. Und dann dieses Leuchten vorhin. Irgendwas war da und er wusste mehr als ich. Er kannte die Prophezeiung. Das Ende zumindest. Ich musste es erfahren. 

Nach langen grübeln schlief ich einfach ein, was ich am nächsten Morgen sofort bereute. Es war eine sehr unruhige Nacht gewesen.

 Ich sah dementsprechend wie gerädert aus und fühlte mich auch so. Außerdem war ich nun unglaublich hungrig. Innerlich ohrfeigte ich mich selbst. Hätte ich mir gestern doch nur noch was zu essen geholt. Es war allerdings schon spät und ich hatte echt keine mehr Zeit. Zu Schule muss ich dann wohl springen. Sonst käme ich ordentlich zu spät. 

Tatsächlich schaffte ich es jedoch rechtzeitig. Aber der Schultag war so langweilig wie die anderen auch, wenn nicht sogar noch unerträglicher als sonst. 

Die Hexen des ZirkelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt