Chapter V -III

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Ich schulterte meinen Rucksack und schlich nach unten. Mein Ziel war es unbemerkt aus dem Haus zu gelangen. Warum? Weil ich nicht noch eine Standpauke, wie gestern, bekommen wollte bevor ich zur Schule ging. Dazu hatte ich mich so beeilt, dass ich fast meinen Sweater falsch herum angezogen hätte. Meine schwarzen Haare waren auch ungekämmt und deshalb grob zusammengebunden. Um in den Spiegel zu schauen hatte ich keine Zeit gehabt aber es wird ja auch ohne gehen.

Als ich die Haustür öffnete, wehte mir die kühle Morgenluft entgegen. Ruhig schlenderte ich in Richtung Schule. Die Katzen aus der Nachbarschaft saßen wieder überall und ihre leuchtenden Augen schienen mich zu verfolgen. Ich glaub, so langsam gewöhnte ich mich daran. Glücklicherweise wurden es auch immer weniger.

Als ich das Schulgelände betrat, sah ich Alec schon von weitem winken. Ich beschleunigte meine Schritte und lief auf ihn zu. Uns trennten nur noch ein paar Meter, als ich unerwartet am Arm gepackt wurde. Erschrocken blieb ich stehen und drehte meinen Kopf. Schief grinsend legte Vincent seinen Arm und meine Schultern. "Mitkommen." verlangte er und zog mich sofort mit. "Was willst du!" keifte ich, während ich verzweifelt versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, was Vincent jedoch nicht zuließ. Grob packte er meinen Kiefer und ein schmerzhaftes Keuchen entwich mir. Verwirrt zog mein Gegenüber die Augenbrauen zusammen. Er musterte mein Gesicht. "Woher die blaue Wange?" Welche blaue Wange? Unsicher fasste ich mir ins Gesicht und bereute es sofort. Es tat schrecklich weh. Peinlich berührt starrte ich nur zu Boden anstatt zu antworten. Vincent blieb erstaunlich ruhig, obwohl ich ihm nicht antwortete. "Egal, du verbringst den Tag heute mit mir und meinen Leuten, Neo." Erschrocken schaute auf, was Vincent zum lachen brachte. So sah er aus wie ein ganz normaler Junge, nicht wie das Arschloch, was er immer zu mir gewesen ist und immer noch war. Außerdem hatte er mich nicht mit irgendeiner Beleidigung betitelt, sondern mich bei meinem richtigen Namen genannt. Wieso tat er das? Ich war äußerst misstrauisch. "Was willst du von mir?" "Hm?" Er hatte offenbar nicht mit dieser Frage gerechnet. Vincent zog die Stirn in Falten und schaute mich an. Seine blauen Augen scannten mich, was mir ziemlich unangenehm war. "Wieso tust du das?" "Ich mag es einfach nicht wenn du immer so nah bei diesem Alec bist." "Alec ist mein bester Freund!" "Trotzdem." "Du hast gar nichts zu entscheiden und kann dir doch auch egal sein was ich tue!" Meine Hände ballten sich zu Fäusten. "Beschwer dich nicht und komm." Vincent griff meinen Arm und zog mich mit ihm, in Richtung Unterrichtsräume. "Hast eh keine Wahl, Neo." Stellte er klar und gab mir sein typisches, schiefes Grinsen. Wer weiß, vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm die Pause mit ihm zu verbringen? Hoffentlich überleb ich das.

Der erste Block dauerte viel zu lang und noch dazu kam Alec, der mich konsequent ignorierte. Ich probierte immer wieder seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Ein paar mal hätte er fast nachgegeben aber wegen seiner Sturheit, tat er es doch nicht. Dass unsere Lehrerin mich deswegen fast alle fünf Minuten ermahnte, störte mich nicht im gerinsten. Alles was ich wollte, war wissen, wieso Alec mich ignorierte.

Es kostete mich alle Anstrengung bis er sich dann endlich zu mir drehte. "Alec! Wieso bist du sauer?" "Bin ich nicht." "Komm schon! Was hab ich denn angestellt?" Er kämpfte sichtlich mit sich. Ich setzte den flehensten Blick auf, den ich konnte. "Okay okay." gab er schließlich nach. "Ich hab dir heute morgen noch gewunken und du bist einfach abgehauen! Wir treffen uns doch immer da!" erleichtert atmete ich aus. Alec überdramatisierte nur mal wieder alles. "Das war doch keine Absicht. Vincent hatte mich am Wickel." Ich verdrehte meine Augen. Schockiert zeigte Alec auf meine blaue Wange. "War er das? Ich schwöre dir ich mach den fertig." "Nein, Alec. Nein!" beteuerte ich schnell. "Das war nichts." Ich wollte nicht sagen, dass meine Mutter mir die blaue Wange wegen Asmo verpasst hatte. Skeptisch beäugte er mich nochmal, nickte dann aber und nahm es so hin. "Aber wehe du ersetzt mich mit dem! Vince ist ein Arsch." Damit brachte er mich zum lachen. "Das weiß ich doch!" stellte ich klar, sodass wir beide lachen mussten. Dementsprechend fingen wir uns auch zusammen eine weitere Ermahnung ein.

Als dann endlich die Pause begann, wollten Alec und ich schnell zur Cafeteria gehen, doch Vincent wartete bereits vor dem Raum. "Ich nehm' ihn jetzt mit, Rogers." sagte er an Alec gewand und griff meinen Arm. Erschrocken zuckte ich zusammen. Das hatte ich ja fast vergessen. Wütend rief Alec ihm "Das kann er ja selbst entscheiden!" entgegen und genau das wollte ich auch, Vincent kam mir jedoch zuvor. "Und er möchte unbedingt mit mir mitkommen. Komm damit klar, Rogers." und bevor ich reagieren konnte entfernten wir uns schon von Alec. Wir wurden verschluckt von der Schülermasse. "Was soll das Vincent! lass mich los!" meckerte ich den den ganzen weg ohne eine Antwort zu bekommen. Entgegen meiner Erwartung und seiner Aussage vor dem Unterricht, gingen wir nicht zu seinen Freunden, sondern setzten uns auf eine Bank, in irgendeinen leeren Gang.

"Sorry, dass ich immer so mies zu dir war." Warte, entschuldigt er sich gerade bei mir? Alles was ich daraufhin tun konnte war lachen. "Nicht dein ernst? Du glaubst doch nicht, dass ich dir den Mist abkaufe!" Ich stand von der Bank auf und wollte gehen, da hielt er mich wieder fest. Wenn das zur Gewohnheit wird, raste ich aus. "Bitte, Neo. Es tut mir wirklich leid. Gibt mir 'ne Chance." "Woher der Sinneswandel? Und wieso sollte ich überhaupt!" Er kam mir bedrohlich nahe. "Das ist ist wieso." mit Schwung zog er mich zu sich und ungebremst drückte er seine Lippen auf meine. Der Kuss hielt an bis ich endlich begriff was passierte. Mit aller Kraft stieß ich Vincent von mir und rannte. Fluchtartig verließ ich den Flur und schließlich auch die Schule. Wieso hatte er das getan? Ich musste weg, einfach weg. Das halt ich nicht aus.

Die Hexen des ZirkelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt