Chapter III - Asmo

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Mit einem lauten Knall schüttete ich alle Bücher, aus meinem Rucksack, auf den Boden. Alle waren einzeln schon riesig und zusammen gefühlt schwerer als ich selbst. Die Bücher waren alt und abgegriffen aber trotzdem noch wunderschön. Meist goldene Lettern pragten auf Samtumschlägen in allen verschiedenen Farben. "Alter..." skeptisch nahm Alec eines der Bücher hoch, ließ es aber sofort wieder fallen. "Ist das schwer!" meckerte er. "Woher hast du die alle?" fragte er und setzte sich zu mir und dem Bücherhaufen auf den Boden. "Hab ich von Mom mitgehen lassen." "Hatte sie eigentlich noch was gesagt nachdem du vor paar Tagen einfach abgehauen warst?" "Sie hat noch ganz schön gemeckert und 'ne ordentliche Standpauke habe ich auch noch bekommen." mitleidig sah Alec mich an. "Eigentlich hab ich auch noch Hausarrest." lachte ich. "Und wieso genau bist du jetzt mit den Büchern hergekommen, Greg?" Mit hochgezogener Augenbraue sah er mich an und drehte sich auf den Rücken. Da fiel mir ein, dass ich ihm das mit dem neuen Namen noch gar nicht gesagt hatte. "Übrigens heiß ich jetzt auch Neo." " Ohne scheiß?" "Ja." "Wieso?" Daraufhin erklärte ich ihm die Sache mit dem Ritual der Wiedergeburt und sagte auch gleich, dass Mom und der Zirkel auch noch irgendwie dafür Sorgen wollten, dass in dem Gedächtnis von jedem 'Greg' durch 'Neo' ersetzt wird, als wäre es nie anders gewesen. "Heftig." hatte Alec nur gesagt und es einfach so hingenommen. "Und wieso jetzt die ganzen alten Hexen-schinken?" stimmt. Das hatte ich ihm ja noch gar nicht gezeigt oder gesagt. Ich wusste, dass ich mich damit meiner Mutter widersetzte und das eigentlich nie eine gute Idee ist aber Alec war mein bester Freund und ich brauchte seine Hilfe! Allein würde ich nie etwas rausfinden.
"Deswegen." Ich zog die Ärmel meines pullovers hoch und entblößt die pechschwarzen Symbole und Zeichen auf meiner blassen Haut. Geschockt blickte Alec immer wieder von den Zeichen zu meinem Gesicht und dann von meinem Gesicht zu den Zeichen. "Seit wann sind deine Arme voller Tattoos?" "Das sind keine Tattoos... also irgendwie schon aber irgendwie sind die seit diesem Ritual da." Er schwieg. "Ich weiß selbst nicht was die bedeuten und sie leuchten manchmal und das ist an meinem ganzen Körper!" "Alter scheiße! Ich verstehe gar nichts mehr." Ich wusste genau wie er sich fühlte, denn mir ging es genauso. "Warte, die Arme sind nicht das Einzige?" Ich schüttelte als Antwort mit dem Kopf. "Eigentlich würde ich dich ja niemals fragen ob du dich ausziehst aber..." "Ich versteh schon, klar dass du es sehen willst." schnell band ich meine Haare zusammen und zog mir den Pulli über meinen Kopf. Ich fühlte mich sofort unwohl, auch wenn es nur Alec war der alle die Tattoos sah. Sein Blick scannte mich geradezu. Dann nickte er entschlossen und griff eins der Bücher. Das war der Startschuss und mit der Hoffnung auch nur ein klein wenig herauszufinden machten wir uns dran einen dicken Wälzer nach dem anderen zu durchsuchen, und das obwohl Wochenende war.
Nach Stunden waren wir noch nicht vorran gekommen und erst als Mrs. Rogers zum Abendessen rief, legten wir die Bücher beiseite. Demotiviert trotteten wir die Treppe hinunter, in die Küche. "Setzt euch doch schon hin." bot Alecs Mom an, während sie noch am Herd stand. Sie war eine kleine Frau mittleren Alters, mit erstaunlich guter Figur und der typischen Ausstrahlung einer Latina. Manchmal, wenn Alec Ärger machte, kam auch ihr extremes mexicanisches Temperament zum Vorschein. Das hatte Alec eindeutig von ihr. Wir taten wie geheißen und schnell stellte Mrs. Rogers auch schon das Essen auf den Tisch. Alecs Dad kam kurz darauf ebenfalls in die Küche. Er war Deutscher und hatte seine Frau auf einer Geschäftsreise kennen gelernt, soweit ich wusste. Als er an mir vorbei ging klopfte er mir auf die Schulter. "Na Greg, alles klar?" "Kann mich nicht beschweren." "Das hört man gerne." Eilig setzte sich Mrs. Rogers mit an den Esstisch. "Und wie geht's dir Greg? Wie geht's deinen Eltern? Es ist wirklich schön, dass ihr beiden noch so viel zusammen unernehmt! Was macht deine Schwester jetzt? Sie ist ja eine wahre Schönheit." Ich schluckte einen großen bissen hinunter. "Es geht allen super und Lezah arbeitet jetzt irgendwas bei einer Werbeagentur." "Hoffentlich gefällt es ihr da und was habt ihr die ganze Zeit gemacht?" fragte sie während sie Alec durch die Haare Strich. "Schatz," meldete sich sein Vater nun zu Wort. "Das sind Teenager, mehr als ihre Videospiele spielen machen die nicht, nicht wahr Jungs?" Bekräftigen nickten wir beide, schließlich konnten wir ja nicht sagen, dass wir in diversen Hexenbüchern recherchiert hatten.
Nach dem Essen bedanke und verabschiedete ich mich. Mit den Büchern, schwer wie Steine, im Rucksack machte ich mich auf den Weg nach Hause. Es war bereits dunkel. Nur der Vollmond warf sein Licht auf die Straße und von von überall her starrten mich Katzenaugen an. Diesmal war es mir jedoch fast egal. Wer weiß, vielleicht gewöhne ich mich ja sogar noch dran?
Kurz vor unserem Haus überkam mich ein komisches Gefühl. Ich drehte meinen Kopf zu beiden Seiten und schaute sogar hinter mir nach aber alle Katzen waren plötzlich verschwunden. Irgendeine Hexerei meiner Mutter vielleicht? Als ich mich wieder nach vorne dreht wurde das unangenehme Gefühlt zunehmend drückend und plötzlich stand da jemand. In das Schwarz der Nacht gehüllt, konnte ich nur die Silhouette der Person erkennen und sie stand direkt vor unserer roten Haustür. Langsam ging ich noch ein paar Schritte, stoppte dann aber. Der Druck auf meiner Brust wurde zunehmend stärker und Übelkeit kam in mir auf. Wer war das? Ehe mich versah drehte sich die Person zu mir und ein paar gelbe, lauernde Augen fixierten mich. War das jetzt der richtige Moment für Panik? Doch bevor ich auch nur handeln konnten verschwand sie, in den Schatten der Mitternacht, so schnell wie sie gekommen war.
Vorsichtig ging ich bis zur Haustür. Auf der Veranda war alles wie immer, keine Anzeichen, dass irgendjemand hier gewesen war. Hatte ich mir das doch nur eingebildet? Mit einem Schulterzucken tat ich die Sache ab und schloss auf. Ein leichter Wind wehte mir entgegen und als ich mich noch einmal umdrehte hätte ich schwören können, es roch nach nassem Hund.

Die Hexen des ZirkelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt