Chapter VIII -II

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Lautes Stimmengewirr weckte mich aus meinem bewusstlosen Schlaf. Es hörte sich an, als würde wäre ein heftiger Streit in gange, aber ich konnte nicht erkennen zwischen wem, geschweige denn um was es ging. Angestrengt hob ich meine scheren Augenlider und strahlend helles Licht stach mir in die Augen. Aus Reflex kniff ich die Augen wieder zu. Beim nächsten Versuch war ich vorsichtiger und langsam gewöhnten sich meine Augen an das Licht. Ich drehte meinen Kopf in Richtung Stimmen, blieb aber liegen und konnte Asmo und Jo heftig streiten sehen. Jo tobte geradezu, während selbst der sonst so ruhige Asmo sichtlich wütend war. Als mein Blick etwas weiter glitt, sah ich Alec mit Unbehagen in einem Sessel sitzen und er sah mich auch. Ungläubig schaute er mir direkt in die Augen, bevor er aufsprang. "Neo!" rief er und ließ die anderen so umgehend schweigen. 

Wutendbrannt kam Jo sofort auf mich zu. Ihr Gesicht war verzerrt und sie hatte offensichtlich lange geweint. Mit der flachen Hand schlug sie mir ins Gesicht. "Verräter!" Ihre Stimme ging kreischend in schluchzen unter. Ein Keuchen entwich mir und erst jetzt spürte ich, wie viele Schmerzen ich hatte und besonders, wie mein Kopf zu explodieren drohte. Asmo und Alec zogen sie von mir weg als sie schon zu einem erneuten Schlag ausholte. Geschockt sah ich ihr hinterher. 

"Er hat uns verraten! Du Arschloch!" schrie Jo. Ich wollte etwas erwidern, fragen worum es überhaupt geht aber ich brachte kein Wort heraus. Fragend sah ich in ihre Richtung und meine Verwirrung war deutlich zu erkennen. "Tu nicht so als wüsstest du nichts!" Tränen flossen über ihre rosanen Wangen. "Er weiß nichts, Jo!" fuhr Asmo sie jetzt an. Könnte mir jemand mal erklären was hier eigentlich los war? "Der Zirkel hat dich markiert. Aber ohne deine Einwilligung, schätze ich. Damit hätten wir rechnen müssen." Ich setzte an etwas zu sagen, aber meine Stimme war nicht mehr als ein wortloses Krächtzen. "Versuch nicht zu reden. Du hast dich bei, war es eine Flucht?" ich nickte. "Dabei hast du dich ziemlich überanstrengt und warst einige Stunden bewusstlos. Wir alle dachten, es würde Tage dauern, bis du wieder aufwächst. Ach und deine Hand, keine Ahnung was du da gemacht hast, aber die ist auch schon gut verarztet." Nur ein paar Stunden? Und draußen war es noch hell. Eilig suchte ich in meiner Hosentasche und zog das zerknitterte Blatt heraus, auf dem ich alles für das Ritual notiert hatte. Ich drückte es Asmo in die Hand. 

Schweigend las er alles und schaute zu mir runter. Geknickt schüttelte er den Kopf. "Das können wir nicht, du bist noch nicht wieder in einem guten Zustand." Energisch schüttelte nun ich den Kopf und versuchte ihn so entschlossen wie möglich anzuschauen. "Nein, Neo, das können wir nicht riskieren. Das wäre einfach zu viel für dich!" "Asmo!" brachte ich gequält hervor. Ich wusste doch wohl selbst, was am besten für mich ist und dieses Ritual war wichtig, für mich und für alle. Er ignorierte es einfach. "Übrigens werden die Hexen garantiert hinter dir her sein, sobald sie dein Verschwinden bemerken. Aber das gesamte Rudel hat sich bereit erklärt dich zu beschützen und deswegen bist du auch hier." Ich war also bei Asmos Rudel untergebracht. Langsam setzte ich mich, samt der Decke, auf. Im Raum waren nur wir vier, aber draußen konnte ich die Anwesenheit vieler Werwölfe spüren. Sind immer so viele Wölfe anwesend?

"Die Hexen werden mich suchen. Ziehen wir das Ritual durch bevor sie uns daran hindern können." Ich wusste nicht woher ich die Gewissheit nahm, aber es war wie eingebrannt in meinem Kopf, dass wir diesen Dämonen-Prinz befreien mussten und das so schnell wie möglich. 

"Neo hat recht." mit einem ärgerlichen Blick quittiert Asmo die Stellungnahme von Jo, dann sah er mich skeptisch an. "und du bist dir sicher, dass du dieses Ritual heute Nacht abhalten willst? Wirklich sicher?" "Todsicher." 

Auf Asmos Gesicht machte sich Enttäuschung breit und kopfschüttelnd stand er vor mir. Ich saß noch immer, die Decke um mich geschlungen, auf dem großen Sofa. Jo stand vor dem Fenster und Alec hatte seinen Platz auf einem Sessel gefunden. Niemand sagte etwas. Wir alle gingen unseren eigenen Gedanken nach und erst ein Klopfen an der Tür ließ uns aus unseren Gedanken zurück kehren. 

Eine Frau, vielleicht um die 40, stand im Türrahmen. Ihr braunes Haar war lange und voll, sodass es über ihre Schultern, bis unter die Brust, hing und einen weichen Übergang zu ihrer schwarzen Kleidung bildete. "Oh, er ist wach." flüsterte sie mit einer freundlich hellen Stimme. Dann kam sie auf uns zu. Sie reichte mir ihre Hand. "Hallo Neo, ich bin Hellen, die Mutter von Asmo." Mir fiel sofort auf wie knochig ihre Hand sich anfühlte und von nahen sah sie etwas ungesund aus. Sie wendete sich von mir ab und ihrem Sohn zu. Stolz lag in ihrem Blick. "Das Rudel würde ihn gerne sehen, schließlich haben wir nicht so oft unseren Retter als Besuch. Sag ihnen Bescheid wenn du eine Entscheidung getroffen hast." Asmo nickte. "Werde ich aber jetzt geh, Mutter. Du solltest dich ausruhen und vergiss nicht zu-" "Schon gut." mit diesen Worten verließ sie das Zimmer. 

Asmo ließ sich neben mich auf das Sofa fallen und vergrub sein Gesicht in den Händen. Er setzte seine Brille ab und rieb sich mit der flachen Hand über die Augen, dann wendete er sich zu mir. "Neo, es ist viel passiert als du nicht hier warst." Verwirrt schaute ich jeden im Raum an. Bestürzung spiegelt sich in ihren Gesichter und ihrer Haltung wieder. "Was ist passiert?" "Mein Vater ist tot." Er atmete tief ein, bevor er weitersprach. "Die Hexen des Zirkels haben ihn getötet, aber er ist nicht kampflos von uns gegangen."

Ich schwieg. Was hätte ich auch sagen können? Nichts hätte es besser gemacht. Ich bin eine Hexe und die Hexen haben seinen Vater getötet. Sein Verlust war zu groß für tröstende Worte. "Sie dachten er wäre noch für die Prophezeiung verantwortlich, aber ich habe dir das Versprechen gegeben. Ich war es und ich war es, den sie eigentlich töten wollten, aber sie dachten es wäre mein Vater, der sich mit dir zusammen getan hat." Asmo hielt seinen Blick starr auf den Boden gerichtet und Tränen Tropfen auf den Fußboden. "Und jetzt bin ich in seine Fußstapfen getreten. Ich bin der neue Alpha und mein Rudel steht hinter dir." "Hol sie alle." sagte ich und versuchte angestrengt die Fassung zu behalten. Wenn mich das Rudel sehen möchte ist das das Mindeste, was ich tun kann und auch das Mindeste, um Asmo nicht noch mehr Schwierigkeiten zu bereiten,
schließlich trage ich die Schuld an dem Tod seines Vaters. 

Die Hexen des ZirkelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt