Chapter X - I

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Die Schulglocke entließ uns alle aus der unendlichen Langeweile, die der Unterricht mit sich brachte. Die einen unterhielten sich während sie das Gebäude verließen, die anderen spielten an ihren Handys und noch andere wollten einfach so schnell wie möglich weg. Eigentlich gehörte ich wirklich zu den letzteren, aber Alec hatte da andere Pläne und verwickelte mich in ein Gespräch. 
"Du Neo, kommst Du heute Abend mit zu Jo? Sie hat mir eben geschrieben, dass es was neues gibt und ich dich unbedingt mitbringen muss." 
"Warum schreibt sie mir nicht selbst?" Ich verdrehte meine Augen, eigentlich war mir wirklich nicht danach. Den anderen hatte ich übrigens erzählt, dass ich heiser geworden war und mir wohl irgendwas eingefangen hätte. Zusätzlich mit einem Rollkragenpulli ausgestattet, bemerkte keiner meinen immernoch geschundenen Hals. 
"Mädchen halt, die versteh wer kann." lachte Alec als Antwort. "Also treffen wir uns um 8 bei mir!" Beschloss er bevor wir uns verabschiedeten und nach Hause gingen. Mir blieb keine Chance für jedlichen Widerstand. Hoffentlich ist es auch wirklich wichtig.

Zuhause angekommen schlug ich die rote Tür hinter mir zu und schmiss meinen Rucksack in die Ecke. Wir hatten heute etwas früher Schluss gehabt, sodass ich eigentlich jetzt allein zuhause sein müsste. Eigentlich. Aber die Rechnung ging nicht auf. 

Als ich die Küche betrat stand meine Mutter verschränkten Armen vor mir. 
"Neo." sagte sie und musterte mich mit einem strengen Blick. 
"Mutter." entgegnete ich zögernd und darauf bedacht halbwegs normal zu klingen, was mir allerdings so ziemlich gar nicht gelang. 
Kurz schaute sie mich verwirrt an, fing sich aber sofort wieder. Sie drehte sich um und griff nach einem ihrer Tränke. Stumm hielt sie mir das schlammige Gemisch hin. Ich nahm es zögernd an. 
"Trink das." sagte sie etwas weniger streng und ich tat es, wenn auch etwas widerwillig, da die Flüssigkeit zum Himmel stank. 
"Jetzt wo du deine Stimme wiederhast, können wir uns kurz unterhalten? Mit der Hand deutet sie mir mich zu setzen und nachdem ich dem nachgekommen war, nahm sie gegenüber von mir Platz. 
"Tut mir leid, wie es letztens gelaufen ist. Du musst dich nicht in deinem Zimmer verstecken. Ich war nur sehr enttäuscht von dir und habe mir große Sorgen gemacht. Bitte handle vernünftiger. Du bringst dich nur selbst in Gefahr, obwohl du für den Zirkel sehr wichtig bist. Du bist ein äußerst wichtiges Mitglied, Neo. Allerdings weiß ich nicht, wie sich der Rat entscheiden wird. Man überlegt dich auszuschließen. Also tu bitte nichts dummes mehr, bis wir nächste Woche zur Urteilsverkündung müssen."
Mit weit aufgerissenen Augen sah ich meine Mutter an und nickte zögerlich. Wie ich sonst hätte reagieren sollen wusste ich nicht. 
"Gut" sagte sie und stand auf. "Heute kommen ein paar Freundinnen zum Kaffee vorbei und du und deine Schwester seid bitte auch dabei."
"Okay. Wann genau?" 
"Um drei." 
Hatte sie sich deswegen bei mir entschuldigt und mir den Trank gegeben? Damit sie vor ihren Freundinnen gut darstand oder war das nur dummer Zufall? Schulterzuckend ging ich die Treppe hoch in mein Zimmer. 

Viel hatte ich nicht mehr gemacht, nur Musik gehört und dann war es auch schon um drei. Als ich die Treppe hinunter ging konnte ich schon Kaffee riechen und das Geschirr klappern hören. Ich machte mich gleich daran meiner Mutter damit zu helfen den Tisch zu decken, beziehungsweise meine Magie half ihr und es dauerte nur ein paar Minuten bis auch Lezah nach Hause kam.
"Was ist denn hier los?" fragte sie mit hochgezogen Augenbrauen. 
"Mom erwartet Freundinnen und wir dürfen dabei sein." klärte ich sie etwas sarkastischer als nötig auf. Meine Mutter hatte das nicht gehört und sah auch nicht wie Lezah eine Kotz-Geste machte. Wir hatten wohl beide nicht besonders Lust darauf. 

Als alles gedeckt war und der Kuchen auf dem Tisch stand klingelte es auch schon an der Tür. Mom eilte sofort und kam mit drei Frauen in ihrem Alter zurück in die Stube. Sie hatten seltsam bunte Kleidung an und trugen ihre Haare komisch bauschig. 
"Das muss der Neo sein!" rief die erste aus und kam auf mich zu. 
"Oh so ein stattlicher junger Mann!" kreischte die nächste. 
"Wunderbar!" gackerte die dritte. 
Ich wusste gar nicht wie mir geschieht und als die drei mich auch noch betatschten als hinge ihr Leben davon ab, war ich endgültig zu verwirrt um etwas zu unternehmen. Wie erstarrt ließ ich es über mich ergehen, auch wenn der Parfümgeruch fast nicht auszuhalten war. 
"Etwas schüchtern ist dein Junge." sagte die eine an meine Mutter gewandt. Diese lachte nur und bat die Frauen sich zu setzen. Auch meine Schwester und ich nahmen Platz. Offensichtlich waren die Frauen auch Hexen, den heute benutzte niemand zum Essen oder Trinken die Hände. Alles wurde mit Magie bewegt. Die ganze Zeit über ließen die drei mich nicht aus den Augen und es wurde zunehmend unerträglich unangenehm. Jedes Mal, wenn ich irgendwas auf dem Tisch bewegte schienen sie ganz außer sich vor Begeisterung. Lezah warf mir schon belustigt Blicke zu aber meine Mutter schien sich einfach nur zu freuen. 
Inzwischen saßen wir schon Stunden da und durften uns die uninteressanten Gespräche der Hexen anhören. Ab und an sagten meine Schwester oder ich auch mal was, wenn wir gefragt wurden aber insgesamt blieben wir still. 

Die drei Frauen standen auch bald auf und verabschiedeten sich überschwänglich von uns allen, als die eine plötzlich nochmal auf mich zukam und meine Hand nahm. "Viel Glück bei der Urteilsverkündung, wir wünschen dir viel Glück und werden dir gespannt zusehen, Neo van Tassel." unsicher wohin ich schauen sollte, sagte ich einfach nichts und hielt die Luft an. Was meinte sie damit? 
Ich konnte erst wieder aufatmen, als die drei Schrullen endlich aus dem Haus waren. 
"Wie seltsam waren die denn!" Stellte Lezah sofort klar und meine Mutter lachte unerwarteterweise. 
"Tja, dafür sind die drei aber Ratsmitglieder und werden ihre Stimme gegen Neos möglichen Rauswurf abgeben. Jedenfalls glaube ich, dass sie dagegen stimmen werden, so begeistert wie sie von dir waren. Damit war der Nachmittag ein voller Erfolg." 

Mir klappte die Kinnlade runter.
Bei den Ahnen, mich beschlich das Gefühl, dass ich bin ordentlich am Arsch war. 

Die Hexen des ZirkelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt