Chapter VI - III

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Eilig rannte ich die dunkle Straße entlang, um dem stürmendem Regen zu entkommen. Laubblätter kreuzten in Massen meinen Weg und die Straße hatte sich in einen reißenden Bach verwandelt. Der Regen kam mir von allen Seiten entgegen, sodass ein Schirm nutzlos gewesen wäre. Das einzig gute, ich begegnete keiner einzigen Katze bei diesem Wetter. Das schlechte, als ich auf unserer Terrasse ankam war ich bis auf die Knochen nass. Mit zitternden Fingern suchte ich den Schlüssel in meiner Tasche. Es dauerte eine Weile, bis ich feststellen musste, dass ich ihn vergessen hatte. Ein kurzer Blick auf die Uhr. Schon nach Mitternacht. Klingeln war also keine gute Idee, wenn ich nicht mal wieder eine Standpauke kassieren wollte. Ich ließ mich langsam an der roten Haustür hinab gleiten und zog die Beine an meinen Körper. Nachdenklich ließ ich meinen Blick schweifen, bis ich, an verschiedenen Stellen, deutliche Kampfspuren entdeckte. Ein Teil sah aus wie die Kratzer einer großen Pfote, das waren dann wohl Asmos. Die anderen waren alle unterschiedlich und undefinierbar für mich. Mal sah es aus wie Brandflecken, mal wie Verätzungen. Er hatte also wirklich schon einige Wesen hier bekämpft. Und ich hatte es noch nicht einmal mitbekommen. Langsam stand ich wieder auf und lief aufs Geländer zu. Sanft ließ ich meine Hand über das Holz und die tiefen kampfspuren darin gleiten. Jeder Kratzer, jeder Brandfleck den ich berührte verschwand sofort. Das war wohl das erste Mal, dass meine Magie tat was ich wollte. Ich fühlte den vollkommen Einklang zwischen dieser Kraft und mir, sodass sich eine unglaubliche Ruhe in meinem Inneren ausbreitete. Wie in trance ging ich die Stufen runter von der Veranda. Der nächtliche Regen schlug unbarmherzig auf mich ein, sowie der Sturm um mich herum wütete. Ich spürte die Magie durch meinen Körper fließen, als war sie die Quelle meines Lebens und im nächsten Moment stand die Welt still. Ich konnte nicht anderes als mich um die eigene Achse zu drehen, um zu sehen was ich getan hatte. Die Regentropfen hingen in der Luft. Sie fielen nicht. Der Sturm hatte einfach gestoppt und Ursache dafür war ich. In dem schwachen grünen Schein der Symbole auf meiner Haut, stand ich dort, mitten auf der Straße und genoss die friedliche Ruhe. 

Ein Rascheln riss mich aus meinen Gedanken und mit einem lauten knall fielen alle Tropfen zu Boden. Eine Gestalt war ein paar Meter weiter, auf dem gegenüberliegendem Hausdach, aufgetaucht und ihre gefährlich roten Augen starrten mich an. Ein schwarzer Kapuzenmantel verdeckt Gesicht und Körper des Wesens aber die rein boshafte Aura konnte ich deutlich spüren. Ich war alleine, mitten auf der Straße, bei Nacht und hatte keine Ahnung was das war oder wie ich mich dagegen wehren konnte. Panik machte sich in mir breit als die Gestalt vom Dach sprang und auf mich zu kam. Weglaufen würde nichts bringen, so schnell wie das Wesen einfach aufgetaucht war könnte ich niemals wegkommen. "Wie töricht von dir alleine hier draußen zu sein." donnerte eine tiefe Männerstimme und die Gestalt bewegte sich auf mich zu. Dabei machte er kein Geräusch und es sah aus als schwebte er über dem Boden. Als der Mann nah genug war, zog er sich die Kapuze vom Kopf. "Es wird mir ein Vergnügen sein dich mit zu nehmen." höhnte er und entblößte eine Reihe spitzer Zähne. Am auffälligsten waren die langen Eckzähne, die bedrohlich funkelten. Ein Vampir? Bloß nicht!

Panisch drehte ich mich um und rannte so schnell mich meine Beine trugen. Weit war ich noch nicht gekommen, als sich schon eine eiskalte Hand um meinen Hals legte. Ich wurde in die Luft gehoben. Mit zitternden Händen wühlte ich in meiner Hosentasche, bis meine Finger kaltes Metal ertasteten. So schnell wie möglich drückte ich den Silberring auf die Hand des Vampires, in der Hoffnung mein Filmwissen über Vampire war richtig. Es zischte und der Gestank von verbrannte haut war bestialisch. Ich konnte wieder atmen. Intuitiv riss Ich meinen Arm hoch und versetzte den Vampir so in Starre. Jetzt standen wir uns gegenüber, zwei Meter vielleicht zwischen uns und seine Augen leuchteten immer noch bedrohlich rot. Allein mit meiner Wut schleuderte ich ihn zurück, sodass er ungebremst auf den Asphalt schlug. Ich ging hinterher, schaute auf ihn herab. Der Vampir versuchte noch immer sich gegen die starre zu wehren, aber meine Magie war zu stark. "Du dreckiges Hexenbalg!" spuckte er mir entgegen und damit brannten die Sicherungen bei mir durch. Die Straßenlampen begannen flackernd zu leuchten, immer heller und heller, bis es einen lauten Knall gab und Glassplitter durch die Luft flogen. Niemand beleidigt meine Familie, meine Art oder mich. Mit Schwung schleuderte ich den Mann noch einmal von mir weg und noch einmal und noch einmal, bis ich die Starre, vor Wut, endgültig vernachlässigte und der Vampir blutüberströmt in die Nacht flüchten konnte. Ich sackte zusammen und fiel auf die Knie. Das war wohl zu viel für mich gewesen. Dementsprechend lange dauerte es, bis ich mich wieder aufrappelte und auf unsere Veranda trottete. Völlig entnervt hexte ich die verschlossen Haustür auf und hinter mir wieder zu. Meine Schuhe landeten in irgendeiner Ecke, sowie die Jacke auch. Alles was ich jetzt wollte war mein Bett, auch wenn die Nacht nur noch kurz war. 

Das machte sich auch am nächsten Morgen bemerkbar. Wie gerädert und total fertig schlurfte ich langsam die Treppe hinunter, bis in die Küche. Ich wusste Asmos 'Beschützer-Aufgabe' sie so wert zu schätzen wie jetzt. Wenn er sowas fast jede Nacht macht, muss ich mich echt mal bei ihm bedanken und bei der Gelegenheit auch gleich fragen wieso er das überhaupt auf sich nimmt. In der Küche angekommen saß mein Dad noch mit der Tageszeitung am Tisch. Ich nuschelte nur ein 'Morgen.' und holte mir eine Tasse aus dem Schrank. Eigentlich hätte ich jetzt lieber was anderes aber der schon kalte Tee tut es auch. Mit einem Seufzen setzte ich mich mit an den Tisch. Dad ließ die Zeitung sinken. "Deine Mutter will was von dir, sie ist im Garten." Erneut entfloh mir ein Seufzen und ich ließ meinen Kopf einfach auf den Tisch fallen. Kein Samstag ohne, dass Mom was von mir will. Mit Garten hatte Dad außerdem maßlos übertrieben. Das Ding ist nur unser winziger Hof, vollgestopft mit allen Pflanzen, die Hexen so brauchen, aber bis ich dahin gehe lass ich mir lieber noch Zeit. 

Die Hexen des ZirkelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt