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Früh am nächsten Morgen fuhren wir wieder ins Krankenhaus. Der Zustand meiner Oma hatte sich drastisch verschlechtert und sie wurde nur noch von Maschinen am Leben gehalten. Die Ärzte sagten, dass der Krebs sie langsam von innen zerfraß. Ausserdem wollten die Ärzte noch einiges untereinander besprechen und am Nachmittag nochmal mit meiner Familie telefonieren. Deswegen fuhren wir nach Hause. Ich leihte mir den Wagen meines Vaters, weil ich unbedingt den Kopf frei kriegen wollte und an den Strand spazieren wollte. Als ich das Auto abstellte, schrieb ich Tom die Neuigkeiten. Wenige Sekunden später klingelte  mein Handy und er rief mich an. "Hey.", sagte ich, nachdem ich abgehoben hatte.
"Hey, wie geht es dir?", fragte er.
"Ganz ok. Bin am Crosby Beach um den Kopf frei zu bekommen.", erzählte ich.
"Kann ich irgendetwas für dich tun?".
"Nein. Ich werde jetzt einfach am Wasser entlang spazieren.".
"Kann ich dich später nochmal anrufen?". "Klar.".
"Ich melde mich sobald ich kann.".
"Ist gut. Bis später.". Dann legte er auf und ich steckte das Handy weg. Ich lief einfach am Strand entlang, der sehr wenig besucht war. Den Teil des Strandes, wo ich unterwegs war, besuchte fast nie jemand. Ich dachte an meine Oma und die Zeit verging wie im Flug. Dann klingelte nach einandhalb Stunden mein Handy erneut.
"Da bist du ja schon wieder.", sagte ich zu Tom. "Ja. Bist du noch immer am Strand?", fragte er. "Ja. Ich bin einfach vom Burbo Bank Parkplatz in Richtung Fort Crosby gelaufen und habe vor fünf Minuten umgedreht. Davor saß ich eine halbe Stunde auf einer Bank und habe Löcher in die Luft gestarrt.".
"Hört sich doch erstmal ganz entspannt an. Aber pass auf dich auf.".
"Was soll hier passieren? Hier ist kein Mensch weit und breit zu sehen.".
"Trotzdem. Man weiß ja nie.".
"Oh man. Hier ist tatsächlich jemand. Ist noch recht weit weg. Jemand mit Kapuze. Das ist neu.". Dann sah ich, wie die Person direkt auf mich zusteuerte und wurde etwas nervös. Dann zog die Person, die Kapuze vom Kopf und ich war total perplex. Tom kam geradewegs auf mich zu. Ich legte auf und steckte das Handy weg. Er kam grinsend auf mich zu. Als er bei mir war, zog er mich in seinen Arm.
"Was machst du denn hier?", fragte ich völlig überrascht.
"Ich hätte morgen so oder so hier her gemusst, weil mein Flug nach Australien über Liverpool geht. Da ich zwei bis drei Wochen weg sein werde, dachte ich mir, ich komme einfach einen Tag eher und überrasche dich. Ich wollte dich sehen.", erklärte er. Ich schob meine Arme um seine Hüfte und legte meinen Kopf an seine Brust. Er legte seine Arme um mich und lehnte seinen Kopf auf meinen.
"Danke.", flüsterte ich.
"Wofür?", fragte er.
"Dafür, dass du hier bist.".
"Für dich immer.". Ich ließ ihn los, er griff nach meiner Hand und verschränkte unsere Finger ineinander. Wir schlenderten am Wasser entlang und er fragte, "Wie geht es deiner Oma? Und vor Allem, wie geht es dir?". "Meiner Oma geht es leider garnicht gut. Die Ärzte besprechen heute, ob es noch Möglichkeiten gibt um ihr zu helfen. Aber es sieht sehr schlecht aus. Und mir geht es.. Ich weiß nicht. Es ist soviel auf einmal.", erzählte ich.
"Das tut mir sehr leid. Hat sie denn Schmerzen?".
"Nein. Sie bekommt kaum noch etwas mit.". Wir setzten uns auf eine Bank und ich legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab.
"Ich weiß noch nicht wie ich damit umgehen soll.", fügte ich hinzu.
"Ich bin da. Immer wenn du mich brauchst.", sagte er und setzte fort, "Wo bist du denn untergekommen?".
"Bei meinen Eltern. Quasi in meinem alten Kinderzimmer.", sagte ich.
"Ist doch schön. So bist du zumindest nicht allein.".
"Ja. Das stimmt.".
"Magst du nicht heute bei mir im Hotel schlafen? Dann haben wir noch ein wenig Zeit, bevor ich abreisen muss.".
"Klingt gut. Wann musst du Morgen weg?". "Gegen drei.".
"Das bekomme ich hin. Hast du Lust was essen zu gehen?".
"Wir können auch ins Hotel und beim Zimmerservice bestellen. Dann hast du es etwas ruhiger und wir haben Zeit nur für uns.". "Klingt sehr gut.". Wir standen auf und er nahm wieder meine Hand. Dann fuhr ich uns zum Hotel und wir gingen auf sein Zimmer. Auf dem Sofa machten wir es uns bequem und er zeigte mir die Karte vom Hotelrestaurant. Wir wählten jeweils unser Essen und er bestellte es. Danach zog er mich in seinen Arm und ich lehnte mich an ihn. Mein Handy vibrierte und ich schaute auf das Display.
"Das ist von meinem Dad. Ich lese das mal kurz.", sagte ich und öffnete die Nachricht: >> Hallo Schatz. Das Krankenhaus hat angerufen und mitgeteilt, dass sie absolut nichts mehr machen können. Dein Opa hat entschieden die lebenserhaltenden Maßnahmen abstellen zu lassen. Wir können uns morgen Früh von ihr verabschieden.<<. Ich atmete tief durch und merkte wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Ich antwortete: >> Hey Dad, ich werde da sein. Ich bleibe heute bei einer Freundin, um mich abzulenken. Bis morgen. <<. In meinem Hals bildete sich ein Kloß und ich schluckte schwer.
"Schlechte Nachrichten?", fragte Tom leise. "Ja. Sie stellen morgen die Maschinen ab. Wir können uns morgen früh noch verabschieden.", sagte ich leise.
"Möchtest du, dass ich dich begleite?", fragte er.
"Nein. Ich mag mich einfach noch nicht den Fragen stellen. Das wäre in der Situation nicht wirklich richtig.", sagte ich.
"Das verstehe ich.", sagte er und drückte mich fest an sich. In seinem tröstenden Armen, merkte ich, wie viel es mir bedeutete, dass er da war und wie gut mir das tat. Aber der Gedanke daran, dass er kurz darauf sechzehntausendfünfhundert Kilometer  von mir entfernt war, machte mich nicht allzu glücklich. In dem Moment genoss ich einfach nur die Stille und seine Nähe. Ich konzentrierte mich nur auf seinen Herzschlag, als ich mein Kopf auf seiner Brust abgelegt hatte, da es mich irgendwie beruhigte. Seine Finger strichen mir durchs Haar und er ließ mich für keine einzige Sekunde los. Zu der Zeit war er mein Zufluchtsort.

Unexpected // Tom Hiddleston x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt