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Wir liefen zurück, als die Sterne bereits verblassten.
Mein  Kopf fühlte sich an als wäre Watte hinein gestopft wurden, und meine Augen fielen mir immer wieder zu.
Ich wollte mit niemanden reden, aber ich wusste das mir dieser Wunsch wahrscheinlich nicht erfüllt werden würde, da meine Mutter bestimmt sofort alles wissen wollte was passiert war.
Revali ging aufrecht neben mir her, während ich nur neben ihn her trottete. Er sah mich immer wieder besorgt an, und am liebsten hätte ich etwas gesagt- doch ich wusste nicht was. 
"Sag niemals das du für den Tod deine Mutter verantwortlich wärst."
Sagte er plötzlich. Monoton drehte ich den Kopf zu ihn.
"Warum? Es ist doch so. Nur weil ich geboren wurde- musste sie sterben."
Revali stellte sich plötzlich vor mir, sodass ich abrupt stehen blieb.
"Nein, bist du nicht. Keiner ist daran Schuld. Es konnte niemand ahnen!"
Sagte er jetzt mit verkniffenen Gesichtsausdruck.
Ich konnte es in seinen Augen sehen, den Schmerz. 
"Warum kommt es mir so vor, als wüsstest du genau wie ich mich fühle?"
Fragte ich ihn jetzt. 
Er sträubte sich mir eine Antwort zu geben, doch er tat es dennoch.
"Meine Mutter ist auch bei meiner Geburt gestorben..."
Ich sah ihn geschockt an. Und plötzlich fiel mir ein, dass ich gar nichts über seine Vergangenheit wusste. Seine Eltern habe ich nie gesehen. Ich kam mir plötzlich so dumm vor, und wollte ihn in den Arm nehmen, doch da fing er schon an zu reden.
"Ich habe genauso gedacht wie du, als es mir gesagt wurde. Aber mit den Jahren habe ich gelernt das es nicht meine Schuld ist. Es ist einfach passiert. Aus wessen Grund auch immer."
Erklärte er, und sah Gedankenverloren zur Seite.
"Deswegen..."
Er drehte sich wieder zu mir.
"Denk nicht das es deine Schuld ist. In Ordnung? Ich weiß das es einige Wochen, wenn nicht sogar Monate dauern wird es wirklich zu akzeptieren. Aber lass es nicht in deinen Kopf kommen."
Ich presste die Lippen zusammen.
"Es tut mir so leid... hätte ich das gewusst-"
"Lass gut sein. Mir tut es auch leid, aber die Vergangenheit kann man nicht mehr ändern. Dinge sind passiert, wir haben Fehler gemacht die wir nicht mehr gut machen können... aber dafür können wir die Zukunft besser machen."
Er sah fixierte mich mit seinem Blick.
"Ich habe auch einige Fehler gemacht, die ich nicht wieder gut machen kann. Eigentlich wollte ich es dir schon länger sagen, aber... ich habe mich nicht getraut. Es tut mir leid. So leid, dass ich dich die ganzen Jahre über fertig gemacht habe. Ich weiß nicht was in mir gefahren ist. Wahrscheinlich war es deswegen, weil ich nicht begreifen konnte wie stark du sein konntest. All die Jahre lang..."
Er ließ seinen Blick durch die Gegend wandern.
"Ich weiß das die Entschuldigung zu spät kommt... aber ich wollte es dich nur wissen lassen-"
Ich unterbrach ihn, indem ich ihn umarmte.
"Ich verzeihe dir."
Er zögerte kurz, doch umarmte mich dann zurück.
Ich hörte seinen Herzschlag rasen.
"Warum?"
"Weil du mir gezeigt hast das du nicht so bist wie du dich immer ausgibst."
Antwortete ich, und sah zu ihn hoch. Er sah zu mir runter, und plötzlich merkte ich es: ich merkte wie mein Bauch anfing zu kribbeln, und merkte mein Herz rasen. Plötzlich konnte ich ihn nicht mehr in die Augen schauen, und zog zurück. Meine Wangen brannten.
"Wie wäre es wenn wir einfach von neuem Anfangen..."
Sagte ich jetzt nervös.
"Wir lassen die Vergangenheit hinter uns, und schauen in die Zukunft. Wie du schon gesagt hast: wir können die Vergangenheit nicht ändern, dafür aber die Zukunft."
Ich lächelte ihn an, und hielt ihn den kleinen Finger hin.
Er sah mich an, und lächelte zum ersten mal aus dem Herzen.
"In Ordnung..."
Sein Blick fiel auf meinen kleinen Finger.
"Was soll das werden?"
Fragte er jetzt belustigt. Er kam mir plötzlich wie eine andere Person vor.
"Das ist ein kleiner Finger Schwur. Wir schwören das wir neu anfangen, und nicht mehr zurück blicken."
Erklärte ich.
Er hob die Hand und spreizte seinen kleinen Finger, der jedoch trotzdem viel größer war als meiner. Ich spürte seine weichen Federn, als wir unsere Finger miteinander verankerten, und ich gleichzeitig meinen Daumen an seinen drückte.

Ich lächelte ihn an, und er erwiderte es sogar ein wenig.
Es war ein kleiner Anfang, doch ich war zuversichtlich das wir zumindest gute bekannte werden könnten.
"Na schön, lass uns zurück gehen. Deine Mutter ist bestimmt schon krank vor Sorge."
Sagte er und verschränkte die Arme hinter seinen Rücken.
Wir gingen zurück, und waren schon vor dem Dorf angekommen. Ich konnte noch vereinzelte Orni's sehen die ihren Weg gingen.
Als wir hinauf gingen, sah ich mich um. Plötzlich schien es so als wenn jeder wüsste was passiert war, denn die Orni's starrten mich an, als wäre ich ein Geist.
Doch wahrscheinlich war es nur der Ausdruck in meinem Gesicht,  weshalb sie so schauten.
Ich ging ohne sie zu beachten weiter, zu meiner Hütte. Dabei bemerkte ich jetzt erst das mir Revali imemr noch folgte.
Ich blieb stehen und drehte mich um.
"Du brauchst nicht mit zu kommen..."
Sagte ich jetzt.
"Bestimmt fragt mich meine Mutter gleich aus, und ich darf die ganze Geschichte noch einmal erzählen...."
Ich lächelte schief, doch merkte im gleichen Moment das mir überhaupt nicht dazu zumute war.
"Bist du sicher?"
Fragte er noch einmal nach.
Ich nickte.
"Ja..."
Er hob den Schnabel und sah mich prüfend an.
"Danke das du da warst. Ich weiß nicht was ich getan hätte, wenn ich allein gewesen wäre."
Ich verschränkte meine Arme hinter dem Rücken.
Er nickte mir zu, während ich mich schon umdrehte um die letzten Meter zur Hütte zu gehen, doch stoppte inmitten der Bewegung.
"Revali?"
Er stand immer noch dort, und rührte sich kein Stück.
"Ja?"
"Ich muss es den anderen sagen...wenn ich es ihnen verheimliche dann-"
Ich stoppte. Würden mich die Recken dann überhaupt noch in ihrem Team haben wollen? Wie es auch ausging, ich musste es ihnen sagen. Ich konnte so eine große Sache nicht vor ihnen verheimlichen."
"Natürlich. Du kannst damit aber auch noch warten. Ich kann ihnen sagen das du ein bisschen Zeit brauchst..."
"Nein ist schon okay. Wenn ich schon von allen gehasst werde, dann will ich nicht damit warten."
Unterbrach ich ihn.
Er nickte mir nur zu, während ich lächelte und mich dann umdrehte.
Jetzt würde es los gehen. Zuerst müsste ich die ganze Geschichte noch einmal erzählen, und dann noch einmal morgen. Mein Magen zog sich zusammen, als ich die Hütte betrat. Zu meiner Überraschung entdeckte ich nicht nur meine Mutter und meine Schwester, sondern auch Baal.
Was wollte er den hier?
"Vetchka! Um Himmels Willen, ich dachte schon dir wäre sonst etwas zugestoßen!"
Meine Mutter rannte zu mir und umarmte mich stürmisch.
"Baal wollte schon nach dir suchen..."
Fügte sie hinzu, und drückte mich dann von ihr weg.
Ich sah sie nur stumm an, und suchte nach einer möglichkeit ihr von all dem zu erzählen, von dem ich selbst nichts verstand.
"Vetchka was ist passiert? Bitte rede mit mir..."
Sagte sie und strich mir über die Wange.
"Komm, ich will nicht alles zwei mal erzählen... Baal soll es auch wissen."
Sagte ich und ging an ihr vorbei. Dabei sah mich der Schwarzgefiederte Orni prüfend an, als ich mich stumm auf dem flauschigen Hocker setzte.
Ich atmete tief durch, als Laaly zu mir gestrampelt kam un ihren kleinen Flügel auf meinen Schenkel legte.
Ich musste trotz meiner schlechten Stimmung lächeln, und hob sie hoch auf meinem Schoß. Wenn es einen gab der mich aus dieser Familie oder diesen Dorf nicht hassen würde, dann wäre es sie. 

"Ich bin ein Yiga."
Sagte ich jetzt mit gepresster Stimme.
Baal sah mich starr an, bevor er einen blick zu meiner Mutter warf. Diese sah mich nur mit nervösen Blick an.
Und dann fing ich an ihnen alles zu erzählen. Ich erzählte ihnen von der Begegnung meines Vaters, die Geschichte die er mir erzählt hat- bis zu meinen Sorgen das ich Schuld war...
Als ich fertig war, merkte ich wie die Last von mir genommen wurde. Zumindest ein bisschen.
"Es tut mir leid. Ich weiß das ihr jetzt wahrscheinlich denkt das ich so bin wie die... aber."
"Vetchka hör auf damit!"
Meine Mutter setzte sich neben mir und nahm mich in den Arm, eher sie mich wieder von sich zog.
"Mir ist egal ob du halb Yiga, Leune oder die Veheerung selbst bist. Du bist mein Kind und ich weiß das du alles andere als ein schlechtes Wesen bist. Und  dir sollte es auch egal sein. Ich weiß das es für dich schlimm sein muss, aber bitte glaube mir wenn ich dir sage das du nicht das bist, was deine Eltern sind oder waren. Nur weil du ihre Tochter bist, heißt das nicht das du genauso bist wie sie."
Meine Sicht verschwamm vor meinem Augen als ich in ihre Arme fiel. Ich war so froh das sie bei mir war, und so dachte. Sie würde mich immer akzeptieren, egal was ich tat oder war. 
Ich hörte wie Baal aufstand und zu uns kam, als ich zu ihn hoch blickte.
"Deine Mutter hat recht. Du bist du selbst- niemand sonst. Und ich kann dir sagen das du alles andere bist als eine schlechte Person. Wieso sollten wir dich hassen, wenn du gar nichts getan hast? Du bist ein halb-Yiga. Na und? Wenn interessierts? Das macht dich nur besonders."
Ich sah ihn in die goldenen Augen, und zog ihn zu uns in die Umarmung. Laaly umarmte mich ebenfalls.
"Ich find das voll cool!"
Sagte sie.
Ich musste schluchzen und lachen zugleich.
Was wäre ich nur ohne die zwei, oder die drei wenn man Baal dazu zählte.
Ich schloss die Augen und genoss den warmen Moment. Erst jetzt merkte ich wie sehr ich zitterte, und auch jetzt merkte ich den Schmerz an der Hüfte. Doch das alles war egal, so lange mich meine Familie so akzeptierte wie ich bin.
Fragt sich nur, ob das die Recken genauso sehen...








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Bis zum Nächsten Kapitel ♡♡♡

ℌ𝔢𝔞𝔯𝔱 𝔣𝔬𝔯 𝔞𝔫 ℌ𝔢𝔞𝔯𝔱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt