Unter der Erde Kretas lebt ein Ungeheuer. Abkömmling von Titanen, teils menschlich, teils tierisch und von den meisten gefürchtet. Jeder Versuch, das Untier zu töten, schlug bisher fehl. Aber eines Tages kommt ein Held nach Kreta - und befreit das M...
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Auf dem Weg in die Stadt berichten wir Ikarus, was sich alles zugetragen hat. Er ist nicht überrascht, dass ich mit dem Schwert die Tür im Labyrinth nicht habe zerschlagen können. „Daidalos hat ja nicht gewollt, dass du jemals wieder herauskommst", bestätigt er. „Er hatte nichts gegen dich persönlich, Asterios. Aber die Idee, ein Gefängnis zu entwerfen, aus welchem man unmöglich entfliehen kann, hat ihn fasziniert. Er hat über zwei Jahre allein für die Entwicklung gebraucht. Und noch einmal fünf Jahre, um es zu bauen. Mit der Hilfe von über tausend Sklaven natürlich."
„So war es keine spontane Aktion, mich dort einzusperren?" frage ich überrascht.
„Nein, das plante Minos bereits seit deiner Geburt. Daidalos erzählte es mir, als wir so lange gefangen waren. Hätte ich es früher erfahren, hätte ich dich gewarnt. Minos wollte dich töten lassen, aber Pasiphae verbot es ihm. Und er hat nunmal Angst vor ihr."
Das wundert mich nicht. Meine Mutter ist eine Zauberin und kennt Mittel und Wege, ihren Willen durchzusetzen. Allein ihre Methode, Minos vom Ehebruch abzuhalten, beweist das deutlich.
„Mein Gefängnis war sehr geschickt ausgeklügelt", gebe ich zu. „Vor allem die Art, wie ich mit Nahrung, Kleidung, Lesestoff und Schreibzeug versorgt wurde, ohne jemals einen Anhaltspunkt zu bekommen, dass es ein lebendes Wesen außer mir gibt. Ich hätte beinahe mich selbst verloren da drinnen."
„Das liegt wahrscheinlich auch an den Drogen", meint Fee traurig. „Pasiphae hat einen Trank entwickelt, der dich so tief schlafen lässt, dass du nicht mitbekommst, wenn die Diener nachts in die Kammern kommen. Er war im Wasser und raubte dir auch deine Träume. Ansonsten hätten sich die Sklaven geweigert, dich zu versorgen."
Aria, die ja ebenfalls Tränke brauen kann, bestätigt das. "Wer nicht träumt, verliert allmählich die persönliche Erinnerung. Das lässt sich dabei nicht verhindern. In deinem Fall war das sogar erwünscht. Mit der vollen Erinnerung an das, was du einmal gewesen bist, hätte dir die Einsamkeit im Labyrinth wahrscheinlich den Verstand geraubt und dich zu dem Monster werden lassen, welches Minos aus dir machen wollte. So aber waren deine Gefühle betäubt und das hat dich die Gefangenschaft überstehen lassen."
Jetzt wird mir klar, warum ich mich auf einmal wieder erinnert habe. Es stimmt, die Träume von meiner Vergangenheit begannen kurz nach dem Morgen, an dem ich versehentlich den Wasserkrug umgestoßen hatte. An diesem Tag hatte ich nicht trinken können und somit auch die Droge nicht erhalten. Und daraufhin mich wieder erinnert.
„Ungeschick hat doch manchmal etwas Gutes", stelle ich fest und Ikaros lacht. „Du hattest früher schon immer Ausreden für deine gelegentliche Tapsigkeit." Er schlägt wieder mit den Flügeln. „Ich habe immer mehr das Gefühl, dass sie zu mir gehören. Und wenn ich wirklich mit ihnen fliegen kann, stört es mich nicht, was die Wiederweckung mit mir angerichtet hat."
