Asterion

57 11 64
                                    

Inzwischen haben wir den Stern beinahe erreicht

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Inzwischen haben wir den Stern beinahe erreicht. Er ist kleiner als Helios und leuchtet schwächer; seine Oberfläche glimmt bräunlichrot. Aber das alles ändert nichts daran, dass er eindeutig von Helios' Art ist. Eine Sonne. Kein Stern.

In diesem Moment wird mir klar, warum Helios so vorsichtig ist. Was er mir zeigt, bringt mein ganzes bisheriges Weltbild durcheinander. Die meisten Menschen würden dabei wohl ihren Verstand verlieren.

Für mich ist das zu ertragen. Im Labyrinth habe ich oft daran gezweifelt, dass es überhaupt eine Welt außerhalb der endlosen Kammern gibt. Daher habe ich das Wissen auf dem Schriftrollen nicht für die einzige Wahrheit gehalten, sondern für eine Möglichkeit unter vielen. Zumal mir ja auch immer wieder Widersprüche zwischen den Aussagen der einzelnen Philosophen aufgefallen sind. In den einsamen Lesestunden habe ich mir oft gewünscht, der Wahrheit auf den Grund gehen zu können. Nun zeigt mir Helios einen Teil davon. Und weit davon, mich zu erschrecken, entzückt und begeistert mich, was ich nun erfahre.

Ich wende mich an Helios: „Sind alle Sterne Sonnen wie du? Nur weiter entfernt von uns und darum kleiner für unsere Augen?"

„Ja." Helios antwortet knapp. Er lotet noch aus, wieviel ich verkrafte.

„Aber sie sind nicht alle Titanen?"

„Nicht alle. Dieser hier ja. Schau hin."

Ich fixiere den Sonnenstern genauer. Hier bilden die Schatten die vage Form eines Pferdes. Eines Pferdes, welche statt eines Kopfes den Leib eines Mannes trägt. Ein Kentauros.

„Ich sehe den Kentauros. Wer ist er?"

„Er nennt sich nächster Kentauros."

„Ich kenne ihn nicht."

„Ich glaube auch nicht, dass er jemals auf der Erde war."

Jetzt sehe ich auch, dass dieser Stern von zwei Planeten umkreist wird. „Kümmert er sich um diese Planeten?"

„Ja."

„Und Eros Phanes sorgt dafür, dass sie bei ihm bleiben?"

„Exakt."

„Moment. Heißt das, auch die Erde ist nur ein Planet?" Das ist schwer zu fassen. Die Menschen haben die Erde immer als Mittelpunkt der Welt gesehen. Viele tuen sich ja immer noch schwer mit der Erkenntnis des Phytagoras, dass die Erde um Helios kreist und nicht umgekehrt.

„Ganz genau." Ich mag die Art, wie Helios mir all diese Dinge nur zeigt und mich selbst darauf kommen lässt, was ich da sehe. So geht er sicher, dass all das Neue meinen Geist nicht überfordert. Wenn mir etwas zu absurd erscheint, wird mir der betreffende Gedanke auch gar nicht kommen.

Aber wie Helios gesagt hat, ich bin neugierig und unvoreingenommen. So leicht schreckt man mich nicht. Zudem gehe ich davon aus, dass dies die einzige Gelegenheit für mich ist, mehr über die Welt außerhalb der Erde zu erfahren. Und das muss ich ausnützen.

Unstern unter der Sonne ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt