Segel

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Der Fremde lächelt

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Der Fremde lächelt. „Natürlich, wir kennen uns noch nicht. Ich bin ein Halbbruder deiner Mutter."

„Onkel Phaeton?" Meine Mutter hat meines Wissens nur einen Halbbruder. Wobei ich natürlich nicht weiß, wo Helios sonst noch fremdgegangen sein mag.

Aber der Fremde nickt. „Ja. Und du hast recht, ich bin wohl dein Onkel." Er grinst dabei. Er kann nicht viel älter sein als ich. Aber bei Göttern und Titanen kann man die Generationen nun mal nicht nach dem Alter zählen.

„Ist deine Familie auch hier?", fragt er. Ich winke die anderen herbei und stelle sie ihm vor. Phaeton ist sichtlich erfreut, meine Geschwister kennenzulernen, wirkt aber etwas enttäuscht, weil Pasiphae nicht bei uns ist.

Tess kommt auf die Idee, sich auf der Terrasse eines der Gästehäuser niederzulassen und etwas zu essen. Wir entscheiden uns für das Dionysos-Haus, da es ohnehin in Richtung Hafen liegt. Und schon bald sitzen wir um zwei kleine Tische herum, auf die ein freundlicher Wirt uns Brot, Trauben und Oliven gestellt hat. Für den kleinen Imbiss genügen uns die Stühle. Auch andere Gruppen haben die Terrasse gewählt und genießen Obst, Brot und stark verdünnten Wein. An uns vorbei strömen gutgekleidete Kaufleute, Besucher und Priester mit erhobenen Nasen und verächtlichen Blicken auf uns ins Innere des Hauses, um dort ein Festmahl zu ordern, anständig auf Klinen liegend und von Sklaven bedient.

Mich bringt das nur zum Lachen. Keiner von diesem hochmütigen Volk hat eine Ahnung davon, dass die „einfachen Arbeiter" in Wirklichkeit Königskinder und Titatenabkömmlinge sind. Meinen Stierkopf und Ikars Flügel hält man für Verkleidungen und selbst dem Wirt bleibt der Mund offenstehen, als er sieht, wie ich Oliven esse, ohne meine scheinbare Maske abzunehmen.

Beim Essen tauschen wir uns aus. Obwohl wir nahe verwandt sind mit Phaeton, haben wir ihn noch nie getroffen. Und er ist froh um meine Stiermerkmale, ohne die er nicht bemerkt hätte, wen er da getroffen hat. So ist meine Mischgestalt doch für etwas gut.

Phaeton gesteht uns, dass er auf Delos gehofft hat, Helios anzutreffen. Beziehungsweise einen Tempel mit Priester, der für ihn Helios rufen kann. Seine Mutter Klymene kann es offenbar nicht.

„Nach meiner Geburt brachen sie und Helios ihre Verbindung ab", erklärt Phaeton uns. „Sie wollte ja nur Kinder haben und mit meinen Stiefvater Merops konnte sie keine bekommen. Sie und ihre Schwester Perseis baten daher Helios um Hilfe und der wohnte ihr dann bei, bis sie nach drei Töchtern endlich einen Sohn bekam – eben mich."

Ich verstehe nicht, warum es unbedingt immer ein Sohn sein muss. Gut, Merops ist König von Äthiopien und braucht einen männlichen Erben, aber trotzdem ist doch eine Tochter sicher auch etwas Schönes. So eine wie Xenodike zum Beispiel.

„Wir haben Helios auch noch nie getroffen", erklärt Aria und Phaeton seufzt. „Ich muss ihn unbedingt sprechen."

„Warum?" Laus reißt ein Stück von einem der knusprigen Fladen ab. Phaetons hübsches Gesicht verdunkelt sich. „Sie lachen mich aus", gesteht er. „Sie behaupten, ich würde nur angeben und sei in Wirklichkeit Merops' Sohn – oder noch schlimmer, ein Kebskind."

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