Streit

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Der gesamte Teich ist mit niedrigem Gebüsch umstellt

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Der gesamte Teich ist mit niedrigem Gebüsch umstellt. Wobei niedrig relativ ist; es ragt mir wenigstens noch über den Kopf. Ich habe also Hoffnung, mich ungesehen dem anderen Teichende zu nähern. Ungehört wohl eher nicht, aber vielleicht ist derjenige, der da lauert, vom Anblick dreier badender Schönheiten genügend abgelenkt. Ich an seiner Stelle wäre es vermutlich, wären zwei davon nicht meine Schwestern und ich überhaupt so unhöflich, Mädchen ohne ihr Wissen zu beobachten.

Ich steige aus dem Wasser, trockne mich ab und lege Gürtel und Perizoma an. Zum Glück habe ich heute einen grünen gewählt; mit den roten und blauen, die mir Pasiphae in Massen mitgegeben hat, hätte ich wohl durch die Büsche geleuchtet wie ein Gimpel während der Balz.

Die Färse macht Anstalten, mir zu folgen, aber ich bedeute ihr, ruhig weiter zu weiden und sie tut es. Ich habe den Eindruck, dass ihr der Lauernde nicht recht geheuer ist.

Vorsichtig, aber nicht übermäßig behutsam gehe ich um den Teich herum. Das Gefühl einer anderen Präsenz wird immer stärker. Mein erster Verdacht, dass es sich um Tess handeln könnte, der mehr von Aigle sehen möchte, verfliegt rasch. Das Wesen hinter den Büschen ist mir fremd. Und hat dennoch etwas eigenartig Vertrautes, das ich nicht genau definieren kann.

Wer immer die Mädchen beobachtet, er scheint wirklich vollkommen davon in Anspruch genommen zu sein. Bis ich den Teich umrundet habe, hat er immer noch keinen Verdacht geschöpft. Ich nähere mich den Sträuchern und kann nun tatsächlich eine Gestalt zwischen ihnen ausmachen.

Männlich, stelle ich fest, aber wohl noch ziemlich jung, denn der Körper ist schlank und schlaksig, soweit ich erkennen kann. Ich kann einen schmalen Rücken und darüber dichte, dunkelblonde Locken ausmachen, heller als es Ikars vor seinem Tod gewesen sind, aber dunkler als Aigles. Tess ist das schon mal nicht. Außerdem betrachtet der Unbekannte nicht Aigle. Es ist Aria, der er mit den Augen folgt, seinen Kopfbewegungen nach zu schließen.

Aber noch etwas fällt mir auf. Der Beobachter schwankt eigentümlich und scheint nicht ganz sicher auf den Beinen zu sein. Ich kann seine Füße nicht sehen, frage mich aber, ob er Probleme mit ihnen hat.

Ich postiere mich hinter dem heimlichen Beobachter und frage dann laut: „Hast du eigentlich die Mädchen gefragt, ob sie gerne betrachtet werden möchten?"

Er fährt so heftig herum, dass er taumelt und sich an den dünnen Ästen neben ihm festhalten muss. „W-was? W-wer ...?"

Mein erster Eindruck hat mich nicht getäuscht. Er ist jung, sicher nicht älter als Fee. Die dichten blonden Locken umrahmen ein rundes, gutgeformtes Gesicht mit großen, dunkelgrünen Augen, glatten Wangen und einem vollen, etwas aufgeworfenen Mund.

Als er aus den Büschen tritt, bekomme ich mehr zu sehen. Sein Körper ist für die Höhe – er reicht etwa an meine Schultern – noch etwas schmal und zart, weist aber schon ausgeprägte Muskulatur auf. Bis auf Efeukränze im Haar und um die Taille trägt der Jüngling nichts. Und es sieht ganz so aus, als hätte ihm der Anblick der badenden Grazien gefallen.

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