Kapitel 10

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"Hey, ihr könnt doch nicht einfach ohne uns anfangen!" Jessica stemmte beleidigt die Hände in die Hüften.

"Siehst du doch, dass wir das können!" Nathan sah sie herausfordernd an.

"Dann versuch es doch!" Und damit flog der Haufen Brombeeren in zwei Meter Höhe.

Nathan sah sie wütend an. "Was soll das denn jetzt?" Er versuchte die Brombeeren wieder runter zu holen, aber anscheinend war Jessicas Kraft stärker als Nathans, was in mir irgendwie auch Stolz auslöste. Dass sie nach nur einem Tag schon so gute Fortschritte machte, war beeindruckend. Weder wackelten die Beeren, noch sanken sie, als Nathan seine Kraft einsetzte. Aber wie sich dann herausstellte, war das nur halb richtig.

"Oh, du bist schon besser geworden, was?" Oh nein. Das war alles was ich denken konnte, bevor das Theater richtig begann. "Dann können wir ja jetzt richtig anfangen!" Und damit glühten seine Augen wieder auf.

Ich seufzte, weil ich ahnte, worin das enden würde.

Jessica ließ die Brombeeren noch höher fliegen, bis hinter einen Ast, wo Nathan sie nicht mehr sehen konnte.

"Ist das dein Ernst?", fragte er aufgebracht.

Jungen in der Pubertät. Und Mädchen. Ich schüttelte den Kopf.

War ich auch so gewesen? Wohl kaum, meine Pubertät hatte ich vermutlich ausschließlich in Thurmond verbracht. Und das war nun wirklich nicht der richtige Ort, um aufsässig zu sein oder auf solche Weise überzureagieren. Und die Wachen an zu zicken hätte auch nicht gut geendet. Aber wäre ich so gewesen, wenn ich nicht in ein Camp gebracht worden wäre? Ich konnte es nicht sagen.

Und dann wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.

Jessica flog wie aus dem Nichts mehrere Meter zurück und stoppte erst kurz über dem Boden. Dann knallte sie mit ihrem Rücken aufs Gras. Im erste Moment war ich so geschockt von Nathans Reaktion, dass mein Gehirn die Arbeit anscheinend aufgab.

Doch gerade, als ich meinen Mund dazu bringen konnte, sich zu öffnen, um etwas zu sagen, unterbrach mich Grace schon. "Alexander, bring Ruby in die Luft und klettere auf den kleinen Baum da drüben. Das geht wirklich zu weit!" Sie bedachte Nathan mit einem kritischen Blick. "Hilfst du mir kurz, Faye? Ein Leichter reicht, richtig?" Grace sah Faye fragend an.

"Ja, aber nicht zu leicht!", antwortete diese. Sie beobachtete Nathan, der jetzt auf die sich stöhnend auf den Rücken drehende Jessica zuging. "Der ist echt verrückt geworden, so habe ich ihn noch nie erlebt!" Währenddessen, wurde Jessica wieder nach hinten gestoßen und schlug gegen einen Baum. Ich wusste, dass ich eigentlich diejenige war, die eingreifen müsste, aber ich konnte es nicht. Es war als wäre meine ganze Kontrolle von mir genommen worden.

Ich hob vom Boden ab und Alexander kletterte auf den Baum links neben mir. Grace und Faye stellten sich gegenüber auf und als Jessica zum dritten Mal vom Boden abhob, leuchteten ihre Augen golden auf. Eine Millisekunde lang floss Strom durch das noch vom Tau feuchte Gras, Nathans Muskeln krampften sich zusammen. Jessica fiel zu Boden, stand aber direkt wieder auf, ihr war nichts ernstes passiert. Alexander ließ mich wieder runter. Sobald meine Füße den Boden berührten, machte ich ein paar Schritte auf Nathan zu. Mein Körper gehorchte mir wieder. "Was sollte das denn? Wieso greifst du Jessica an?"

Nathan sah mich verstört an, als hätte er selbst keine Ahnung. "Ich-ich weiß es nicht! Es ist auf einmal passiert. Ich konnte nichts dagegen machen. Wirklich!" Er sah beschämt zu Boden.

"Achte besser darauf, dass dir das nicht nochmal passiert! Ich denke, wir sollten jetzt zurückgehen." Sie nickten alle und wir machten uns auf den Weg in Richtung Stadion. Wir schwiegen und es herrschte eine bedrückte Stimmung.

The Darkest Minds - Battle of MindsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt