Kapitel 19

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Chubs sah mich ungläubig an. "Ruby, sie haben seit über sechs Jahren immer nur gehört, dass wir tödlich und gefährlich sind. Wenn du jetzt vor ihrer Tür aufkreuzt, werden sie vermutlich in Ohnmacht fallen vor Schreck! Oder sie bekommen direkt einen Herzinfarkt."

"Ich kann es doch zumindest mal versuchen", verteidigte ich meine Idee. Auch wenn ein Herzinfarkt zugegebenermaßen sehr kontraproduktiv wäre.

"Okay, aber ich bleibe hier, es reicht, wenn einer vor ihrer Tür steht", stellte Chubs klar.

"Dann sag du Faye und Zu, wo ich bin, wenn sie aufwachen."

Er nickte als Antwort und ich ging ins Bad, um mich fertig zu machen. Damit ich möglichst ungefährlich wirkte, zog ich eine Jeans mit weißem T-Shirt an. Weiß ist doch die Farbe der Kapitulation, richtig? Ich hoffte es würde funktionieren.

Fünfzehn Minuten später stand ich am Anfang der Straße und sah zu den beiden einzigen Häusern, die noch relativ gepflegt aussahen.

Der Rasen beider Gärten war zu hoch und die Hecken und Büsche hätten nochmal geschnitten werden können. Aber, im Gegensatz zu den anderen Häusern in der Straße, befanden sich dort relativ gepflegte Gemüsebeete und die Türen und Fenster waren auch noch in Takt.

Jetzt, wo ich hier stand, meldeten sich doch leise Zweifel, ob das wirklich eine gute Idee war oder ob sie, wenn ich jetzt mit ihnen reden würde, doch die Regierung über unseren Aufenthaltsort informieren würden. Außerdem wusste ich ja noch nicht einmal, ob sie die Tür überhaupt öffnen würden. Plötzlich sah ich, wie ein Vorhang an einem der Fenster vorsichtig zur Seite geschoben wurde. Dahinter tauchte ein vor Angst angespanntes Gesicht auf. Es war ein alter Mann. Er sah die Straße zuerst rauf und danach runter. Als er mich bemerkte zog er den Vorhang ruckartig zu.

Warum bleibe ich auch so dumm hier stehen!?

Ich schlug mir in Gedanken gegen die Stirn und ging dann vorsichtig auf das Haus zu.

Jetzt machen sie doch definitiv nicht mehr die Türe auf!

Ich trat langsam durch den Vorgarten die Treppe zur Türe hinauf und klopfte zaghaft. Ich wartete ein paar Sekunden und klopfte dann noch einmal. Immer noch kein Ton.

"Entschuldigen Sie bitte," rief ich halblaut, "ich würde gerne mit Ihnen reden. Ich Ich möchte Ihnen gerne alles erklären." Immer noch nichts.

Ich klopfte noch ein drittes Mal, aber auch dieses Mal antwortete niemand. Ich blieb noch einen Augenblick stehen, dann wandte ich mich von der Türe ab. Während ich durch das kleine Gartentor schritt, um es beim anderen Haus zu versuchen hörte ich schon, wie das Schloss klickte und die Tür mit einem Riegel blockiert wurde. Hoffnungslos trat ich vor die Tür, klopfte und wiederholte, was ich kurz zuvor schon gesagt hatte. Vergebens.

Kurz spielte ich mit dem Gedanken, sie dazu zu bringen die Türe zu öffnen und mich anzuhören, verwarf ihn direkt danach aber wieder. Wenn sie mir zuhörten, sollten sie es freiwillig tun, sonst würden sie am Ende nur noch misstrauischer werden.

Ich machte mich wieder auf den Weg zurück. Ich würde es heute Mittag nochmal versuchen.

"Hatte ich es dir nicht gesagt?" Hatte Chubs etwa nur darauf gewartet, dass ich nach kurzer Zeit wieder in unserem Zimmer auftauchte? Ich rollte mit den Augen und schloss die Tür hinter mir.

"Was gesagt?" Faye und Zu sahen mich neugierig von der Fensterbank aus an.

"Nicht so wichtig." Ich schüttelte den Kopf und ging zu ihnen um auch aus dem Fenster zu sehen.

"Ruby wollte den älteren Leuten, von denen Neil uns erzählt hat, erklären, dass sie keine Angst vor uns haben brauchen." Ich warf ihm einen bösen Blick zu, obwohl ich selbst nicht ganz verstand, warum ich es so schlimm fand, dass er den beiden erzählt hatte, was ich vorhatte. Vielleicht, weil mein Versuch erfolglos geendet hatte.

The Darkest Minds - Battle of MindsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt