Kapitel 31

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Ich wollte zu ihm rennen, ihm dieses arrogante Lächeln aus dem Gesicht schlagen, ihn einer psychischen Folter unterziehen, bis er für all das Leid bezahlt hatte!

Allerdings hatte ich die Rechnung ohne Cole gemacht. Nach zwei Schritten erwischte er meinen Kapuzenpulli und hielt mich so zurück. Zuerst zog ich daran, ignorierte das unangenehme Gefühl an meinen Hals, das mir zeigte, dass ich mich gerade selber erwürgte.

Als ich merkte, dass ich gegen diesen Schrank hinter mir nicht ankam, hörte ich auf zu ziehen und drehte mich um. Ich hob meine Fäuste, um mich frei zu kämpfen, ich konnte an nichts anderes mehr denken, als zu Clancy zu laufen.

Was ich dort tun würde, außer ihn zusammen zu schlagen, wusste ich noch nicht, aber ich war mir sicher, dass ich es wissen würde, wenn ich vor ihm stand.

Ich holte zum ersten Schlag auf Coles Arm aus – ich wollte mich schließlich nur befreien und nicht ihn verletzen – aber er hielt meine Faust mit seiner anderen Hand fest. "Hey, beruhig dich", redete er leise auf mich ein. "Clancy weiß nicht, dass wir hier hinter dem Baum stehen und es wäre von Vorteil, wenn es so bleibt."

"Wieso?", fragte ich, noch immer aufgebracht.

"Weil er sonst alle seine Leute auf dich hetzen wird!? Er hat schon die sieben von eben auf uns angesetzt. Und ich bin mir relativ sicher, dass sie uns eigentlich töten sollten. Wenn sich alle auf dich konzentrieren würden, hättest du keine Chance zu überleben, egal wie viele von uns sich für dich einsetzen!"

Cole hatte Recht. Ich hörte auf, gegen ihn anzukämpfen. "Kannst du nicht so versuchen, Clancys Gedanken zu lesen, um zu wissen wo Liam ist?"

"Ich kann es versuchen, aber ich bin mir nicht sicher, ob Clancy das dann nicht bemerkt", sagte ich unsicher.

"Hast du denn noch eine Idee, wo er sein könnte?"

Ich schüttelte niedergeschlagenen den Kopf.

"Dann ist das wohl unsere einzige Chance ihn zu finden." Er zeigte mit dem Kinn auf Clancy.

Dass er Clancy mit 'Das' bezeichnet hatte, erwähnte ich nicht weiter. Unter anderen Umständen hätte ich es vermutlich witzig gefunden, aber nicht heute. Nicht jetzt. Stattdessen nickte ich nur und richtete meine Aufmerksamkeit auf Clancy.

Es gab keine Probleme, ich kam leicht an die Information, die ich brauchte, denn Clancy hatte teilweise an den Ort gedacht, an dem Liam war. In einem dunklen Keller, ein Stockwerk unter der Erde. Ist ja nicht so schwer.

Aber dann sagte Clancy etwas, dass mich erstarren ließ. Das Leuchten meiner Augen erlosch und ich stolperte rückwärts gegen den Baum.

Die Kämpfe brachen ab.

Clancys Armee hatte ihre Angriffe abgebrochen.

"Ruby!", rief Clancy siegesgewiss. "Ich weiß, dass du mich hörst. Und ich weiß, dass du in diesem Moment herausgefunden hast, wo dein Freund ist." Ich sah ihn schockiert an. Sein Lächeln war eiskalt geworden. Nein, eher so kalt wie flüssiger Stickstoff.

Er drehte den Kopf in meine Richtung.

"Sagtest du nicht, er wüsste nicht, wo ich bin?", flüsterte ich Cole zu ohne den Blick von Clancy abzuwenden.

"Naja", meinte dieser und klang, als würde er mehr sich selbst überzeugen wollen. "Vielleicht weiß er es ja immer noch nicht und guckt nur durch Zufall in unsere Richtung?"

"Eher unwahrscheinlich", murmelte ich, immer noch auf Clancy konzentriert, zurück.

Clancy fixierte mich jetzt und mir wurde schlecht.

Irgendwas war hier los. Irgendwas, das nicht gut war. Gar nicht gut.

"Ich hatte dir einmal angeboten, mit mir für unsere Freiheit zu kämpfen", begann er. "Aber du hast dich gegen mich, und damit gegen die Gerechtigkeit für die Überlebenden, gestellt. Auf die Seite meines Vaters, der mich als öffentlichen Probanden für die Heilung unserer Fähigkeiten benutzte. Er nahm mir meine Würde vor dem ganzen Land! Er wandte sich von mir ab und nahm mir dabei den einzigen Familienteil, den ich noch hatte!"

Seine Stimme bebte vor Wut, trotzdem verstand ich nicht, wie er so laut sein konnte, außer  Ich hielt mir hektisch die Ohren zu. Cole drehte sich verwirrt zu mir, aber ich achtete nicht weiter auf ihn.

Meine Vermutung bewahrheitete sich, Clancys Stimme war genauso laut wie vorher. Er sprach in meinem Kopf, und so wie alle zu Clancy sahen, auch in denen aller anderen.

"Und dir wird jetzt das Gleiche widerfahren!" zischte er. Es klang ohrenbetäubend. "Wenn ich das richtig sehe, weißt du, wo dein Freund ist, stimmt's?"

Ich brauchte nicht zu antworten, er las es in meinen Gedanken. Aber ich hätte sowieso kein Wort über die Lippen gebracht.

Meine Hände fingen an zu zittern, meine Knie drohten weg zu knicken. Ich krallte die Finger in die Rinde hinter mir und starrte Clancy regungslos an.

"Nein, nein, nein  bitte nicht!", wisperte ich immer wieder. Meine Handflächen wurden feucht, mein Rücken kalt.

Clancy entfernte sich von dem Gebäude, die umstehenden seine Armee taten es ihm gleich.

Ich sah, wie Chubs den anderen hektisch bedeutete genauso Abstand von den Mauern zu nehmen. Auch alle anderen warfen sich angsterfüllte Blicke zu, aber ich nahm das alles kaum war.

Meine Aufmerksamkeit war einzig und alleine auf das Haus vor mir gerichtet.

Die Männer und Frauen, die davor auf den Dächern gestanden und uns beschossen hatten, rannten durch die Tür und folgten Clancy.

Nach kurzer Zeit blieb er stehen und lächelte mich vernichtend an. Mir lief ein Schauer über den schweißnassen Rücken.

Und dann ging die Welt in Flammen und Schreien unter.

The Darkest Minds - Battle of MindsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt