Kapitel 20

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Es herrschte absolute Stille im Raum. Dann: "Ich muss mitkommen!"

Ich brauchte einen Moment um zu kapieren was sie da gerade gesagt hatte. "Was?" Ich sah sie fassungslos an. Wir hassten uns! Und jetzt dachte sie, dass ich sie einfach mal so mitnehmen würde und mir ihr Gezicke die ganze Zeit anhören würde?

"Ich. Muss. Mitkommen", wiederholte sie noch einmal langsam.

"Warum sollten wir dich mitnehmen?", fragte Faye vom Fenster aus.

"Weil ich sonst dafür sorgen könnte, dass niemand euch mehr hilft, gegen Clancy zu kämpfen!"

Faye, Chubs und ich sprachen gleichzeitig. "Wie lange belauschst du uns eigentlich schon?", fragte Faye entrüstet.

"Also willst du irgendwann unter Clancys Kontrolle unschuldige Menschen umbringen?", unterstellte ich ihr.

"Willst du uns damit drohen?" Chubs ballte die Hände zu Fäusten.

Faye, Zu und Chubs, die noch gesessen hatten, standen auf.

"Ist ja schon gut." Sie hob die Hände in einer kapitulierenden Geste. Anscheinend hatte sie gemerkt, dass sie definitiv in der Unterzahl war. "Soll ich mich jetzt um deine Schnitte kümmern oder nicht?" Sie sprach wieder so arrogant wie eh und je, aber ich war mit dem Thema noch nicht fertig.

"Wieso bist du hier, aber Nathan bei der League?"

Sie sog genervt die Luft ein. "Du wirst nicht leise sein bevor du es nicht weißt, oder?" Ich sah sie nur stumm an bis sie weitersprach. "Er wurde damals von der League geholt. Ich konnte ein paar Monate später fliehen. Aber ich konnte nicht zu ihm, weil niemand weiß, wo das Gelände der League ist. Außer euch."

Ich nickte und sie versorgte schnell meine Verletzungen. Es dauerte nicht lange und danach verschwand sie wieder. Ich legte mich zurück auf mein Bett.

An die Decke starrend dachte ich darüber nach, wie es Liam jetzt wohl ging. Ob Clancy ihn für seine Armee manipulierte oder ihn folterte damit er ihm Informationen gab? Ich konnte nicht mehr länger nichts tuend herumliegen und mir die schlimmsten Szenarien vorstellen. Ich braucht etwas zu tun. "Hey, Faye, Zu, sollen wir mal gucken, was die anderen hier so machen?"

Die beiden Mädchen sprangen sofort auf und rannten durch die Tür die Treppe runter. Ich lief hinter ihnen her.

Als ich unten ankam musste ich mich erst einmal umsehen, um sie wieder zu finden. Sie liefen gerade durch die Eingangstür nach draußen. "Hey, könnt ihr vielleicht warten. Ich hatte die Idee runter zu gehen! Da ist es irgendwie komisch, wenn ich als Letzte da bin!" Es brachte nichts.

Ich lief weiter, bis ich auf dem Rasen vor dem Gebäude stand. Zu und Faye waren stehen geblieben und sahen zu ein paar Kindern, die eine Art Staffellauf machten. "Na endlich bleibt ihr stehen!", schnaufte ich, als ich bei ihnen ankam.

"Denkst du, wir können bei denen mit machen?" Faye zeigte auf die Gruppe von Kindern die auch mir aufgefallen war und Zu sah mich fragend an.

"Ich weiß nicht, geht doch mal hin und fragt. Hast du nicht schon mal was mit den Kindern hier gemacht, Zu?"

Sie schüttelte den Kopf und zeigte auf das Haus.

"Warum warst du immer nur drinnen?", hakte ich nach. Als Antwort zuckte sie nur mit den Schultern. Ich war mir zwar nicht sicher und wollte kein Vorurteil treffen, aber ich vermutete, dass sie sich zu sehr um uns gesorgt hatte, um viel mit den anderen zu machen.

Faye und sie liefen zu der Gruppe. Sie bestand aus drei Jungen und drei Mädchen in meinem Alter. Faye und ein rothaariges Mädchen wechselten ein paar Worte.

"Willst du nicht mitmachen?" Ich drehte den Kopf zu Chubs, der unbemerkt hinterhergekommen war.

"Denkst du nicht, dass sie lieber alleine spielen wollen? Ich fühl mich irgendwie so erwachsen, seit Liam weg ist und Faye dazu gekommen ist." Ich seufzte.

Chubs schnaubte. "Mit den Seufzern brauchst du tatsächlich nur noch graues Haar und keiner könnte sagen, dass du eigentlich noch ein Teenager bist."

"Na vielen Dank! Deine Aufgabe war es, mich wieder aufzumuntern, Chubs", erwiderte ich augenrollend.

"Ruby, Chubs, wollt ihr mitspielen?" Faye rief uns von ihren neuen Freunden aus zu. "Wenn ihr beide mitmacht, haben wir wieder eine gerade Zahl."

"Warum nicht, bevor du wirklich noch zur Oma mutierst." Er grinste mich gemein an und ich schnaubte empört auf. "Außerdem ist es gut, wenn wir hier mehr Freunde finden."

"Okay", gab ich nach. Wir joggten zu ihnen.

Hi", begrüßte uns ein dunkelhaariger Junge. "Das sind James, Jason, Amanda, Sarah und Cat." Er zeigte jeweils auf die gemeinte Person. "Und ich bin Dylan."

"Eigentlich heiße ich Caitlyn. Aber ihr könnt entscheiden wie ihr mich nennt." Das hellblondhaarige Mädchen lächelte uns freundlich an. "Aber jetzt lasst uns weiterspielen! Welche Farben seid ihr?"

"Charles ist Grüner", antwortete Faye sofort. "Wir beide," sie zeigte auf sich und Zu, "sind Goldene und Ruby – wie ihr wahrscheinlich wisst – ist-"

"Die einzige andere Orangene!", beendete Amanda ihren Satz mit Ehrfurcht in der Stimme. Ich nickte verlegen.

Dylan erklärte uns, dass Sarah und Jason Goldene waren, Amanda war Grüne und Cat Blaue, genau wie James und er und teilte uns in zwei Gruppen. Dann fing er mit den Spielregeln an. "Ihr wisst ja wie Staffellauf funktioniert: Man läuft eine bestimmte Strecke und klatscht dann ab damit der Nächste läuft. Aber wir machen das ganze etwas anders. Als Staffelstab nehmen wir einen Apfel von dem Baum da, wir haben nämlich keinen anderen." Er grinste kurz. "Die Strecke ist von hier bis zu der alten Weide dahinten an dem kleinen Teich und wieder zurück. Wenn der Apfel runterfällt, darf derjenige nicht anhalten, um ihn aufzuheben, sondern der Blaue im Team, der als letztes an der Reihe ist muss dafür sorgen, dass der Apfel wieder in der Hand des Läufers ist, bevor er bei der Übergabe ist. Ansonsten verliert das Team eben Zeit."

"Und was ist mit unserem Team?", fragte Faye.

"Was meinst du?" Ich sah sie verwirrt an.

"Na, in unserem Team ist Dylan der einzige Blaue! Und wenn er läuft und dann den Apfel verliert, was passiert dann?"

"Ach ja, 'tschuldige, hatte ich ganz vergessen. Wenn er mir runterfällt, muss ich ihn selber irgendwie wiederbekommen."

Wir fingen an zu spielen. Am Anfang lag meine Gruppe mit Faye, Dylan, Amanda und Jason vorne, aber dann lief Cat gegen Amanda, was, wie ich kurz nach Cats Start merkte, kein faires Rennen war. Amanda war dank unseres Vorsprungs schon ein paar Meter weiter, aber es dauerte keine zehn Sekunden, bis Cats Team vorne lag – und auch bis zum Ende vorne blieb. Wir spielten noch ein paar Mal, weil Faye unbedingt gegen Chubs und Zu gewinnen wollte.

Danach versuchte ich zum dritten Mal heute, mit den einzigen verbliebenden Einwohnern zu reden.

Der Himmel fing schon an sich orange zu färben und ich hatte nicht viel Hoffnung, dass sie dieses Mal die Türe öffnen würden. Ich klopfte, versuchte wieder sie zu überzeugen, die Türe auf zu machen und wartete auf eine Reaktion. Ich ging davon aus, dass höchstens Schritte zu hören wären, die sich entfernten, aber stattdessen hörte ich welche auf mich zu kommen. Dann vernahm ich schnelles Geflüster von dem ich nur die Hälfte verstand. "... Kommt so oft kann doch nichts Böses wollen Türe aufmachen?" Das war eine Frauenstimme.

Eine tiefe Männerstimme antwortete. "... könnte ein Trick sein "

Die Frauenstimme wurde deutlicher. "Was für einen Grund hätte das Mädchen denn alle drei Stunden herzukommen? Wenn du jemanden umbringen wolltest, würdest du dir dann so viel Arbeit machen, obwohl du auch einfach mit deinen anderen Freunden auftauchen und das Haus einreißen könntest?", fragte sie leicht gereizt.

Der Mann brummte irgendetwas unverständliches, dann hörte ich, wie ein Riegel aufgeschoben und das Türschloss aufgeschlossen wurde. Ich hatte es wirklich geschafft! Die Tür wurde ganz langsam geöffnet. Als genug Platz für einen Kopf war, tauchte der der Frau auf und sah sich ängstlich aber entschlossen um. Ich schätzte sie auf ungefähr sechzig. Es dauerte nicht lange, bis sie mich entdeckt hatte, schließlich stand ich direkt hinter der Türe.

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