drunk again

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-Louis'Sicht-

Meine Hände zitterten, aber der Rest meines Körpers schien unpassend ruhig. Ich hatte kein Herzrasen oder Tränen in den Augen. Mein Kopf war wie ausgeschaltet, ich tat was ich tun musste. Gemeinsam mit Zayn und Niall ging ich den Bürgersteig vom Parkplatz aus entlang. Keiner sagte etwas und obwohl tausende Menschen auf den Straßen Londons unterwegs waren, schien uns die Stille untereinander zu erdrücken. Zayn hatte mich seit dem Anruf von Liam nicht mehr angeguckt. Nachdem er jede einzelne Flasche zu Boden geworfen hatte, war er an Ort und Stelle verharrt. Er starrte einfach die Flüssigkeit auf dem teuren Boden an und sagte nichts. Ich traute mich nicht ihn anzusprechen oder mich gar zu bewegen. Seine Reaktion war heftiger als erwartet, aber nicht so heftig wie sie eigentlich hätte sein können. Es war das dritte Mal, dass er einen Rückfall von Harry erlebte. Für mich hingegen das erste Mal. Vielleicht war ich deswegen so ruhig auf dem Weg zur Bar. Schließlich wusste ich nicht was mich erwartete. Ein betrunkener Harry, natürlich. Aber die Gefühle, seine Reaktion und vor allem die zerbrochenen Überreste vom Lockenkopf, die wir wieder zusammen flicken mussten. Ich wusste nicht wie sich all das anfühlte. Das war der Grund, weshalb ich kurz vor der Tür der Bar stehen blieb. Die Angst packte mich und ließ mich nicht mehr los. Sie ließ mein Herz rasen, meinen Körper zittern. Doch mein Kopf traute sichimmer noch nicht einen klaren Gedanken zu fassen. Es schien weiterhin so, als würde ich die ganze Situation durch Watte betrachten oder vielleicht auch träumen. Ich traute mich nicht das Ganze so nah an mich heran zu lassen, wie ich wahrscheinlich eigentlich sollte. Denn wenn ich es nicht an mich heran ließ, würde es bedeuten, dass die Situation mich in einem unbestimmten Moment überrollen würde. Und dann würde ich nicht bereit dafür sein. „Willst du doch nicht mitkommen?": sah Niall mich mit blassem Gesicht an und verzog dabei keine Miene. Zayn stand neben ihm und nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette, um sie dann auf den Boden zu schmeißen und auszutreten. Niall hatte mir diese Frage vorhin schon einmal gestellt. Sie hatten Angst, dass ich es nicht aushalten würde Harry so zu sehen. Ich teilte diese Angst mit ihnen. Doch ich musste mitkommen. Ich liebte diesen Mann und würde alles dafür geben, dass es ihm besser ging. Doch noch bevor ich dem Iren antworten konnte, öffnete sich die Tür der Bar und für einen kurzen Augenblick hatte ich Angst, dass es Harry sein könnte. Das ich mit ihm konfrontiert werden würde, ohne noch einmal tief durchatmen zu können. Es war aber Liam, der mich mit solch einem traurigen Blick ansah, den ich vorher nur einmal von ihm gesehen hatte; als ich ihm erzählte, dass mit Harry endgültig Schluss war. Heute schwang noch eine Schwere in seinem Blick mit, die mir durch den ganzen Körper zog. So schlimm war der Zustand meines Freundes also. „Ich, ähm... Er sitzt an derBar und hat mich nicht gesehen.": erklärte er kurz, wobei der Wind seine Wörter beinahe zu verschlucken schien. Ich sah hoch zu dem leuchtenden Schild „Scarfes Bar". Ich kannte den Ort nicht. „Danke fürs Bescheid geben.": antwortete Niall, der als Einziger von uns noch einen vernünftigen Satz heraus bekam. Ich weiß nicht warum es leichter bei ihm schien, aber ich war mir sicher, dass er genauso darunter litt wie wir alle. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, weil ich wusste, dass nun die letzte Gelegenheit kam um tief einzuatmen. Kurz schloss ich die Augen, kämpfte gegen die Tränen an und folgte dann den Anderen in die Bar.

Die Bar war gut besucht, doch die meisten Leute saßen an kleinen Tischen. Viele zu zweit, vereinzelt ein paar größere Gruppen. Es roch nach teurem Alkohol und Zigaretten. Das dunkle Holz der Bar passte zu den restlichen Möbeln. Ich schluckte schwer, weil mein Hals so trocken schien. Mein Blick glitt durch den Raum, die Bar entlang und da sah ich den Lockenkopf. Er passte nicht ins Bild mit seiner Jogginghose, dem weißen Shirt und seiner Lederjacke, die er schnell übergezogen haben musste, bevor er einfach verschwand. Er saß krumm auf einem der Barhocker, den Kopf in seine linke Hand gestützt. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, da er sich leicht zur anderen Seite drehte. „Möchtest du, dass ich bei dir bleibe?": ertönte plötzlich Liams Stimme durch all das Gerede der fremden Leute, neben mir. Ich atmete tief aus und starrte den Lockenkopf weiterhin von weitem an. Wieso nur? Wieso war er nicht einfach zu mir gekommen? Wieso schenkte ihm der Alkohol anscheinend mehr Glück als ich? Ich knetete nervös meine Hände und während ich mich zu den Anderen umdrehte klinkte sich plötzlich Zayn ein: „Ich glaub es ist besser, wenn wir zu dritt zu ihm gehen. Wir sollten ihn einfach nach Hause bringen.". Noch nie hatte ich den Schwarzhaarigen so sichtlich nervös gesehen, während seine Worte doch so viel Sicherheit ausstrahlten. Kurz dachte ich an unser Gespräch damals auf der Dachterrasse. Zayn gab sich auch für Harrys dritten Rückfall die Schuld. Für alles. Doch er erwiderte mein Blick nicht, sondern drehte sich wieder in Richtung Tresen. „Wenn ich was für dich tun kann, ich bin wie immer nur einen Anruf entfernt.": zwang Liam sich zu einem Lächeln, tätschelte meine Schulter und verschwand dann. Ich sah ihm nicht nach. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt die Angst im Zaum zuhalten. Sie kroch mir den Hals hoch, während ich nun mit den beiden besten Freunden von Harry zu ihm ging. Und auch wenn ich nur ihre Hinterköpfe sehen konnte, wusste ich, dass wir immer noch unsere Angst teilten. Noch nie war ich so dankbar gewesen, die beiden bei mir zu haben. Was hätte ich Harry alleine schon geben können?

He calls me "Haz" - larrystylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt