birthday tears

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-Harry's Sicht-

Ich saß noch lange in meinem Wagen, der vor den Friedhof parkte. Ich starrte auf das Lenkrad und wischte immer wieder meine Tränen von den Wangen. Lange hatte ich nicht mehr so geweint. Nicht um sie, auch wenn ich sie jedes Jahr an diesem Tag besuchte. Es zerriss mir das Herz, doch ich wusste, dass ich es nicht anders verdient hatte, auch wenn sie das wohl anders sehen würde. Ich lächelte bei dem Gedanken, dass sie vielleicht in diesem Moment auf mich herab sah und sagte: "Sei nicht immer so hart zu dir, das hast du nicht verdient, Harold.". Sie war schon damals so; hat für meine Fehler eingestanden. Alles ausgebügelt, was ich angerichtet habe und das mit einem Lächeln. Sie hat es für mich getan und für niemand anderen. Ich schluchzte auf, mein Brustkorb vibrierte unter meiner Jacke. Es war kalt im Auto, sodass ich meinen Atem sehen konnte, aber die Heizung stellte ich nicht an. Ich brauchte Stille, Zeit für mich und das obwohl ich wusste, dass Louis bei mir zu Hause saß und schon seit Stunden auf mich wartete. Ich hatte ihm, Niall und Zayn nach dem Essen erklärt, dass ich unbedingt noch einmal weg musste, hatte aber nicht verraten wohin ich fuhr. Manchmal fragte ich mich, ob Zayn es wusste, wenn er mir so still zu nickte. Vielleicht war ich in einem Rausch von damals hierher gelaufen und er hatte mich gefunden. Oder meine Mutter hatte es ihm erzählt. Ich wusste es nicht und ich war dankbar, dass er mich darauf nicht ansprach. Vielleicht traute er sich ja nicht. Tief atmete ich ein und sah mich im Rückspiegel an. Die Augen rot angeschwollen und die Haut blass. Ich fror, weil ich zu lange an ihrem Grab gesessen hatte. Erneut wischte ich meine Tränen weg und ärgerte mich wie immer, dass ich die Taschentücher vergessen hatte. Vielleicht ja, weil ich die letzten Male an diesem Tag weniger bis gar nicht geweint habe. Meistens war ich zu high um irgendwas von dem tiefen, brennenden Schmerz in meinem Herzen zu spüren, den ich nun spürte. Schon den ganzen Tag loderte die Flamme in mir und tat mir weh. Und das schlimmste daran war, dass ich sie nicht löschen konnte. Nicht einmal mit Louis, Alkohol oder anderen Substanzen. Ich war am Ende, wollte nicht wieder zurück. Und wieder einmal kam mir der Gedanke, dass ich einfach meinen Wagen anschmeißen könnte und in der scharfen Kurve auf dem Heimweg nicht abbremsen müsste. Das Lenkrad könnte ich gerade halten, dann wäre ich vielleicht schon bald bei ihr. Dann müsste ich das Leben nicht mehr ertragen. Ich startete den Wagen und fuhr los, doch in der scharfen Kurve bremste ich wie jedes Mal ab und fuhr langsam nach Hause. Zu Louis, der auf mich wartete.

Ich schniefte als ich das Loft betrat, weil meine Nase immer noch lief. Ich fror, zog meine Jacke aber aus, hing sie an die Garderobe und schmiss meine Schlüssel in die altbekannte Schüssel. Alles wie immer. So war das eben. Ich machte einfach weiter, obwohl ich manchmal nicht genau wusste wofür eigentlich das Ganze gut sein sollte. Louis, Zayn und Niall wären ohne mich wahrscheinlich weitaus besser dran. Schnell versuchte ich den Gedanken abzuschütteln. Es gab Tage an denen ich das jedoch nur begrenzt schaffte, so wie heute. Ohne jemanden hallo zu sagen, ging ich nach rechts ins Badezimmer und wusch mir die Hände mit warmen Wasser, was ich mir ebenfalls ins Gesicht spritzte. In der Hoffnung nicht mehr so verheult auszusehen, sah ich mich an. Es hatte nichts gebracht und gleich würde Louis mich bestimmt fragen, was denn los sei. Müde atmete ich aus und gerade als ich zu einem der kleinen Handtücher griff, klopfte jemand an den Türrahmen der offenen Tür. Zayn. Er beäugte mich wie immer mit einem wissenden Blick und sah mich einfach an. "Was gibt's?": fragte ich und spielte den Unwissenden, während ich das Handtuch faltete und in einen der Körbe warf. Ich müsste bald mal wieder waschen, stellte ich fest, als Zayn antwortete: "Ich wollte nur nachsehen wie es dir geht. Weil du so lange weg warst, meine ich...". Ich drehte mich zu ihm und sah ihm direkt in die Augen. Es war zwecklos ihn anzulügen, aber ich brauchte das gerade, weshalb ich locker mit den Schultern zuckte: "Alles bestens, mach dir keine Sorgen.". Ich zwang mich sogar zu einem kleinen Lächeln, welches mein bester Freund erwiderte. "Lügen konntest du auch schonmal besser, Styles.": stellte er fest und verschränkte seine Arme vor dem Brustkorb, während er sich seitlich an den Türrahmen lehnte. Genervt atmete ich aus. "Ich will nur noch ins Bett, okay? Dann ist mein Geburtstag endlich wieder ein ganzes Jahr hin und ich kann weiter machen wie bisher.": gab ich nun wesentlich ehrlicher zu und strich mir mit beiden Händen durch das immer noch kalte Gesicht. "Schon gut, aber Louis wartet auf dich. Er hat mich vorhin nach all unseren Kissen und Decken gefragt, weshalb ich glaube, dass er eigentlich einen Filmeabend mit dir vor hat oder hatte. Ich hab ihn seit einer Stunde nicht mehr gesehen. Was wirst du ihm sagen, wo du warst?": war Zayns sanfte Stimme das Einzige was in dieser Wohnung gerade zu hören war. Es war schon fast unangenehm still um uns herum. Selbst von den Straßen konnte ich in diesem Moment keine Autos hören. Kurz schloss ich die Augen und atmete tief ein und aus. Ich wusste nicht was ich Louis sagen sollte, ohne ihn anzulügen. Dabei wollte ich doch unbedingt ein guter Freund für ihn sein. Ich hab ihm versprochen ehrlich zu sein, da sollte es mir nicht so schwer fallen. Zayn wartete auf eine Antwort, wobei ich mich auf den Rand der Badewanne fallen ließ. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und hörte, wie mein bester Freund die Tür schloss und einige Schritte auf mich zu kam. In einem Moment befürchtete ich schon, dass er mich in den Arm nehmen wollte, aber er ließ mir Raum. Das war alles was ich gerade brauchte und nicht noch eine Lüge, die in Louis auftischen musste. Er war alles was ich wollte, aber es war schwer für mich ihn bei mir zu halten, wenn ich so weiter machte. "Er wird merken, dass du lügst.": fügte Zayn vorsichtig hinzu, als könne er mal wieder meine Gedanken lesen. Nach der ganzen Sache mit Hugh und das Ende unserer Freundschaft Plus war er immer noch bedingungslos für mich da. Dabei lag ein wirklich klärendes Gespräch noch vor uns. "Das weiß ich doch, deshalb bleibt mir wohl nichts Anderes übrig als ihm die Wahrheit zu sagen...": schluckte ich und kämpfte gegen das Engegefühl in meiner Brust an. Mein Herz schlug schneller und plötzlich wurde mir am ganzen Körper so warm, dass ich schon begann zu schwitzen. Gestresst und mit hektischen Bewegungen zog ich mir meinen Pullover aus und schmiss ihn auf den Boden. "Hey... Lass dir Zeit, okay? Er wird das verstehen.": kniete Zayn sich nun vor mir in die Hocke und zwang mich mit seinem Blick in anzusehen. Er lächelte sanft. "Aber woher willst du das wissen? Du verstehst es ja nicht einmal selber, oder?": traute ich mich endlich zu fragen wieviel er wirklich wusste. Keine Ahnung woher der Mut plötzlich kam, aber ich starrte ihn in seine braunen Augen an. Er schluckte und stand auf. Mein Blick folgte ihm. "Nicht vollkommen, wenn du es wissen willst. Aber ich kenne dich schon nun so lange, dass ich weiß, wann ich fragen sollte und wann lieber nicht. Dein Geburtstag ist der schlimmste Tag im ganzen Jahr für dich, das sehe ich doch. Selbst Niall sieht wie du dich quälst. Ich weiß nicht wohin du immer gehst, aber wenn du mich brauchst bin ich da. Das weißt du. Du kannst es mir jederzeit erzählen, aber ich muss es nicht wissen. Ich kann ohne das Wissen leben, aber du kannst auf meine Hilfe zählen. Auf die von Louis auch. Er liebt dich und ich weiß, dass er dich deshalb nicht gleich fallen lässt, nur weil du etwas mit dir trägst, worüber du nicht sprechen kannst, Harry.": gab er mit ernster Miene von sich. Erleichtert und enttäuscht zugleich sah ich ihn an. Wenn er von meinem Verlust gewusst hätte, hätte ich es nicht aussprechen müssen. Ich hätte jemanden gehabt, mit dem ich darüber sprechen könnte. Und auf der anderen Seite war ich irgendwie froh, dass er von ihr nichts wusste. Ich kämpfte gegen die Tränen an und erhob mich müde von der Badewanne. Ich nickte kurz, ging auf ihn zu und legte eine Hand auf seine Schuler: "Danke.". Ich hauchte es nur leise, aber es war ehrlich. Ohne Zayn wäre ich damals verloren gewesen. Er war bedingungslos für mich da. 

Leise öffnete ich meine Zimmertür und musste augenblicklich grinsen, als ich sah dass Louis bereits schlief. Er lag auf einem Berg an Decken und Kissen, während der Fernseher noch das Startmenü von der DVD des Filmes "Good Will Hunting" zeigte. Einer meiner Lieblingsfilme. Vorsichtig und bedacht darauf leise zu sein trat ich ein, schloss die Tür und zog mir meine Hose und Socken aus, um mich zu dem schlafenden Wuschelkopf zu legen. Während ich direkt unter eine der Decken schlüpfte, deckte ich ihn zu. Langsam begann er sich zu bewegen und irgendwelche Wörter zu nuscheln. Darunter hörte ich ein "Harry?" was mich erneut grinsen ließ. Er war zu niedlich. Wie hatte ich ihn nur so lange warten lassen können? Er war der Einzige, den ich nun im Arm halten wollte und genau das tat ich. Während er sich verschlafen die Augen rieb, zog ich ihn in mein Arm, sodass sein Kopf auf meinem Brustkorb lag. Im Gegensatz zu meinem äußerlich immer noch kalten Körper war Louis' warm. Ich gab ihm einen langen Kuss auf die Stirn und schloss kurz die Augen. Ich musste an die scharfe Kurve denken, woraufhin mir augenblicklich die Tränen in die Augen schossen. Ich durfte ihn nicht alleine lassen. Nicht nach all dem, was er wegen mir schon durch gemacht hatte. Zudem hatte ich ihn doch gerade erst wieder zurück bekommen. "Tut mir leid, dass es so spät geworden ist. Schlaf ruhig weiter.": flüsterte ich ihm leicht gegen sein Haar, woraufhin er sich jedoch etwas aufrechter aufsetzte und mich mit gekräuselter Stirn ansah. "Ist denn alles gut?": klang seine Stimme immer noch verschlafen, wobei ich ihm eine Strähne aus dem Gesicht strich. Ich zwang mich zu einem Lächeln: "Ja, jetzt bin ich ja wieder bei dir.". Und obwohl Louis mit seiner Fragerei anscheinend noch nicht fertig war brachte ich ihn mit dieser Antwort zum Grinsen. Ich hauchte ihn ein Kuss auf die Lippen und löste mich wieder von ihm. Ich hatte Angst vor der bevorstehenden Frage, weshalb mein Herz schneller schlug. Ich dachte an Zayns Worte und versuchte mich somit zu beruhigen. "Ähm... Wo warst du denn, Hazza?": sah er mich verlegen an und ich schluckte. Mein Kopf war wie leer gefegt und ich wusste nicht mehr was ich sagen sollte. Mir rannen die Tränen erneut über die Wangen, ich konnte sie nicht aufhalten. Louis sah mich mit großen Augen an, während ich begann an die Decke zu starren. Die Flüssigkeit aus meinen Augen glitt mir die Wangen hinunter bis hin zu meinen Ohren. Ich wischte sie nicht weg. Louis, der eben noch wie erstarrt aussah, legte sich wieder zu mir. Den Kopf auf meinem Brustkorb und den Arm fest um mich geschlungen. "Du musst es mir nicht sagen.": hauchte er auf meinen Brustkorb, weshalb ich ihn fester mit dem Arm umklammerte. Mein Herz schlug schwer und schnell. Ich dachte an sie, was sie mir in diesem Moment raten würde und antwortete Louis schließlich doch auf seine Frage: "Auf dem Friedhof. Ich war auf dem Friedhof.". Dann wurde es still. Er fragte nicht weiter und ich erzählte nicht weiter. Er war einfach für mich da. Wir schwiegen und hielten uns fest im Arm bis er einschlief. Ich konnte trotz Müdigkeit nicht einmal an Schlaf denken.

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1995 words.

Das Kapitel liegt mir wirklich irgendwie am Herzen. Wie findet ihr es? Was denkt ihr von Harry? All the love, W.

He calls me "Haz" - larrystylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt