Kapitel 3

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Ich wartete vor Kohanas Haus auf sie. Es war zwar recht früh, aber die Sonne schien schon mit voller Kraft. An diesem Tag schrieben wir unsere Englischarbeit und da sie bei mir gut ausfiel, durfte ich mit zum Trainingscamp der goldenen Woche. Ich machte mir eigentlich keine Sorgen um Daichi und Asahi, doch leider hatten wir Problemkinder im Team. Noya und Tanaka waren komplett am Verzweifeln, glücklicherweise half Ennoshita mir bei denen aus. Kageyama und Hinata dagegen sollten von Tsukishima und Yamaguchi lernen, da aber war ich mir unsicher. Tsukki machte bestimmt Bemerkungen und Kageyama stritt sich nur mit Hinata, der nichts verstand! Das war ein Reinfall, hätten sie das nicht hinbekommen, hätten sie Schläge kassiert.

„Guten Morgen.", eine demotivierte Tominaga trat aus der Tür und sah durch und durch kaputt aus. „Guten Morgen, schlecht geschlafen?", erkundigte ich mich bei ihr, doch sie schüttelte ihren Kopf. „Eigentlich nicht. Ich hab noch für Englisch gelernt und ich sage dir: Ich kann nichts. Dazu sehen meine Erstklässler im Team auch schwarz. Niemand kriegt irgendetwas hin, doch Yui gibt ihnen alle Nachhilfe, damit niemand durchhängt. Und wie läuft es bei dir? Noya hat schon seine Sorge erzählt und dass Takeda euch in das Trainingscamp der goldenen Woche eingetragen hat. Hoffentlich schaffen alle die Prüfungen." Sie hatte also auch Problemkinder im Team. Ich stöhnte genervt auf und erzählte ihr die Teamsituation.

„Noya und Tanaka sind ein Problem für sich, aber du weist das Ennoshita die bändigen kann. Die Erstklässler machen mir viel mehr Sorgen. Tsukishima, der Blonde, ist ein schrecklicher Lehrer! Und wenn sie es nicht schaffen, können sie nicht mitkommen. Ach, und es tut mir leid, dass du erst jetzt die vier kennengelernt hast, obwohl sie schon länger im Team sind." Irgendwie hatte es nie geklappt, dass sich die beiden Teams treffen konnten. Und das fand ich schade. Das Jahr zuvor kamen Noya und Tanaka dazu. Die drei sind wahrhaftige Chaoten, dementsprechend verstanden sie sich sofort.

„Das ist doch nicht schlimm. Die Prüfungen haben angefangen und ich war komplett gestresst. Ich hätte nie gedacht als Kapitän so viele Aufgaben zu haben und in meinem Team sind sechs neue. Eine Katastrophe! Drei Angreifer, zwei Mittelblocker und ein Zuspieler ist eine Zumutung. Natürlich haben paar eine als Schützling genommen und bringen ihnen alles bei, dennoch hab ich eine Zuspielerin an der Backe, die kein Teamgefühl hat! Noch weniger als Kageyama." Ich musste laut lachen. „Schlimmer als Kageyama? Nicht zu glauben!" Sie stieß mir ihr Ellenbogen in die Seite, doch sie erwiderte nichts mehr darauf, da wir schon auf den Schulhof traten. „Warte kurz.", sagte sie mit einer kühlen Stimme und ich bekam automatisch eine Gänsehaut. So emotionslos hört man sie selten.

Mit geballten Fäusten ging sie auf zwei Mädchen zu und schlug ihnen gegen den Hinterkopf. Ich hielt mir mit einer Hand mein Mund zu, damit ich nicht anfing zu lachen. „Was fällt es euch ein, nicht zur Nachhilfe zu kommen?! Ich schwöre euch, wenn ihr Mathe verkackt seid ihr tot! Das Training wird zur Hölle für euch. Ich kann nett sein, aber euren Ass warten zu lassen ist unmöglich!" Die beiden Mädchen wurden komplett blass und verbeugten sich zögernd: „Es tut uns leid, Senpai!" Ohne ein weiteres Wort kam sie wieder zu mir und ergriff meine Hand. Wutentbrannt zog sie mich zu unserem Raum und ich ließ es einfach geschehen. Hätte ich in diesem Moment etwas gesagt, wäre ich ein Kopf kürzer. „Suga!" Ich drehte mich um und sah Hinata, der lachend ein Herz mit seinen Fingern formte. Selbst dieses Kleinkind wusste Bescheid!

Mein ganzer Körper war wie elektrisiert und tausend Schmetterlinge flogen in meinem Magen. Wahrscheinlich war ich auch hochrot, doch sie war in Rage und achtete zum Glück nicht auf die Umgebung. Seufzend ließen wir uns auf unseren Plätzen nieder und ich konnte nicht anders als zu grinsen. Es war einfach niedlich, wenn sie sich aufregte und es war witzig, dass alle über meine Gefühle Bescheid wussten, nur Kohana reagiert darauf nicht.

„Während ihr zu den Shinsen fahrt, verbringt mein Team Zeit mit dem Mädchenteam der Shiratorizawa. Sie haben echt gute Spieler und ich will das die Ersten mitkommen und sich darauf fokussieren können, wodurch ich keine schlechten Noten sehen will.", erklärte sie ihre Frust. Die Shiratorizawa hatte unglaubliche Teams, egal ob Jungen oder Mädchen, sie waren bekannt. Irgendwie kam in mir ein ungutes Gefühl auf, das leider berechtigt war. „Das Jungenteam kommt wahrscheinlich auch, immerhin ist es eine gute Chance für jeden mit den besten zu trainieren. Ushiijma ist Top drei Japans und Nanami Kurusaga ist Platz zwei. Klar Mei ist Platz vier und Yui Platz drei bei den Liberos, dennoch ist es beeindruckend. Bokuto ist bei den Top 5 und auch bei der goldenen Woche, viel Glück!" Ihr Lächeln kam wieder auf und ich musste es erwidern, auch wenn mir nun schlecht wurde. Sie trainierte mit den größten Volleyballspielern der Oberschule! Dazu hieß es, dass ich sie eine Zeitlang nicht sah.  „Danke." Ich wäre lieber dageblieben und hätte auf sie aufgepasst. Klar, sie war kein Kleinkind mehr, aber trotzdem. Ich machte mir einfach Sorgen. „Guten Morgen, Klasse!", unsere Lehrerin trat ein und die Hölle begann.

„Und wie war für euch die Prüfung?" Ich begab mich in die Halle und schritt ausgelaugt zu Daichi, Asahi und Kiyoko. „Ganz okay und bei dir?", erkundigte sich Daichi bei mir. „Dasselbe, aber Kohana wäre fast ausgerastet in der Prüfung. Na ja, wir wissen, wie schlecht sie in diesem Fach ist." Ja, das lag ihr echt nicht, hingegen Naturwissenschaften ihr Ding war. „Hab ich mir schon gedacht. Die anderen ziehen sich noch um. Takeda-sensei will gleich etwas zum Camp sagen. Weißt du ob die Mädchen heute kommen?" Ich schüttelte mein Kopf als Antwort auf Asahis Frage. Die waren komplett beschäftigt, verständlich als eins der besten Teams in Miyagi. Wortlos half ich Kiyoko beim Aufbauen und beobachtete schmunzelnd die anderen. Es war wieder Leben ins Team gekommen.

Ich übte mit den anderen paar Strategien und half Kageyama beim Zuspiel. Er hatte wirklich viel Talent und das machte mir Angst. Früher war meine Sorge, dass Kohana mich fallen ließ, weil sie so gut war und deshalb auf die Shiratorizawa geht, doch sie blieb bei mir. Sie war immer meine Stütze und Volleyball war das, was sie mir näherbrachte und ich wollte es nicht wegen einem Erstklässler verlieren! Jemand legte seine Hand auf meine Stirn und ich erschrak. „Hey, alles gut?"

Meeresblaue Augen betrachteten mich besorgt und mir schoss Hitze in den Kopf. „Hast du Fieber, Suga? Du sahst so gequält aus." Meine Augen weiteten sich als ich realisierte, dass Kohana vor mir stand und alle uns anstarrten. Was machte sie bei unserem Training? „Liebe liegt in der Luft!", trällerten Noya und Tanaka, aber Tominaga reagierte nicht darauf. „Wenn du dich fragst, wieso ich hier bin, mein Training ist zu Ende. Du solltest aber eine Pause machen. Dein Gesicht ist komplett rot." Tsukishima lachte im Hintergrund laut und Daichi schlug sich mit seiner Hand gegen die Stirn. „Es ist alles gut!" Doch sie schien mein Gesagtes nicht wahrzunehmen, da sie meine Hand ergriff und mich zu einer Bank schleifte. „Juckt mich nicht! Suga, du siehst echt ungesund aus, wenn man es nett ausdrücken will." Tsukishima konnte sich nicht mehr beherrschen und sprach drauf los:

„Das klang so als sehe er noch hässlicher aus als sonst und er steht auf dich! Kann eine Krankheit sein, aber Leute nennen das Gefühle, Tominaga!"

Die kleine, zerbrechliche BlumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt