Kapitel 15

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„Guten Morgen, Suga! Wo ist denn Ko?" Daichi stand neben meinem Schultisch. Der Himmel war von Wolken bedeckt und ich sah von meinem Tisch auf. „Sie ist krank", murrte ich unzufrieden und beobachtete wie Daichis Blick von besorgt zu amüsiert wechselte. „Du kannst echt nicht ohne sie", lachte er und ließ sich auf sein Platz nieder, welches vor meinem war. Ja, ich kann nicht ohne sie. Kohana war meine zweite Hälfte. Ich würde gerne sagen, wir waren Seelenverwandte, aber unsere Seelen waren nie verbunden. Unser Leben waren nie ein großes Ganzes und das könnten sie auch niemals werden. An diesem Tag war sie krank und die Welt schien farblos.

„Was ist mit Suga los?", hörte ich die Erstklässler Kiyoko fragen. „Tominaga ist krank und Sugawara kann das nie verarbeiten." Es war einfach so öde ohne sie. Es war eigentlich nichts Erstaunliches, denn nach Turnieren war sie immer krank. Daran hatte ich mich zwar gewöhnt, dennoch nahm es mich immer mit. Das lag wahrscheinlich daran, dass ich sie nicht mal besuchen konnte, weil ihr Vater bei sowas echt streng war. Er wollte völlige Ruhe für sie, weshalb niemand auf ein Krankenbesuch kommen durfte. Und wenn wir Hausaufgaben vorbeibrachten, übergaben wir es immer ihm. Es war mir wirklich suspekt wieso er nicht wollte, dass wir sie sahen, jedoch war auch dies ein Puzzleteil.

„Sugawara-senpai, spiel mir bitte zu!", rief Hinata zum ersten Mal. Ich blickte erstaunt auf und ging mit schnellen Schritten auf ihn zu. Noya warf ein Ball in meine Richtung, den ich so gut wie möglich zum Mittelblocker spielte. Keine Sekunde später ertönte ein lautes: „Woaah!" Viele verlangten daraufhin ein Zuspiel von mir und ich wusste, sie wollten mich nur ablenken. Das tat aber gut. Ich wusste natürlich, dass es ganz normal ist krank zu sein, dennoch machte ich mir abnormale Sorgen. Ich war selten ohne sie in der Schule, wodurch ich mich alleine fühlte. So als würde etwas fehlen. Und sie fehlte mir unfassbar sehr. Mit jedem Zuspiel wuchs in mir das Verlagen sie anzurufen und mich zu erkundigen, doch ich wusste, ich sollte mich auch mal auf mich konzentrieren. Kohana war achtzehn Jahre alt und kein kleines Kind, sie würde wieder gesund.

„Hey!" Zwei Mädchen, eine mit kurzen braunen Haaren, die andere mit blonden Haaren, kamen in die Halle. Mei und Yui. „Wollt ihr mittrainieren?", fragte Ennoshita die beiden, doch sie lehnten ab. Es hat mich sehr überrascht die Volleyballspielerinnen zu sehen, denn sie kamen nie zu uns, nur wen Kohana sie zwang. Es war nicht so, dass sie uns nicht mochten, die beiden waren einfach zu unmotiviert andere beim trainieren zu beobachten. Dazu hatten sie einen geplanten Ablauf, während wir das trainierten, was gerade wichtig war. Die beiden mochten Strukturen.

„Ich wollte nur Daichi und Sugawara sagen, dass ich ihr die Aufgaben bringe. Sie wollte sowieso ein Bericht über unser Training hören, weshalb ich das gleich mache und ihr nicht gehen müsst. Na ja, das war's! Viel Erfolg noch", sagte die Libera und ihre Worte waren wie ein Messerstich. Sie konnte Kohana sehen. Die beiden lösten mich ab. Sie nahmen mir diese Möglichkeit. Die beiden gingen auch schon wieder und ich quälte mich nun elendig durch das Training. Ich wollte und konnte nicht mehr. Es tat weh, dass sie Tominaga sehen konnten, hingegen mir das nicht gestatten war.

Ich verließ das Schulgelände und wartete darauf, dass Kohana den Anruf annahm. Diese paar Sekunden fühlten sich wie eine Ewigkeiten an. „Hey, Suga", ihre Stimme klang schwach. „Hey, wie geht es dir? Was ist los, Ko-chan?" Es herrschte eine Minute Stille. Ich überquerte einen Fußgängerüberweg und lief geradeaus. Wäre ich in diesem Moment nach rechtsabgebogen, hätte ich bei ihr klingeln können. Jedoch lief ich zu mir nach Hause. „Ich hatte starke Bauchschmerzen, Erbrechen und leichtes Fieber. Nichts schlimmes, aber du kennst mein Vater er macht sich einfach grauenhafte Sorgen seit ihrem Tod." Ja, ich weiß, dass Sota übervorsichtig geworden war. Ihre Mutter starb sehr früh. Ich glaube da waren wir fünf Jahre alt und in dieser Zeit lebte Kohana eine Zeitlang bei mir. Wir bekamen kaum was mit, da unsere Familien nicht wollten, dass wir leiden oder gar ein Trauma entwickelten.

„Suga, du bist wieder in Gedanken versunken", merkte sie an und ich atmete schwermütig aus. „Sie war eine tolle Frau", flüsterte ich in den Hörer. „Ja, das war sie. Aber du weißt, ich kann mich nicht an ihr Gesicht, ihre Stimme oder ihre Persönlichkeit erinnern. Ich war jung und mein Gehirn löschte diese Momente zur Verarbeitung. Ich konnte sie nicht wirklich kennenlernen. Meine Familie ist mein Vater, deine Eltern, du und Asahi, Daichi, sowie Kiyoko." Das war die Seite von Kohana die nicht strahlte. Wir redeten eigentlich nie über ihre Mutter, denn Tominaga schämte sich dafür, sie vergessen zu haben. Ihr Wunsch war immer nicht vergessen zu werden und diesen Wunsch werde ich ihr erfüllen. „Mein Name passt in solchen Momenten, oder?" Es war weniger eine Frage als eine Tatsache, dennoch antwortete ich. „Ja, 'kleine, zerbrechliche Blume' passt sehr gut. Aber ich will wissen wann du wider kommst?"

„Diese Woche wahrscheinlich nicht, aber mach dir keine Sorgen mir geht es gut. Ich will nur wieder zu 101% gesund werden. Versprochen!"

„101%?", lachte ich.
„Natürlich!"

Die kleine, zerbrechliche BlumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt