Kapitel 35

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Während sie redete schritt sie mein Zimmer auf und ab. Vier Schritte in die eine, vier Schritte in die andere Richtung. Sie erzählte von Diane, wie sie sie mit einem Kollegen im gemeinsamen Bett erwischt hatte, als sie von einem Lehrgang kam. Wie sie in freudiger Erwartung ihre Frau überraschen zu können die Türe aufgeschlossen hatte. Sie erzählte es detailliert, um bei mir nicht den Gedanken aufkommen zu lassen, sie würde Informationen zurückhalten, jedoch merkte ich, wie manche Details weder ihr noch mir sonderlich gut taten. Ihre Augen spiegelten Emotionen so vielfältig wie die Farben eines Regenbogens. Sie erzählte von dem darauf folgenden riesigen Streit, ihrer Wut, ihrer Verzweifelung, ihrem überstürzten Auszug, Dianes ständigen Anrufen, ihrem hoffnungsträchtigen Neubeginn in Lizard und endete mit der Internatstour.

>>...von einer Schülerin, die mich täglich aufs neue um den Verstand bringt.<< Jenny verstummte und sah auf ihre Hände, verschluckte die letzten Worte beinahe.

Vollkommen perplex, sprachlos und ohne Idee, was ich auf das alles antworten sollte starrte ich sie an. So viele Informationen in so kurzer Zeit schienen alles gewesen zu sein, was es auf die Schnelle dazu zu sagen gab und waren doch nur ein Bruchteil der Gesamten Geschichte. Ihrer Geschichte. Meine Augen huschten über Jennys Gesicht.

>>Bitte sag etwas Zoe.<< flüsterte diese.

>>Warum hast du es mir nicht früher gesagt?<< fragte ich dann schließlich, denn irgendwie war es das, was mich die ganze Zeit störte.

>>Ich glaube ich habe es selbst versucht zu verdrängen, um wirklich gänzlich neu zu beginnen. Mein Plan war es, im Stillen die Scheidung hinter mich zu bringen und dann den Titel 'Miss' mit Recht tragen zu dürfen.<< erwiderte sie, was nur eine weitere Frage aufkommen ließ.

Ich schluckte schwer. >>Das heißt, wäre dir das gelungen, hättest du mir den Teil deiner Vergangenheit verschwiegen?<<

>>Ne- ne- nein! Zoe, das wollte ich damit nicht sagen. Aber wie du dir vielleicht denken kannst, warst du nicht von Anfang an Teil meines Plans. Du ... naja du hast den Plan zielstrebig gekreuzt würde ich sagen. In vielerlei Hinsicht.<< Jenny schmunzelte leicht, fast kaum wahrnehmbar. >>Ich habe den richtigen Moment einfach nicht gefunden und das soll keine Entschuldigung sein.<< ergänzte sie dann.

>>Wie habt ihr euch kennengelernt?<< fragte ich einfach weiter, ohne auf Vorheriges einzugehen.

>>Diane und ich waren beide an derselben Universität. Tatsächlich sind wir uns die ersten paar Male in der Bibliothek über den Weg gelaufen und schließlich war sie diejenige, die mich nach meiner Nummer fragte und sogleich auch auf einen Café einlud. Da war ich etwa neunzeuhn, fast zwanzig und ein Jahr später haben wir geheiratet, aber unsere Eltern haben uns in allem Unterstützt. Lächerlich früh, wenn ich jetzt so darüber nachdenke. <<

Ich nickte, um dann eine Frage zu stellen, die mir bereits die ganze Zeit im Kopf herumschwirrte. >>Liebst du sie noch?<<

Augenblicklich blieb sie stehen. Jennys Blick fiexierte meinen, wanderte von einem Auge ins andere. Sie rang nach Worten, wahrscheinlich Erklärungen. Wie hatte ich diese lange Pause zu deuten?

Dann schüttelte sie bedacht den Kopf. >>Nein, nicht mehr. Sie war Jahre lang der wichtigste Mensch in meinem Leben und es würde mich wohl nicht noch immer so fertig machen, wäre sie mir vollkommen egal. Zoe, ich will diese Jahre nicht missen, denn sie waren wohl die besten meines bisherigen Lebens und sie vergessen zu wollen wäre als würde ich mich vergessen wollen. Denn ein schlechtes Ende ist natürlich nicht gleichzusetzen mit einer gescheiterten Ehe. Aber das alles schließt auf keinen Fall aus, das nicht bessere Jahre folgen können.<< sie sah mich zum allerersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit mit einem warmen Blick an.

Thoughts - Wenn die Liebe anders denkt (gxt) (GirlxTeacher)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt