Kapitel 41

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Frisch geduscht wanderte ich ein wenig zwischen Jennys Zimmern umher. Zwar war ich hier insgesamt schon ein paar Male gewesen, jedoch dann nur in Begleitung von Jenny. Ohne uns abzusprechen, war es trotzdem jetzt selbstverständlich gewesen, dass ich hier so mir nichts dir nichts duschte und mich an Jennys Klamotten bediente, eigene hatte ich schließlich nicht mehr holen können. Ich suchte mir eines ihrer übergroßen Shirts und eine Shorts zum schlafen aus, beides roch frisch nach ihrem Waschmittel. Sowieso roch ich samt Jennys Kleidung gerade wie eine originale Kopie meiner Freundin, als Resultat der Nutzung ihres Shampoos und ihrer Creme. 

Irgendwie war der Gedanke, dass ich mit meiner, wie ich sie jetzt stolz nennen durfte, Freundin, und weniger stolz, Lehrerin, unter einem Dach wohnte ohne wirklich zusammen zu wohnen, komisch. Witzig komisch, wenn man bedachte, dass wir somit nicht auf die süße "Wir ziehen zusammen"- Weise dieses Dach teilten, sondern eben auf die "Hotel mit gewissen Vorzügen"- Weise. Ich hatte hier mit Lilly meine beste Freundin, mit meinem Onkel ein Stück Familie, mit Jenny meine feste Freundin und mit dem ganzen Rest auch noch (zu meiner enormen Freude) meine Schule. All inclusive Hotel mit bester Magda-Küche.

Ich ging vom Schlafzimmer in die kleine, aber mit allem Notwendigen ausgestattete Küche und suchte mir einen Topf, Nudeln und einen Rest Pesto zusammen. Bei dem Gedanken an Magda hatte mein Magen zu knurren und mein Mund beinahe zu sabber begonnen. Viel zu bieten hatte der Kühlschrank allerdings nicht, was zwar angesichts meiner hohen Ansprüche durch drei täglich von Madga gezauberten Mahlzeiten, verständlich war, allerdings nur ein kleiner Trost, wenn ich daran dachte, dass Jenny gerade bei Kerzenschein mit Elaine im Restaurant diverse Köstlichkeiten verspeiste.

Keine 15 Minuten später hatte ich mein Sterneessen zubereitet und spazierte mit der dampfenden Schüssel in der Hand zurück in Jennys Schlafzimmer. Im Schneidersitz setzte ich mich vor ein kleines Schränkchen, das mir während der T-Shirt Suche aufgefallen war. Ich drehte das ebenso kleine hölzerne Knöpfchen und öffnete die Schranktür. Dahinter kamen mehrere Fotoalben und eine Kiste mit einzelnen Fotos zum Vorschein. Ich war neugierig, fühlte mich aber schlecht einfach so zu stöbern. Schließlich waren das hier, vor mir, Jennys sorgfältig nach Jahren sortierte Erinnerungen. Das oberste Bild in der Kiste war ein Hochzeitsbild von Jenny und Diane. Jenny sah unglaublich schön aus und zu meinem Verdruss musste ich zugeben, dass Diane dem in keinster Weise nachstand. Es versetzte mir einen kleinen Stich zu sehen, wie Jenny ihre Frau einmal angesehen hatte. Der Drang weiter durch die Bilder zu gehen war groß und wuchs zusehens, aber lieber wollte ich warten, bis ich Jennys ausdrückliche Erlaubnis hatte. So verschloss ich den kleinen Schrank wieder, behielt diesen interessanten Ort aber präsent in meinen Gedanken. Ich setzte mich auf die Kante des Betts, das mitten im Raum stand und sah nach draußen zur gerade untergehenden Sonne. Das warme letzte Licht tauchte das Schlafzimmer innein wunderschönes Abendrot. Die Tage wurden immer länger und ich freute mich riesig auf den Sommer. Wenn ich endlich den ganzen Lernstress hinter mir lassen konnte und keine Sommerferien mir vorgaben, wie lange ich die warmen Tage auch genießen durfte. Auf der einen Seite war ich gespannt, was die nächsten Monate für mich bereithielten, welchen Berufsweg ich einschlagen, in welche Stadt es mich ziehen und welche Menschen ich kennenlernen würde. Jedoch stresste mich diese Ungewissheit auch. Die Zukunft für Jenny und mich war noch voller Fragezeichen. Nur eines war klar, nämlich dass wir uns diesen Fragezeichen stets gemeinsam stellen würden. Und die Gewissheit, dass auch Jenny so dachte, beruhigte mich. Ich schaute mich weiter um, ließ meinen Blick über die Möbel, Deko und vereinzelte Kleidungsstücke gleiten, bis ein kleines Bild, nicht viel größer als eine Bankkarte, meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Es lehnte an Jennys Nachttischlampe, am Fuße gesützt von einem ihrer Romane. Ich rückte näher und erkannte mich darauf, wie ich in Bristol die 'Clifton Suspension Bridge' betrachtete. Mein Herz schmolz ein kleines Stück dahin, als Reaktion auf diese süße kleine Geste Jennys.

Thoughts - Wenn die Liebe anders denkt (gxt) (GirlxTeacher)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt