Kapitel 4 ~Summertime Sadness~

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Nach dem Abendessen saß ich noch ein bisschen mit Sam und Brandon draußen und wir tranken gemütlich ein zwei Bierchen, während Esmira mit Barney auf der Wiese herumtollte.
Ich hatte inzwischen nicht mehr so ein großes Problem mit Alkohol wie früher und trank gelegentlich gerne mal ein Gläschen Wein oder eben wie heute ein Bier.
Natürlich hielt sich das alles in Grenzen, da ich immernoch nicht sonderlich viel vertrug und ich vor der Kleinen sowieso nicht alkoholisiert sein wollte.

Es war ein wunderschöner Spätsommerabend und als die wärmenden Sonnenstrahlen sich nur noch vereinzelt durch die Baumkronen der umstehenden Bäume kämpften, war es Zeit, dass der kleine Engel ins Bett kam.
Natürlich gab das ein riesen Drama, weil Esmira partout nicht schlafen gehen wollte, aber nachdem Brandon ein Machtwort gesprochen hatte und auch Sam sich ausnahmsweise mal nicht auf ihre Seite stellte, kam die Kleine schließlich mit mir ins Haus.
"Mami biiiiitteeee...", bettelte Esmira, schaute mich mit ihren großen Augen extra traurig an und klimperte mit den unverschämt langen, tiefschwarzen Wimpern.
Doch ich blieb stark und irgendwann gab die Kleine das Jammern tatsächlich auf.
Ich machte sie also bettfertig, wartete bis sie es sich in ihrem Bett gemütlich gemacht hatte und musste dann selbstverständlich -so wie an jedem anderen Abend auch- noch eine Geschichte vorlesen.
Und so wie jeden Abend nahm ich mir die Zeit dafür, setzte mich mit dem Buch zu meiner Tochter aufs Bett und sie lauschte gebannt meinen Worten, auch wenn sie die Geschichte eigentlich so langsam auswendig kennen müsste...
Und egal wie müde die Kleine vom vergangenen Tag auch war, sie blieb immer bis zum allerletzten Wort wach und hörte mir aufmerksam zu, auch wenn sie -so wie heute- offensichtlich gegen ihre Müdigkeit ankämpfen musste.
Als ich fertig war schlug ich das Buch zu und musste lächelnd feststellen, dass Esmiras Kopf bereits tief ins Kissen eingesunken war und ihre Augenlider vor Erschöpfung flackerten.
Trotzdem konnte man in ihren glänzenden Augen immernoch die unbändige Energie erkennen, die in ihr schlummerte und mich spätestens am nächsten Tag wieder auf Trapp halten würde.
Ich beugte mich über meinen Engel, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und wünschte ihr eine gute Nacht, was sie mit einer festen, klammernden Umarmung erwiderte.
"Ich hab dich ja auch lieb!", meinte ich beschwichtigend und strich ihr behutsam mit meiner freien Hand über den Rücken. Mit der anderen Hand musste ich mich abstützen, um nicht jeden Moment umzufallen.
Dann ließ Esmira sich urplötzlich zurück ins Kissen fallen, murmelte ein kaum verständliches "gute Nacht Mami" und schloss dann die Augen.
Lächelnd stand ich auf und verließ möglichst leise das Zimmer.
Die Kleine war wirklich etwas Besonderes.
Noch halb in meinen Gedanken versunken machte ich mich wieder auf den Weg nach unten und durch die noch offene Gartentür klang mir das unbeschwerte Gelächter der Männer entgegen.
Gleichzeitig verspürte ich jedoch auch einen kühlen Luftzug, der durch die Tür hereindrang, was mich dazu veranlasste, mir eine Wolldecke von der Couch zu schnappen, bevor ich zu den beiden nach draußen ging.

"Gute Nachrichten!", begrüßte mich Sam mit einem breiten Grinsen als ich Terrasse wieder betreten hatte.
Etwas verwirrt aber natürlich auch nicht weniger gespannt schaute ich zwischen Brandon und ihm hin und her.
"Du darfst morgen schießen", erklärte Brandon und sofort hellte sich mein Gesichtsausdruck auf.
"Wirklich?!", rief ich begeistert.
"Ja, Sam meint, das würdest du dir sehr wünschen und dass du in letzter Zeit sehr unglücklich bist. Ich wollte zwar eigentlich nicht, dass meine Prinzessin lernen muss mit einer Waffe umzugehen, aber wenn ich dir so helfen kann, dann werde ich meiner wunderbaren Frau diesen Wunsch natürlich erfüllen!", erklärte Brandon und ich fiel ihm dankbar um den Hals.
Dann setzte ich mich auf seinen Schoß und breitete die Decke über uns aus, da es ohne die Sonne tatsächlich relativ schnell kühl wurde.
Die Nacht schien ihren kalten Schatten regelrecht über uns auszubreiten und ich war froh die Decke und natürlich Brandon zu haben.

Es gab noch einiges zu erzählen und viel zu Lachen. Ich liebte diese abendlichen Gespräche mit Brandon und Sam und genoss auch dieses in vollen Zügen.
Denn ich wusste, dass diese Unbeschwertheit schon bald wieder vorbei sein könnte.
Besonders nun, wenn der Sommer zu Ende ging, bedrückte mich der Gedanke, ohne Brandon zu sein.

Es war einfach zu schön, meine eigene kleine Familie zu haben, und wenn Brandon nicht dauernd unterwegs sein müsste, wäre einfach alles perfekt.
Fast schon zu perfekt, zu unbeschwert...

So schnell wie diese kleine Sorge sich in meinen Kopf geschlichen hatte, war sie auch schon wieder verschwunden und ich konnte mich wieder über die gemeinsame Zeit mit den Jungs freuen.
Wir waren wirklich ein gutes Trio und schienen von Tag zu Tag enger zusammenzuwachsen.
Wenn dann noch Layla dazu kam, war die kleine Gang komplett, aber die Tante meiner Tochter hatte sich in letzter Zeit kaum hier in der Pampa blicken lassen.
Im Gespräch mit Brandon und Sam erfuhr ich nun auch wieso.
Mein Mann machte nämlich endlich kein riesen Geheimnis mehr aus seinen Machenschaften und so langsam bekam ich die Anflüge eines Durchblicks.
Jedenfalls wusste ich, dass Julien und Brandon durch Drogen- und Waffengeschäfte an ihr Geld gekommen waren.
War ja auch klar, dass hier nichts wirklich legal war...
Aber daran würde ich wohl nichts ändern können...
Durch die Vereinigung mit Wayne, der natürlich das gesamte "Unternehmen" einschließlich des Vermögens seines Vaters geerbt und fortgeführt hatte, wurden alle Geschäfte ausgeweitet.
Und das bedeutete dummerweise auch mehr Probleme.
Besonders eine Gang, die wohl auch den Anschlag damals sowie Taras Tod auf dem Gewissen hatte, machte immer wieder Probleme.
Sie nannten sich Carriords.
Layla war ihnen nun schon seit mehreren Monaten auf der Spur und in dieser Zeit hatte ich kaum ein Lebenszeichen von ihr erhalten.
Ich machte mir so langsam wirklich Sorgen um meine Freundin, doch Brandon versicherte mir immer wieder, dass es ihr ganz sicher gut ging und dass sie alles im Griff hatte.

Trotzdem war die Gefahr, die mich seit dem Tag an dem Brandon Blackeyl mich entführt hatte zu verfolgen schien, noch lange nicht gebannt und deshalb musste Brandon als Gangboss natürlich auch oft weg, um die eine oder andere Sache zu regeln...
Und trotz aller Sicherheitsmaßnahmen wollte mich der schreckliche Gedanke nicht loslassen, dass die Carriords uns eines Tages hier finden könnten...
Schon viel zu oft hatte ich von solchen Szenarien geträumt und war sofort in Esmiras Zimmer gestürmt, um nachzusehen, ob es meinem kleinen Engel auch wirklich gut ging.
Und jedes Mal hatte sie tief und fest geschlafen und nichts und niemand -nichtmal ihre panisch atmende Mutter- hätte diesen Frieden stören können...

Und trotz dieser tief sitzenden Angst um meine Tochter war da immer noch mein unbändiger Freiheitsdrang, der von Tag zu Tag stärker zu werden schien.

Aber es war ja schon mal ein großer Schritt für mich, dass Brandon mir jetzt endlich zeigen wollte, wie man ordentlich mit einer Waffe umgeht... Eine Sache, an die ich vor nicht all zu vielen Jahren noch keinen Gedanken verschwendet hätte. Zu dieser Zeit hätte ich wahrscheinlich jeden für verrückt erklärt, der mir einen so tödlichen Gegenstand in die Hand gedrückt hätte... Ich hätte die Waffe sogar vor Angst sofort weggeworfen...
Und heute?
Heute war ich ein anderer Mensch.
Ich war nun offiziell Mrs Blackeyl und ich würde allea tun, um meine Tochter und den Rest meiner neuen Familie zu beschützen. Und dazu war eine Waffe im Notfall eben bestens geeignet...

Hallöchen!
Für alle, die noch dabei sind ist hier ein neues Kapitel.
Ich freue mich wie immer über jegliches Feedback und hoffe, dass euch meine Geschichten nach wie vor gefallen!

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