Kapitel 16 ~Be our guest~

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Ich wachte in einer Zelle wieder auf.
Hier gab es nicht sonderlich viel Platz.
In der Ecke stand eine ungemütliche Pritsche, aber was hatte ich auch anderes erwartet?
Immerhin hatte ich durch einen Vorhang abgetrennt eine Toilette und ein Waschbecken, was mich wirklich sehr erleichterte.
Aber ansonsten gab es nichts in diesem tristen Raum.
Ich stand langsam auf, ging zum Waschbecken und spritzte mir einen Schwall kühles Wasser ins Gesicht, in der Hoffnung, so einen klaren Gedanken fassen zu können.
Dann saß ich eine Zeit lang einfach nur da und starrte auf diese verdammte Tür.

Was war nur passiert?
Wieso war ich nur so dickköpfig gewesen?
Warum hatte ich nicht auf Brandon gehört?
Jetzt könnte ich alles verlieren...
Ich hatte die Situation noch aussichtsloser gemacht.
Ich war einfach viel zu naiv.
Hatte ich denn in all den Jahren nichts gelernt?!

Die Situation machte mich verrückt.
Ich weiß nicht, wie viele Stunden ich einfach nur dort auf dieser armseligen Pritsche verbracht hatte.
Einige Male war ich auch eingeschlafen aber an ein Zeitgefühl war hier drin nicht zu denken...
Einzig und allein mein immer stärker werdender Hunger zeigte mir, dass ich schon viel zu lange nichts mehr gegessen hatte und dass ich wohl schon längere Zeit in dieser Zelle verbracht haben musste...

Und dann nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich irgendwann die Tür.
Im Flur standen zwei gut gebaute Männer, die mich ohne jegliche erkennbare Emotion anstarrten.
„Steh auf und komm her", meinte einer von ihnen monoton.
Es dauerte einen Moment, bis ich auf die Aufforderung reagieren konnte.
Ich hatte kaum Kraft und war dazu noch völlig dehydriert, da ich in der ganzen Zeit nicht mal einen Schluck Wasser bekommen hatte...
Langsam richtete ich mich auf der Pritsche auf und hatte erst einmal mit einer Schwindelattacke zu kämpfen.
„Los!", brüllte einer der Männer so laut, dass ich augenblicklich zusammenzuckte und aufsprang.
Das tat meinem Kreislauf gar nicht gut.
Im nächsten Moment sah ich die Welt nur noch verschwommen umkippen und schlug kurz darauf mit einem dumpfen Knall auf dem Boden auf.
Ich war noch einigermaßen bei mir und hörte die Männer entnervt schnauben, bevor sie mich unsanft unter den Achseln packten und mich aus der Zelle schleiften.
Ich versuchte, wieder Halt unter meinen Füßen zu bekommen und eigene Schritte zu gehen, doch das wollte mir nicht so richtig gelingen.
Ich war einfach zu schwach.
Das war nicht gut...
Wenn die beiden Kerle mich in diesem Zustand zu ihrem Boss brachten, würde er sofort denken, ich sei so zerbrechlich wie andere Frauen.
Das das war ich eigentlich nicht mehr.
Ich war eine Blackeyl und wusste, dass ich nun stark sein musste. Ich durfte keine Schwäche zeigen und das schon gar nicht vor diesem Feind...
Reiß dich zusammen, Lyana!
Und da war er wieder: der Boden unter meinen Füßen.
Wenn auch etwas wacklig lief ich nun auf eigenen Beinen zwischen den beiden Männern her, bis wir schließlich wieder vor dem Spanier mit den giftgrünen Augen standen...
Sofort hatte ich wieder seinen Blick vor Augen, der sich in mich hineingebohrt hatte, als er mich fast erwürgt hätte, und mir lief ein kalter Schauder über den Rücken.

„Ach da ist sie ja endlich!", meinte der Spanier und schaute mich mit aufgesetztem Lächeln an.
Wie beim letzten Mal sagte er etwas auf Spanisch und die anderen beiden Männer verschwanden.
Damit kam ihr Boss mir ganz nah.
„Komm Babe, ich habe etwas für dich vorbereitet...", säuselte er mir leise ins Ohr und ich folgte ihm widerwillig in einen riesigen Raum.
Das hier konnte schon wieder nichts Gutes bedeuten.
Was hatte der Kerl vor?
Seine Überheblichkeit ließ die Wut und den Hass in mir aufsteigen, aber gleichzeitig machte der Mann mir auch Angst...
Obwohl der Raum so riesig war, gab es hier keinerlei Einrichtungsgegenstände außer einem langen Tisch mit genau zwei Stühlen.
Keine Deko, keine Tischdecke, keine Wandbemalungen...
Nur dieser überlange Tisch voller Essen...
Doch auch wenn ich unglaublich Hunger hatte, wollte ich beim besten Willen nichts davon anrühren.
„Bitte nimm Platz", meinte der Spanier und deutete auf den Platz auf der anderen Seite des Tisches.
Zögernd ging ich zu meinem zugewiesenen Platz und setzte mich langsam.
Das tat gut, da mein Körper eigentlich immernoch zu schwach war, um mich auf den Beinen zu halten.
„Was willst du von mir?!", fragte ich schnippisch und setzte einen möglichst kühlen Blick auf.
„Das könnte ich dich auch fragen, meine Liebe. Schließlich bist du in meine Festung gekommen. Ich hatte gar nichts damit zu tun; du hast es mir viel leichter gemacht als ich es mir erhofft hatte, du..."
„Du weißt genau, was ich will!", fuhr ich wütend dazwischen.
Offensichtlich amüsiert von meiner Wut schaute mein Gegner mich an.
„Ich will meine Tochter sehen!"knurrte ich und fixierte ihn mit entschlossenem Blick.
„Lass uns doch erstmal etwas essen, Babe. Schließlich bist du mein Ehrengast", erwiderte der Spanier seelenruhig und machte mich damit nur noch wütender.
„Ich werde nichts anrühren!", antwortete ich knapp.
„Oh bitte. Die leckeren Speisen sind nicht vergiftet, Babe. Gift ist nicht mein Stil. Ich möchte vor meinen Opfern stehen und ihnen tief in die Augen schauen, während ich ihnen eine Kugel in den Kopf jage, ein Messer zwischen die Rippen ramme oder einfach langsam warte, bis meine Hände an ihrem Hals die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn lange genug unterbrochen haben. Gift ist viel zu unpersönlich", erklärte er und sein Blick ließ mich erahnen, wie sehr er es tatsächlich genoss das Leben aus den Augen seiner Opfer weichen zu sehen.
Und es ekelte mich an.
Er ekelte mich an.
Der Gedanke daran, dass ein Monster wie er meine Tochter in seiner Gewalt hatte, ließ mich erschaudern.
Wer weiß, woran diese Kreatur noch Gefallen finden würde...

„Tu mir einen Gefallen, Babe und trink wenigstens etwas. Sonst fällst du mir bald in Ohnmacht und ich muss dich per Infusion ernähren. Ich brauche dich noch ein bisschen. Danach kannst du von mir aus dehydrieren... Aber ich weiß, dass du unglaublich Durst hast also trink bitte!", forderte der Spanier kaltblütig.
Ich zögerte. Sollte ich wirklich aus diesem Glas trinken?
Welche Signale würde ich ihm senden, wenn ich erst auf seine Aufforderung hin trinken würde?
Ich wollte stark sein. Ich wollte ihm keine Macht über mich geben...
Nur leider hatte er etwas, was mein Körper dringend brauchte... Wasser!
„Trink jetzt verdammt! Ich hab deine Sturheit satt!", brüllte der Spanier plötzlich und seine wütende Stimme hallte an den Wänden das Saales wider, sodass ich vor Schreck zusammenzuckte.
Völlig perplex über seinen plötzlichen Wutausbruch schaute ich ihn an.
„Na los", knurrte er bedrohlich und hatte sich bereits nach vorne gelehnt.
Er stützte sich mit den Händen auf dem Tisch ab und war schon halb aufgestanden, wahrscheinlich, um im nächsten Moment auf mich zu zu stürmen, um mir Gott weiß was anzutun.
Vor Schreck und Flüssigkeitsmangel zitternd griff ich nach dem Glas und führte es langsam an meine Lippen, wobei mich der wütende Mann am anderen Ende des Tisches bei jedem Schluck beobachtete.

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