Kapitel 18 ~Only want you~

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„Marcel bitte... Da war noch nie etwas zwischen uns..., sprach ich die verheerenden Worte aus, „Es tut unglaublich gut, dich wiederzusehen, aber ich liebe Brandon nach wie vor über alles und alles was ich will, ist ihn wiederzusehen..."
„Du wirst hier niemals lebend rauskommen, Süße. Nicht wenn du nicht über mich auf die Seite der Carriords wechselst", meinte Marcel in einem Tonfall, den ich so gar nicht von ihm kannte.
„Du weißt genauso gut wie ich, dass das niemals passieren wird!", gab ich schnippisch zurück.
Wie konnte er nur so etwas sagen?
Er hatte sich verändert...
Er war ganz anders, als ich ihn in Erinnerung hatte...
„Dann tut es mir leid für dich, Hübsche... Aber ich bin mir sicher, du wirst es dir noch anders überlegen", erwiderte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Die Tatsache, dass er kein Tshirt trug, machte diese Geste noch unangebrachter.
Doch noch bevor ich hätte protestieren können, hatte er sich meine Tochter geschnappt und war auf dem Weg zu Tür.
„Nein!", japste ich.
„Doch, wir müssen jetzt gehen. Wenn uns jemand hier bei dir sieht, bekommen wir alle Probleme", kam es kühl zurück.
„Hier, ich will nicht dass du verdurstest. Das Wasser aus dem Hahn ist trinkbar...", knurrte er fast schon widerwillig und hielt mir einen Pappbecher vor die Nase.
Wie gütig...

„Zieh wenigstens dein Tshirt wieder an...", murmelte ich und hielt es ihm trotzig entgegen.
Was war nur aus meinem damals so guten Freund geworden?
Er setzte Esmira wieder ab und sie kam nochmal zu mir gelaufen.
„Ich habe dich lieb, mein Engel, vergiss das nicht!", meinte ich ehrlich und schenkte ihr einen liebevollen Blick. Denn wer wusste schon, ob sie mich jemals wiedersehen würde...
Doch noch bevor sie mir etwas hätte antworten können, hatte Marcel sie schon wieder an sich genommen.
„Nein! Bitte nimm sie mir nicht wieder weg! Bitte!", rief ich flehend, aber Marcel hatte viel zu schnell die Tür erreicht und ließ sich nicht beirren.
„Ich hab dich lieb, Esmira! Ich komme dich bald holen, das verspreche ich dir!", rief ich meiner Tochter noch nach, bevor die Tür ins Schloss fiel und wieder alles still war...

Was war nur mit Marcel los?
Er hatte sich definitiv verändert...
Das war nicht mehr der Marcel, den ich kannte...
Nicht mehr der Marcel, dem ich vertraute und dessen Kommentare ich zugegebenermaßen manchmal vermisst hatte.
Nein, dieser Marcel war anders...
Etwas war hier mit ihm passiert.
Doch konnte ich ihm das böse nehmen?
Konnte ich ihm böse sein, dass er mit dem Feind zusammenarbeitete, wenn ich es Schuld war, dass Brandon ihn verbannt hatte?
Diese Frage würde wohl noch länger in meinem Kopf ihren festen Platz haben.

Jedenfalls war ich sehr froh, dass es meiner Tochter gut ging.
Sie hatte augenscheinlich nicht mal einen Kratzer abbekommen, was mich etwas beruhigte.
Außerdem schien Marcel auf sie aufzupassen und sie hatte, auch wenn sie es nicht wusste, in Sams Bruder ein wenig Vertrautheit gefunden.
Sie war nach wie vor mein kleiner Engel, der unglaublich sorgenfrei durchs Leben ging und das fand ich sehr erleichternd.

Und doch war da immernoch dieses düstere Gefühl der Hilflosigkeit.
Und diese verdammte Einsamkeit, die mich immer wieder einholte, wenn Brandon nicht bei mir war.
Die Einsamkeit war so stark, dass sie die Erleichterung darüber, dass es meiner Tochter gut ging, sehr schnell überdeckte.
Alles, was ich wollte, war in Brandons Armen zu liegen und mich in seinen wunderschönen Augen zu verlieren.
Und schneller als ich sie hätte bekämpfen können, bahnten sich auch schon die ersten Tränen den Weg in meine Augen.
Viel zu schnell holte mich die Welle der Trauer und Verzweiflung ein und drohte, mich zu verschlucken.
Doch ich wehrte mich nicht.
Ich hatte keine Kraft dazu. Ich wollte mich auch nicht mehr wehren. Vielleicht sollte es einfach so sein...
Der Gedanke daran, Brandon nie mehr wieder zu sehen, machte mich verrückt.
Zu wissen, dass das alles meine Schuld war, weil ich nicht auf ihn hören wollte, machte alles nur noch schlimmer...
Ich wollte nur ihn...
Ich wollte mich bei ihm entschuldigen, da ich das Gefühl hatte, alles ruiniert zu haben.
Denn jetzt wo ich ihn verlassen hatte, merkte ich umso mehr, wie sehr ich ihn brauchte und wie sehr ich ihn liebte.

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich wieder beruhigt hatte.
Ich musste hier raus...
Ich musste wieder zu Brandon, koste es was es wolle.
Wo war mein Kampfgeist nur geblieben?
Ich war eine Blackeyl, verdammt!
Es wurde höchste Zeit, wieder neue Energie zu bekommen...
Ich durfte mich nicht von diesen Bastarden brechen lassen...

Langsam trottete ich zum Waschbecken und füllte den Pappbecher, den Marcel mit gegeben hatte, mit Wasser.
Mit meiner Erfrischung machte ich mich wieder auf den Weg zu Pritsche.
Ich hörte, wie sich jemand im Flur an der Tür zu schaffen machte.
In der Hoffnung, dass mein kleiner Engel gleich durch diese Tür stolpern würde, setzte ich mich auf und starrte in Richtung Flur.
Doch schon die schweren Schritte verrieten mir, dass das nicht meine Tochter war...
Im nächsten Moment stand einer dieser Wachmänner vor mir.
Misstrauisch schaute ich ihn an und riskierte einen unauffälligen Blick über seine Schulter.
Er war alleine...
Offenbar glaubte dieser Spanier, er hätte mich gebrochen und ich könnte mich nicht gegen einen seiner Männer wehren.
Na das wollten wir doch mal sehen.

Plötzlich schien ich hellwach zu sein.
Das Blut pulsierte regelrecht in meinen Adern und meine Gedanken kreisten blitzschnell in meinem Kopf herum - auf der Suche nach einem Fluchtplan.
Doch für großartige Planung blieb keine Zeit.
Mit einer blitzschnellen Bewegung schleuderte ich meinem Gegenüber das Wasser aus dem Becher ins Gesicht, sodass er kurz orientierungslos war.
Dieses minimale Zeitfenster nutzte ich, um ihn mit einem gezielten Schlag gegen den Schädel außer Gefecht zu setzen.
Ich war selbst überrascht, dass dieser Bewegungsablauf, den ich so lange geübt hatte, tatsächlich zu funktionieren schien.
Ich ging in die Hocke und beugte mich über den regungslosen Körper, um die Waffe meines Gegners zu nehmen.

Doch gerade als meine Hand diese berührte, hatte der Wachmann blitzschnell seine Hand ausgestreckt und schnürte mir damit die Luft ab.
„Schlampe!"
Mein Schlag hatte wohl doch nicht die erwünschte Wirkung erzielt.
Doch eine Hand um meine Kehle und eine einfallslose Beleidigung konnten mich nicht mehr so schnell aus dem Konzept bringen.
Dafür hatte ich damit leider schon zu viele Erfahrungen gemacht...
Der Typ dachte wohl, ich wäre jetzt überfordert und würde hilflos nach Luft schnappen, denn er achtete gar nicht mehr auf meine Hand, die seine Waffe nun fest umschlossen hielt.
Sein Pech...
Mit all meiner Kraft schleuderte ich ihm die Waffe an den Kopf und sofort ließ der Druck um meinen Hals nach und seine Hand fiel schlaff zu Boden.

Ich vergewisserte mich kurz, dass er diesmal wirklich liegen blieb, schnappte mir noch sein Funkgerät, stieg dann über den bewegungslosen Wachmann und lief auf den Flur.
Vorsichtig schaute ich mich um.
Der Typ war tatsächlich alleine gewesen.
Das war zu einfach...
Doch darüber wollte ich nicht nachdenken.
Es wurde höchste Zeit, dass ich hier wegkam solange noch niemand hier war.
Ich drehte das Funkgerät ganz leise, sodass es mich hoffentlich nicht verraten würde, ich aber trotzdem hören konnte, wann die Jagd nach mir losgehen würde...
Im besten Fall sollte ich es noch vorher irgendwie hier raus schaffen. Doch ich hatte keine Ahnung, wo ich war oder wie ich aus dieser Festung herauskommen sollte...

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