Immer sie! - Teil 8

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Die Zeit rann durch meine Finger, während ich Dominiks Arbeit erledigte. Ich hatte nicht das Gefühl qualifiziert genug dafür zu sein. Ich war doch erst seit ein paar Monaten mit meinem Studium fertig und nun sollte ich hier über die neuen Kampagnen entscheiden. Sollte dabei irgendetwas schief gehen, würde Dominik sicherlich mich dafür verantwortlich machen und ich konnte wieder einmal meine nur spärlich vorhandenen Sachen packen. Dann würde ich mir meine Wohnung nicht mehr leisten können, müsste zurück zu meinem Vater ziehen und der ganze Terror würde wieder von vorne beginnen.
Nein, irgendwie musste ich das bis 16 Uhr schaffen und gleichzeitig auch noch eine saubere Arbeit abliefern. Wenn Dominik nur wüsste, in was er mich da hineingeritten hatte. Dennoch bezweifelte ich stark, dass es ihn auch nur annähernd interessieren würde. Eigentlich sollte ich darüber nachdenken, warum genau ich inzwischen Dominiks Sekretärin war, aber dafür hatte ich einfach keine Zeit. Ich musste unbedingt Thomas anrufen, sobald ich heute zu Hause war. Vielleicht verstand er es...

Ohne anzuklopfen betrat jemand mein Büro und machte die Tür hinter sich leise, aber fest zu. Neugierig blickte ich von meinem Bildschirm auf, während ich die letzten Zeilen einer interessanten Idee beschrieb. Da ich sowieso nur wenig Zeit zum Nachdenken hatte, war ich mehr als überrascht ihn hier vor mir zu sehen. Somit waren die vier Wahnsinnigen heute doch noch komplett.

„Was machst du hier?", sagte Markus, während er sich in meinem kleinen neuen Büro umsah.

Langsam sah ich zu ihm auf, ließ meine Hände von der Tastatur in meinen Schoß wandern und nestelte nervös an meinem blitzblauen Kleid herum. Den weißen Blazer hatte ich inzwischen ausgezogen.

„Ich fasse für Dominik Kampagnen..."

„Nein, ich meine, was machst du in meinem Stock?", fragte Markus nun ernster. Seine Lippen waren immer zusammengepresst. Wenn er so weiter machte, hatte er bald gar keine mehr. Ungeduldig tippte er mit seinen Fingern seitlich auf seinem Oberschenkel herum.

„Dominik hat mich..."

„Würde dieser Mensch nur einmal seine Entscheidungen mit uns absprechen", seufzte Markus genervt, während er sich selbst mit der Hand gegen die Stirn schlug. Aufmerksam und alarmiert verfolgte ich Markus Bewegungen. In meinem nicht gerade geräumigen Büro schritt er auf und ab, bevor er vor der Fensterscheibe stehen blieb. Mit beiden Händen stützte er sich am Fensterbrett ab und ließ den Kopf hängen. Markus nahm einen tiefen Atemzug und richtete sich gleichzeitig wieder auf. Langsam drehte er sich zu mir um und sah mich mit seinen stechend blauen an:

„Ich kann dir nicht versprechen, dass du lange hier bleiben wirst."

Langsam nickte ich und fand überraschenderweise meine Stimme. Ich hatte Markus noch nie so sanft erlebt.

„Das ist in Ordnung", sprach ich. Markus dürfte nicht mit dieser Antwort gerechnet haben, denn seine Augen weiteten sich für einen kurzen Moment.

„Ich werde mit Dominik reden", sagte Markus und wandte sich zum Gehen. Leise fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.

Jedes Jahr im Sommer genoss ich das Gefühl nach ein paar heißen Tagen, wenn in der Luft eine gewisse Spannung lag und man eine Vorahnung hatte, dass in den nächsten Stunden ein riesen Gewitter ausbrechen würde. Dasselbe Gefühl hatte ich in diesem Moment, nur konnte ich es so gar nicht genießen.

Zehn Minuten vor Ende meiner Abgabefrist wurde ich endlich fertig und begann, mir den Text noch einmal durchzulesen. Um 15:57 Uhr war das Projekt geschafft und ich sendete Dominik eine E-Mail mit sämtlichen Dateien.

Jetzt hatte ich noch eine Stunde Zeit und keine Ahnung was ich tun sollte. Daher beschloss ich mein Büro ein wenig gemütlicher zu machen. Ich öffnete sämtliche Jalousien und ließ die Sonne herein. Anschließend schob ich meinen Schreibtisch ein Stück nach vor, sodass ich jederzeit den Ausblick über Wien genießen konnte. Würde es sich überhaupt auszahlen mein Büro umzustellen, wenn Markus mich sowieso weghaben wollte? Aber besser ich tat auch diese Stunde etwas, als zu warten bis die Zeit verging. Ich packte die paar Stifte aus, welche ich mitgenommen hatte und beschloss mir noch etwas mehr Büromaterial zu besorgen. Ich hoffte, dass beide Stockwerke gleich aufgebaut waren und der Lagerraum sich an derselben Stelle befand. In meinen weißen Pumps stöckelte ich durch die leeren Gänge und fand wonach ich suchte. Soviel ich tragen konnte, nahm ich mit und verstaute alles in meinem neuen Reich. Nun sah es zumindest etwas gemütlicher aus.

Immer sie!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt