Immer sie! - Teil 14

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Wie in Trance verließ ich die Toilette und wurde gleich nachher von Dominik „rein zufällig" begrüßt. Vorsichtig und charmant drappierte er meinen weißen Blazer auf meinen schmalen, zerbrechlichen Schultern. Anschließend legte sich sein Arm wie selbstverständlich um meine Taille und er führte mich zurück zur Bar. Miriam und Anja konnte ich nicht mehr entdecken. Die Bar war von den Alphamännern der Agentur eingenommen worden und sie hatten alle anderen sicherlich verscheucht. Nur Johann konnte ich leider nirgends entdecken. Er wäre mein Wehrmutstropfen in dieser Situation gewesen. Nicht nur, weil er meiner Meinung nach, der freundlichste Mensch dieser Welt war, sondern auch, weil er der einzige Mensch auf diese Welt zu sein scheint, dessen Wort für Dominik einen Hauch von Bedeutung hat. Aber egal, ich musste nur diese eine Nacht überstehen und würde schon bald wieder ein freier Mensch sein. Vielleich konnte mir Thomas auch finanziell unter die Arme greifen, damit ich meine Wohnung behalten konnte. Aber eins nach dem anderen.

„Was möchtest du?", fragte mich Dominik, nachdem wir bei der Bar angekommen waren.

„Gehen", antwortete ich immer noch in Gedanken und begriff erst nach Dominiks verwundertem Blick, dass ich dieses eine Wort gerade laut gesagt habe. Der erstaunte Blick meines Chefs hielt sich für ein paar wenige Augenblicke, bevor er sich langsam zu mir lehnte und vorsichtig in mein Ohr hauchte:

„Geh, Prinzessin, wenn du dich traust."

Seine Aussage quittierte er mit einem schmutzigen Grinsen und lehnte sich wieder von mir weg. Schockiert blieb ich wie angewurzelt stehen. Ich konnte es nicht fassen, dass ich das gerade laut gesagt hatte. Würde Dominik nun meinen Plan durchkreuzen?

„Nimm einen Schluck, bevor du mir umfällst. Ich verspreche dir, Elina, heute Abend wird dir nichts passieren", versprach mir mein psychopathischer Chef und drückte mir ein schweres, rundes Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit in die Hand. Die Eiswürfel klackerten im Glas, während sich am Rand die ersten Kondenstropfen bildeten.

So wie es mein ganzes Leben lang schon machte, tat ich, wie mir geheißen und nahm einen kräftigen Schluck des Whiskeys. Wenn er mich schon die ganze Zeit Prinzessin nannte, warum bestellte er mir dann Whiskey statt Prosecco? Würde das nicht viel eher zu seinem Frauenbild passen?

Die warme Spur, die der Whiskey in meinem Körper hinterließ, erinnerte mich daran, dass ich noch lebte und momentan in der denkbar schlechtesten Situation befand. Ich hatte Thomas doch versprochen, mich so weit wie möglich von sämtlichem Wahnsinn fernzuhalten. Aber jetzt stand der Wahnsinn 1,90 Meter groß neben mir und wollte den Abend mit mir verbringen.

„Wenn du mir diesen Abend als Wiedergutmachung schenken willst, dann solltest du auch mit mir reden, Prinzessin", forderte mich Dominik heraus. Zur Sicherheit nahm ich gleich noch einmal einen großen Schluck, bevor ich schließlich sämtlichen Mut in meinem Körper zusammenkratzte und die Frage stellte, die mich schon seit gestern beschäftigte:

„Was willst du eigentlich von mir?"

Dominik grinste. „Du solltest bessere Fragen stellen, wenn du mich unterhalten willst. Was ich von dir will, habe ich schon gesagt. Ich möchte einen netten Abend mit dir verbringen."

„Warum?", fragte ich weiter und konnte mein Pech noch immer nicht fassen. Ich wollte doch einfach nur in Ruhe mein Geld verdienen und endlich das Leben leben, auf das ich schon so lange gewartet habe.

„Weil du mir gefällst", grinste Dominik nun weiter und vor lauter Schreck nahm ich den nächsten Schluck aus meinem Glas, dass ich somit geleert hatte. Sofort hob Dominik den Zeigefinder und der Barkeeper kam mit zwei gefüllten neuen Gläsern angerannt.

„Bitte nicht", entfleuchte meinen Lippen, ohne dass ich es aufhalten konnte.

„Eigentlich sollte ich jetzt beleidigt sein, Prinzessin. Aber ich tue einmal so, als würdest du keinen zweiten Whiskey wollen. Obwohl du deinen ersten hinuntergeschüttet hast, als hättest du dein Leben lang nichts anderes gemacht", stelle mein psychopathischer Chef fest und drückte mir das zweite Glas in die Hand.

Immer sie!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt