Schon wieder waren war da, wo wir begonnen hatten. Wir bewegten uns einen Schritt nach vor und dann wieder drei zurück. Ich könnte versuchen mir irgendwie zu erklären, was wir hier machten, doch es würde uns auch keinen Schritt weiterbringen. Der Kuss dauerte an. In meinem Kopf spielte ich währenddessen sämtliche Szenarien durch, wie es hier weitergehen könnte. Doch ich fand kein realistisches. Deshalb schaltete ich meine verwirrten Gedanken ab und gab mich diesem Monster hin. Um Luft ringend zerfloss ich in seinen Händen, die sich mittlerweile überall auf meinem Körper befanden. Meine Hände lagen auf seiner stolzen Brust. Vielleicht wollte ich damit symbolisieren, dass ich noch nicht vollkommen verloren war und Dominik immer noch wegstoßen konnte. Doch sowohl er als auch ich wussten, dass es in einem erbärmlichen und vergeblichen Versuch geendet hätte.
„Den Rest hebe ich mir für Freitag auf", sagte mein Chef mit einem Grinsen und war wieder in einen halbwegs charmanten Mann zurück verwandelt. Aber nicht nur er war wieder, wer auch immer er war. Auch ich wurde wieder zu mir selbst und brachte kein Wort mehr heraus. Meine Hände lagen immer noch auf seiner vermutlich tätowierten Brust, während ich ihn mit großen Augen anstarrte. Laut atmete ich die letzte Luft aus meiner Lunge aus und ließ meine Stirn gegen seinen Brustkorb sinken. Ich gab mich geschlagen. Ich hasste diesen Mann. Er war für so viel Leid, für so viel Schmerz und vor allem für so viel Angst verantwortlich und dennoch zog ich gierig seinen Geruch beim Atmen ein. Ich verachtete diesen Mann.
Ich war absolut sprachlos. Meine Gedanken überschlugen sich. Aber ich war stumm. Seine Hand zog meinen Kopf an meinen Haaren wieder in seine ursprüngliche Position, doch ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. Ohne eine Sekunde oder ein Wort zu verlieren, drehte ich mich um und steuerte die Tür an, durch die wir gekommen waren. Würde sie offen sein?
Als ich nur noch einen Schritt von der Tür entfernt war und meine Hand gerade nach der Klinke greifen wollte, ertönte hinter mir eine Stimme:
„Ich bin nicht das Monster, für das du mich hältst."
Ich blieb stehen, doch ich drehte mich nicht um. Meine Hand verharrte auf der Klinke, doch irgendwie konnte ich sie nicht nach unten drücken. Ich wollte hier weg, nichts anderes auf der Welt wollte ich so sehr, und dennoch wollte ich wissen, was er noch zu sagen hätte.
„Markus war die meiste Zeit bei ihr. Ich weiß nicht, was er mit ihr gemacht hat. Er spricht nicht darüber. Ich habe dafür gesorgt, dass ihr Vergewaltiger seine gerechte Strafe bekam. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte ich ihrem Vater mit allem Geld gerettet, doch man konnte nichts mehr machen. Verdammt, ich habe sogar ihr Auto neu herrichten lassen, nachdem eine Verrückte es zerkratzt hat. Ich bin kein Monster."
Dominik stand immer noch vor seinem riesigen Bett am Podest oben und hielt dort wie der Erlöser höchstpersönlich seine Predigt.
Nach wie vor drehte ich mich nicht um. Meine Hand am Griff zitterte. Warum wusste ich auch nicht.
„Aber dennoch ist Ava gesprungen", sagte ich entschlossen und endlich fand ich die Kraft, diese Tür zu öffnen, was zu meiner Überraschung gelang. Gleich den Himmelstoren sah ich Dominiks überdimensionale Türen als meine Rettung. So schnell es meine Schuhe zuließen, eilte ich ihnen entgegen.
Mitten im Büro wurde ich aber von einer dumpfen, ziemlich wütenden Stimme eingeholt. Bereits das erste Wort brachte mich dazu, zur Salzsäule zu erstarren.
„Woher kennst du ihren Namen? Ich habe ihn dir nie gesagt."
Ach. Du. Scheiße. Diese drei Worte hallten durch meinen Kopf, während die Gedanken sich überschlugen. Sarah hatte ihn mir gesagt. Sarah wollte, dass ich alles darüber rausfinde. Ich wusste einiges, nämlich, dass man niemanden für Avas Selbstmord verantwortlich machen kann. Dominik hatte mir heute mehrfach einen Mord gestanden, vermutete ich. Dennoch glaubte ich nicht daran, dass man ihm es je nachweisen konnte. Wie sollte ich erklären, dass ich Avas beste Freundin kannte? Hatte sie nicht gesagt, dass Dominik ihr so viele Steine wie möglich in den Weg legt? Wenn er von Sarah wüsste, würde er zum Berserker werden. Irgendeine Ausrede musste her. Hatte Markus nicht einmal Ava zu mir gesagt? Markus war hier die einzige glaubwürdige Ausrede.
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Immer sie!
ChickLitFortsetzung von "Warum ich?" Elina entkam ihrem strengen Vater durch einen neuen Job in der Werbeagentur D&H. Bereits seit ihrem ersten Tag hat sie das Gefühl, der Geist der Vergangenheit spukt durch die ganze Firma. Während sie versucht ihr Leben...