Ein ohrenbetäubender Knall über meinem Kopf ließ mich am Sonntagmorgen senkrecht aus dem Bett fahren. Mit weitaufgerissenen Augen scannte ich mein altbekanntes Zimmer ab, in das ich für die letzten zwei Tage einquartiert worden war, konnte jedoch keinen Grund für dieses Geräusch erkennen. Ermattet ließ ich mich wieder auf meine Bettkante sinken und warf einen zaghaften Blick auf den Wecker, der auf meinem Nachtkästchen stand. 7: 30 Uhr stand auf der elektronischen Anzeigetafel und ließ mich ein frustriertes Brummen ausstoßen. Ich hätte noch eine halbe Stunde schlafen können, bevor ich hätte aufstehen müssen! Eine ganze halbe Stunde! Doch nun war ich bereits wach und tapste barfuß auf die bodentiefen Fenster zu, die nach draußen auf den Balkon führten. Nach einem herzhaften Gähnen öffnete ich eines von beiden und trat einen Schritt nach draußen. Obwohl es schweinekalt war, blieb ich einen Moment lang draußen stehen und genoss die eisige Stille, die noch über dem gesamten Gelände lag. Und für einen Moment, für einen winzigen Wimpernschlag, war wieder alles in Ordnung. Ich wusste, warum ich mich hier so lange so wohl gefühlt hatte. Rums! Ein weiterer Schlag direkt über mir, ließ mich erneut zusammenzucken. Schnell flüchtete ich wieder nach innen, bevor die Person über mir noch weitere Attacken plante.
„Michi? Bist du sicher, dass ich wirklich alles dabeihabe?" fragte ich zwei Stunden später, während ich nervös an meinem Daumennagel kaute. Doch ich war an diesem kühlen und nebligen Morgen nicht die einzige, der die Nervosität ins Gesicht geschrieben stand. Der gesamte Stalltrakt P, in dem die meisten Pferde standen, die in wenigen Stunden in den Flieger nach Wellington steigen würden, summte von den aufgeregten Stimmen der Reiter oder Pfleger. Pferde wurden hin und hergeführt, Pfleger wuselten mit den letzten wichtigen Utensilien umher, die die Reiter zuvor noch vergessen hatten. Der Einzige, der völlig unbekümmert auf der Stallgasse stand und dem Gewusel entspannt zusah, war mein bärtiger Schwabe, der wie mein Anker im Sturm wirkte. Ein gutmütiges Lächeln schlich sich auf sein wettergegerbtes Gesicht, als er den Mund öffnete, um mir zu antworten: „Ach Val, des schaukled mir doch logger! Des isch ja schließlich ned dei erschdes Durnier! Und jetzt auffi, gucksch, dass de nochmal in dei Zimmer gesch, dass da nix mehr rumliegt, und dann bringsch dein Koffer schon mal zur Cafeteria! Ich schau inzwischa, dass des alles glatt läuft hier!" Es dauerte einen Moment, bis ich seine schwäbischen Worte durchdrungen hatte, doch dann legte ich kurz dankend meine Arme um seinen mächtigen Körper, der eine beruhigende Wärme ausstrahlte, und verließ dann mit langen Schritten den, vor Aufregung immer noch summenden Stall.
„Uff, uff, uff!" mit einem Hechtsprung rettete sich Sam in letzter Sekunde noch in den Aufzug, in dem ich bereits auf die Taste 0 für das Erdgeschoss gedrückt hatte und brachte ihn so dazu, die halbgeschlossenen Türen wieder zu öffnen. Schnell riss sie an ihrem monströsen Gepäckstück, das sich bei genauerer Betrachtung als ein vorsintflutlicher Koffer herausstellte, der an seiner gesamten Längsseite unzählige kleine Macken aufwies. Als hätte die Rothaarige meinen skeptischen Blick bemerkt, fing sie wissend an zu grinsen und verteidigte sich mit einem Schmunzeln: „Heyy, lass mich, der Koffer hat mich schon überall hinbegleitet und er bietet endlich mal genug Platz für meine ganzen Reithosen!" Wie zur Bestätigung tätschelte sie dem monströsen Ungetüm einmal über die zerschrammte Oberseite, während ich mir ein Lachen verkniff. Und bis sich die Türen des Aufzugs erneut schlossen, breitete sich eine kurze Stille zwischen uns aus, in der jeder seinen Gedanken nachhing. „Bist du auch so aufgeregt?" brach Sam schließlich das Schweigen. Ein sarkastisches Schnauben entfuhr mir und ich nestelte verlegen an dem Reisverschluss meiner Winterjacke herum. „Aufgeregt ist gar kein Ausdruck! Ich frag mich noch immer, wie ich bei so einer Schnapsidee zusagen konnte!" flüsterte ich schließlich ebenso leise zurück. Sie nickte lediglich wissend. Auch wenn wir beide mehr als erfolgsverwöhnt waren, so würden wir in Wellington definitiv nicht als Favoriten ins Rennen gehen. Ich hatte zwar die Princess- Show gewonnen, doch durch die lange Pause war es mehr als offensichtlich, dass Olympio und ich erst wieder in die Spur würden finden müssen, und Sam hatte sich schon in der nationalen Princess- Show schwergetan und wusste genau, dass sie mit ihren beiden Pferden Donnie (Don't stop moving) und Benny Dream höchstens im Mittelfeld mitspielen würde. „Tja, zumindest wollten sie dich von Beginn an haben! Ich bin ja eigentlich nur Ersatzreiter für Alison geworden, und sie war ja bereits nur die Nummer 2." Die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst und die Schultern etwas verloren hochgezogen, spiegelte sie nicht nur ihre Gefühlslage wider, sondern sprach mir direkt aus dem Herzen, weshalb ich ihr ein zuversichtliches Lächeln schenkte, das aufgrund meiner eigenen Anspannung zu einer nervösen Grimasse verschwamm. „Ach komm Sam, wenn wir schon nicht gewinnen können, dann lass uns wenigstens die Hütte in Wellington ordentlich ins Wackeln bringen! Was haben wir denn schon zu verlieren?!" Einladend streckte ich ihr meine Faust entgegen, was ihr ein leichtes Grinsen entlockte. „Lass uns die Hütte auseinandernehmen!" stimmte sie mit ein und stieß ihre Faust gegen meine.
„Junge, Junge, Junge!" pfiff Michi ehrfürchtig durch seine Zähne und lenkte den Transporter vor ein großes Gebäude, vor dem bereits mehrere große Pferde-LKWs standen. Vor vier Stunden hatten wir das Internat verlassen und mit jeder Minute, mit jedem Kilometer, mit dem wir näher auf den Flughafen zugefahren waren, war in mir die Anspannung gestiegen- und nun saß ich neben Michi und starrte wie hypnotisiert auf das Animal care center, in das wir Olympio nun bringen würden, sodass er verladen und in den Flieger gebracht werden konnte. Und während Michi den Motor ausschaltete, wurde im LKW neben uns bereits das erste Pferd abgeladen. Allein an seinem Körperbau erkannte ich, dass es sich um einen Springer handeln musste und musterte den schicken Braunen, der mit gespitzten Ohren neben seiner Pflegerin von der Laderampe schritt. Als sie den Boden erreicht hatten, ließ der Braune ein ohrenbetäubendes Wiehern erklingen und reckte den feinen Kopf, der in einem, mit schwarzem Lammfell besetzten Halfter steckte, stolz in die Höhe. Ein geisterhaftes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht- hätte ich doch bloß ein so großes Selbstvertrauen, wie dieser schicke Springer!
----------
Meine lieben Zuckerhasen,
ja, ich bin auch ganz überrascht, dass ich es jetzt wieder geschafft habe, ein Kapitel hochzuladen. (Ich hoffe, ihr habt noch keine Vermisstenanzeige aufgegeben ;))
Bei mir hat am Montag das Semester mit einem Paukenschlag begonnen und seitdem hetze ich wieder von Vorlesung zu Vorlesung. (Sollte ich auch eigentlich jetzt machen, aber pssst!)
Ich wünsche euch einen super Tag!
Eure Honey Summer
DU LIEST GERADE
Empress
Teen Fiction~Der dritte Teil von Princess~ Der letzte Ritt? Spielt keine Rolle! Der letzte Sieg? Bereits verdrängt! Verschwunden in den Geschichtsbüchern. Gestern? Längst vorbei. Aber jetzt steht alles auf dem Spiel! Jetzt ist der Moment: Eine Pferdestärke. Ein...