Kapitel 5

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Wie von der Tarantel gestochen fuhren Logan und ich auseinander und während mein Blick sofort hektisch zu dessen Zwillingsbruder glitt, starrte Logan entgeistert zu Charly hinüber. „Val? Kannst du mich mal bitte aufklären, was du hier machst? Du wolltest doch Pommes holen?" brach meine beste Freundin schließlich das unangenehme Schweigen, das uns vier umhüllte. Sofort zogen sich meine Augenbrauen zusammen und Wut kochte in mir hoch. „Also ich hätte dir ja deine Pommes mitgebracht, auf die ich im Übrigen eine geschlagene halbe Stunde warten musste, aber du warst ja zu sehr damit beschäftigt, dich mit anderen Personen zu vergnügen!" zischte ich und funkelte sie empört an. Das konnte nicht ihr Ernst sein, dass sie mir hier nun einen Einlauf verpasste! Und überraschenderweise schien ihr das sofort den Wind aus den Segeln zu nehmen, denn sie hob abwehrend die Hände, während sie einen hektischen Blick zu Logan wagte, der wie versteinert schien. Für einen Bruchteil einer Sekunde schien so etwas wie Bedauern über ihre zarten Gesichtszüge zu huschen, doch dieser Ausdruck war so schnell auch wieder verschwunden, wie er gekommen war. „Okay, okay, du hast gewonnen Val! Können wir jetzt nach Hause?" änderte sie blitzschnell ihre Taktik und blickte mich flehend an. Ich wagte währenddessen einen kurzen Blick zu London hinüber. Der Wunsch, in seinen Augen genau die selbe Sehnsucht zu sehen, die mich innerlich zerfraß, wurde mir allerdings nicht erfüllt, stattdessen stand er völlig gelassen da, die Arme lässig vor der Brust verschränkt und überblickte die Situation einem undurchdringbaren, kalten Gesichtsausdruck.

Keine Regung ging durch seinen durchtrainierten Körper und selbst als sein Blick kurz den meinen streifte, konnte ich nichts in seinen Augen lesen. Was hast du erwartet Val? Fragte ich mich selbst streng und erinnerte mich daran, dass ich diejenige gewesen war, die ihn vor ein paar Monaten Hals über Kopf verlassen hatte. Erinnerte mich an den schmerzhaften Moment, als klar geworden war, dass London mir den Tod meiner Stute Dancing Dynamite verschwiegen hatte und ich nichtsahnend auf die EM in Fontainebleau gereist war, anstatt mich noch einmal von meinem Pferd verabschieden zu können. Dieser Schmerz, der mir nun durch die Adern floss, schaffte es, dass ich den Rücken straffte, den Blick von meinem Ex losriss und mit strammen Schritten auf Charly zuging. „Lass uns gehen! Hier gibt es nichts mehr wichtiges!" würgte ich hervor und drehte den Fischer- Zwillingen den Rücken zu. Das letzte was ich hörte, bevor Charly und ich außer Hörweite waren, war das zornige Zischen Londons: „Was hast du ihr erzählt?!", das sein Bruder nur mit einem müden Lachen quittierte. „Nichts, was die Lage nicht noch aussichtsloser machen könnte!" Ein grimmiges Lächeln schlich sich bei den Worten des Springreiters auf meine Lippen, denn er hatte recht. Es gab nichts, was diese beschissene Lage noch aussichtsloser machen könnte!

„Weißt du, ich habe keine Ahnung mehr, was ich mit ihr machen soll!" Charlys leise Stimme drang an mein Ohr, während ich noch darum kämpfte, aus dem Schlaf zu erwachen. Wir saßen immer noch in ihrem Mercedes und gurkten gerade mit Schrittgeschwindigkeit über die Autobahn, da wir mitten in einem fetten Stau steckten. Da ich meinen Kopf zur Fensterseite gedreht hatte, konnte Charly nicht sehen, dass ich bereits wieder meine Augen geöffnet hatte, sondern sie plapperte einfach weiter in ihr Handy, das sie fest an ihr Ohr gepresst hielt. „Ich hoffe nur, dass ihr Logan nichts dummes erzählt hat, du weißt ja genauso gut wie ich, wie das mit den USA einschlagen würde, wenn sie jetzt davon erfahren würde..." sie ließ den Satz unheilvoll ausklingen und schwieg wieder eine Weile, bevor sie weitersprach: „Ich weiß, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, aber gib mir noch ein bisschen Zeit! Wir haben gerade einen ersten Schritt gemacht! Ihr hat das Turnier doch mehr Spaß gemacht, als sie eigentlich zugeben möchte... Vielleicht wird unsere Mission doch gar nicht so schwer, wie wir uns das so vorstellen..." ein dunkles Bellen an der anderen Seite des Hörers sagte mir, dass Charly gerade mit Michi telefonierte. In mir ratterten alle Rädchen auf Höchstleistung. Logan hatte auch so etwas mit den USA gesagt, schoss mir auch sogleich durch den Kopf und die blanke Panik kroch in jede einzelne meiner Zellen. Warum wussten alle Bescheid, nur ich nicht?! Ich hatte doch den Turniersport doch mit gutem Grund an den Nagel gehängt! Ärgerlich rutschte ich in meinem Sitz herum, was meine beste Freundin zu einem nervösen Seitenblick zu mir veranlasste. Blitzschnell schloss ich meine Augen wieder und stellte mich schlafend. „Michi, du, ich muss sofort aufhören, ich weiß nicht, wann sie wieder aufwacht! Du bereitest aber mal alles vor, im Falle der Fälle, okay?" flüsterte sie hektisch in ihr I Phone, bevor sie auflegte und das Handy achtlos in die Mittelkonsole fallen ließ. „Sag mal, wird denn das heute auch noch was mit dem Verkehr?" grunzte sie einen Moment später auch verzweifelt und schlug entnervt auf ihr Lenkrad. Ich nahm mir dies als Zeichen, mich leicht in meinem Sitz umzudrehen und in einer Oskar-reifen Vorstellung langsam die Augen aufzuschlagen. Mit einem Grunzen streckte ich meine steifen Glieder und blickte mit unschuldigem Blick zu meiner besten Freundin hinüber, die ihre Augen starr auf der Straße gerichtet hielt.

„Wie weit sind wir schon?" fragte ich mit unschuldiger Stimme und klopfte mir innerlich stolz auf die Schulter, meine Schauspielkünste suchten wirklich ihresgleichen. „Puh, wir haben schon noch ein kleines Stückchen vor uns! Der Stau wird sich noch einige Kapitel ziehen!" knurrte sie und zeigte mit ihrem Finger anklagend auf die endlose Schlange an Autos vor uns. Eine kurze Stille breitete sich zwischen uns aus. Währenddessen überlegte ich weiterhin fieberhaft, was Charly, Logan und Michi geplant hatten. „Was hat Logan, ääh, was haben Logan und du, äh, eigentlich im Truck gemacht?" brach sie schließlich das Schweigen und ich konnte ihr an der Nasenspitze ansehen, dass ihr diese Frage eigentlich zuwider war. Es war klar, dass sie herausfinden wollte, ob der Springreiter mir ihr Geheimnis schon gebeichtet hate, doch ich ließ sie ganz entspannt auflaufen. „Du, nichts wichtiges, ich war nur auf der Suche nach dir und habe dann durch Zufall Logan getroffen, der mich eingeladen hat, nochmal kurz mit ihm mitzukommen, und da du ja nirgends zu sehen warst, dachte ich, dann muss ich wenigstens nicht mehr alleine rumlaufen!" gab ich seelenruhig von mir. „Und, ääh, über was habt ihr da so gesprochen?!" hakte sie sichtlich nervös nach. Ich blieb einen Moment still und blickte ihr unverwandt in die Augen, bevor ich antwortete: „Du meinst die Idee mit den USA? Ja, da hat er mir schon so einiges erzählt!" Mit einer gewissen Zufriedenheit betrachtete ich das Mienenspiel auf Charlys Gesicht, auf dem sich nacheinander erst Schrecken, dann Wut und schließlich wieder Sorge ausbreiteten. „Dieser..." knurrte sie erneut, doch dieses Mal wirkte sie deutlich angespannter als zuvor. Doch dann atmete sie einmal tief durch und wandte sich zum ersten Mal auf dieser Fahrt komplett zu mir. „Val, ich kann das alles erklären, eigentlich wollten Michi und ich dir noch mehr Zeit geben, aber da es jetzt raus ist..." sie ließ den Satz unsicher in der Luft hängen.

„Was hast du getan?!" meine Stimme verklang fordernd im Inneren des Mercedes. Sie hatte mir einiges zu erzählen. Und zwar sofort!

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