Es war stockdunkel, als die vier Jungen aus dem Schlafsaal schlichen. Der Gemeinschaftsraum war wie ausgestorben und die fette Dame schlief, als sie durch das geheime Portal nach draußen auf den Gang traten. Im Licht von James Zauberstab, fanden sie die Stelle, an der sich die geheime Tür zur Küche befand, schnell wieder. „Da drüben, hinter dem Wandteppich", informierte James Remus und Peter und ging darauf zu, um ihn hochzuheben. In dem blassen Licht war die dünne Linie nicht zu sehen, aber James und Sirius wussten wo sie sich befand. Angestrengt dachte James an den Zauber, über den er nur in einem der Bücher in der Bibliothek gelesen hatte. Er konzentrierte sich, hob seinen Zauberstab und flüsterte: „Alohomora!" Unauffällig löste sich ein Stück aus der Wand. Eine nahezu unsichtbare Tür sprang auf und Peter keuchte überrascht auf. Dahinter lag ein Tunnel, der das Licht von James Zauberstab zu schlucken schien. Die Freunde sahen einander an, nickten sich zu und traten in den Tunnel. Geräuschlos fiel die Tür hinter ihnen zu. Schritt für Schritt tasteten sie sich vorwärts. Keiner von ihnen hätte sagen können, wie viel Zeit vergangen war, als der Gang eine Biegung machte. Plötzlich hörten Remus, James und Sirius einen erschrockenen Aufschrei und anschließend ein lautes Scheppern. Entsetzt zuckten sie zusammen und erwarteten beinahe, dass McGonagall plötzlich neben ihnen stand und ihnen sämtliche Punkte die Gryffindor hatte abzog, um sie anschließend der Schule zu verweisen, aber nichts geschah. Die dicken Steinmauern schienen den Schall bemerkenswert gut zu isolieren. Die drei eilten die letzten Schritte zu der Stelle, wo sie Peter hatten schreien hören. James lief voran und erst im letzten Moment beleuchtete sein Zauberstab den Grund dafür, dass Peter gestürzt war. Der Gang endete abrupt, etwa einen Meter über dem Erdboden als unförmiges Loch in einer Wand. Darunter stand ein Wagen, auf dem allerlei Töpfe und Besteck gestapelt waren, in die Peter hineingefallen sein musste. James machte einen Satz und landete hinter dem Wagen auf dem Boden, neben einem am Boden liegenden Peter, der leise stöhnte und die Hand vor Augen hielt, als James den Stab in sein Gesicht hielt, um festzustellen ob er sich verletzt hatte. „Alles okay bei dir?", flüsterte er besorgt und reichte Peter die Hand. Dieser ergriff sie und zog sich ungeschickt auf die Füße. „Ja, alles klar. Und jetzt lasst uns schnappen was wir brauchen und dann von hier verschwinden, nur für den Fall, dass doch jemand etwas von meinem eleganten Abgang mitbekommen hat", grummelte er. Als James mit seinem Zauberstab in den Raum leuchtete, entdeckte er Remus und Sirius direkt neben sich. „Gut", begann James, „ich schlage vor jeder von uns durchsucht einen kleinen Teil der Küche, einverstanden?" Die anderen nickten. Sirius und Remus erleuchteten ebenfalls ihre Zauberstäbe. Peter, der nicht so lernfähig war wie die anderen, erklärten sie kurz wie es ging und dann brachte auch er eine flackernde Lichtkugel zustande, sodass jeder von ihnen gründlich seinen Teil der Küche durchsuchen konnte.
Einige Minuten später verließen sie die Küche wieder durch denselben Tunnel durch den sie gekommen waren. Hinter sich schlossen sie die Tür und hängten den Wandteppich darüber und alles sah genauso aus wie zuvor. Dann durchquerten sie die Eingangshalle und steuerten auf das Ausgangsportal zu. Die Tür ließ sich glücklicherweise genauso leicht öffnen wie die zur Küche, die ganzen Schutzzauber und magischen Barrieren, lagen nur an den Grenzen des Schlossgeländes. Sie verließen die alten Gemäuer und traten auf die Wiese hinaus, die den Schwarzen See umrundete. Alle löschten die Lichter ihrer Zauberstäbe, da sie so sofort entdeckt werden würden, wenn irgendjemand, aus welchen Gründen auch immer, aus dem Fenster sehen sollte. Außerdem stand der Mond am Himmel, der noch fast voll war und milchiges Licht auf die Ländereien von Hogwarts warf. Aus dem Augenwinkel bemerkte James, dass Remus den Kopf hob und missmutig den Mond anstarrte, dann jedoch schnell wieder den Kopf senkte, als hätte er Angst davor. Er wollte ihn gerade darauf ansprechen, als Sirius ihm zuvorkam: „So da wären wir!" Sie standen am Ufer des Schwarzen Sees, dessen dunkles Wasser bewegungslos vor ihnen lag. Ein kalter Wind fuhr über das Wasser und trieb kleine Wellen vor sich her, die zu ihren Füßen leise plätschernd ans Ufer schwappten. Sirius hob den Kessel, den sie extra mitgebracht hatten, um das Essen für den Kraken darin zu transportieren, und griff hinein. Als erstes zog er einen großen Fisch hervor, James hatte keine Ahnung wie er hieß, aber er sah genauso aus wie der Fisch, den er in dem Buch über die Nahrung von Riesenkraken gesehen hatte. Sirius wechselte einen kurzen Blick mit seinen drei Freunden, holte aus und schleuderte den Fisch so weit er konnte, bis er schließlich in den See platschte. Das Geräusch schien ohrenbetäubend laut in der nächtlichen Stille. Sie zuckten zusammen und blickten nervös hoch zum Schloss, aber nach wie vor war alles dunkel. Wie gebannt starrten sie auf die Wasseroberfläche. Aber nichts geschah. Im Wasser rührte sich nichts außer den kleinen Wellen, die in großen Kreisen von dem an der Wasseroberfläche treibenden Fisch fortliefen. Sie warteten weiter, aber auch weiterhin tat sich nichts. „Sieht so aus, als hätte der Krake schon gegessen", kommentierte Remus irgendwann. „Sollen wir noch was reinwerfen?", fragte Peter kurz darauf und Sirius griff schon wieder in den Kessel, als plötzlich Bewegung in die Wasseroberfläche geriet. Nicht so wie bei dem Fisch, den sie hineingeworfen hatten, sondern eher, als würde er brodeln, als käme die Bewegung aus den tiefsten Tiefen dieses Sees. Atemlos beobachteten sie, wie das Wasser mehr und mehr in Aufruhr geriet und dann wurde die aufgewühlte Wasseroberfläche mit einem Mal durchbrochen. Etwas das aussah wie ein gigantischer Regenwurm, und gigantisch hieß in diesem Fall dick genug, dass darin drei Menschen nebeneinander hätten liegen können, in der Farbe von dunklem Blut reckte sich einen Moment dem Nachthimmel entgegen. Was für ein Wesen musste das sein, das dort unter der schwarzen Wasseroberfläche trieb, von dem ein solcher Arm nur ein kleiner Teil war? Der Arm des Riesenkraken bog sich an der Spitze nach unten und umschlang beinahe feinfühlig den winzig wirkenden Fisch. Dann verschwand er wieder und ein Strudel entstand, als sich das gigantische Wesen wieder in die Tiefe zurückzog. Als das Rauschen des Strudels verklungen war herrschte absolute Stille. Niemand sagte ein Wort, selbst die leisen Schreie aus der Eulerei und der Gesang der Nachtvögel waren verstummt, als hätten alle Lebewesen im Umkreis gespürt, dass sich ein Wesen genährt hatte, gegen das im Ernstfall niemand auch nur die geringste Chance hätte. Nach einiger Zeit blickten die Freunde einander fassungslos an. Sie konnten kaum glauben, was sie soeben gesehen hatten. Aber dann wurde die ehrfürchtige Stille plötzlich durchbrochen. Die Türen des Eingangsportals öffneten sich mit leisem Quietschen und fielen anschließend wieder zu. Schritte ertönten auf den schweren Steinstufen davor und wurden dann gedämpft, als der Untergrund von Stein zu Gras wechselte. James, Peter, Sirius und Remus wechselten panische Blicke. Irgendwer war auf dem Weg zu ihnen. Jemand musste sie entdeckt haben. Gab es eine Möglichkeit sich zu verstecken? Hatte es überhaupt noch Sinn sich zu verstecken? James stand wie angewurzelt da und lauschte auf die langsam näherkommenden Schritte. Aber wo waren die Lichter? Hätte man sie erwischt und würde nun nach ihnen suchen, würde man das doch mit Licht tun, um sie schneller entdecken zu können. Waren die vielleicht gar nicht wegen ihnen hier? Mitten in der Nacht ohne Licht, es wirkte, als wollte, wer immer hier unterwegs war, selbst nicht bemerkt werden. Da spürte er plötzlich eine Hand an seinem Arm. Es war Remus, der ihn mit sich zog, Peter neben ihnen, während sie Sirius folgten. Er rannte über die nächtliche Wiese, aber das weiche Gras schluckte jeden Ton. Sirius drehte sich im Laufen um, um zu überprüfen ob auch alle mitgekommen waren und rannte dann weiter. James folgte seinem Blick und erkannte zu seinem Entsetzen, dass Sirius auf den Rand des Verbotenen Waldes zulief. Remus hatte ihn inzwischen losgelassen und die drei Jungen folgten ihrem Freund, während sie versuchten ihren Atem zu kontrollieren, um nicht gehört zu werden. Und dann standen sie vor ihnen. Die ersten Bäume des Verbotenen Waldes. Remus blieb einen Moment lang unschlüssig stehen und sah eher misstrauisch als verängstigt, in den dunklen Wald hinein. Nun war es an James Remus mit sich zu ziehen. Sie hatten keine Wahl, das war die einzige Möglichkeit nicht entdeckt zu werden. Einige Meter weiter, stand ein dicker Baum, der sich vor langer Zeit in der Mitte zu zwei Hauptstämmen verzweigt hatte. Peter und Sirius waren schon hinter dem linken davon verschwunden und James zog nun Remus hinter den Rechten. Sie pressten ihren Rücken gegen das alte Holz und lauschten in die Dunkelheit. Sie hörten leise Stimmen, nicht weit vom Waldrand entfernt. James hielt den Atem an, drehte sich ein wenig und blickte vorsichtig zwischen den beiden Stämmen hindurch. Nur einige Meter vor dem ersten Baum, der den Anfang des Verbotenen Waldes markierte, standen drei Personen. Sie waren kaum zu erkennen, aber er hätte schwören können, dass es sich bei der Frau in der Mitte um McGonagll und bei dem Mann mit dem Rücken zu ihnen um Slughorn handelte. Was taten die beiden nachts auf dem Schlossgelände ohne Licht? Slughorn gegenüber stand eine kleine, schlanke Frau, mit wirren Locken und einem großen Hut. In der Hand trug sie ein drahtiges Wesen, das mit zahllosen Armen um sich zu schlagen schien. Es sah aus wie ein kleiner Baum, der sich bewegte. Sehr schnell bewegte. Nach einigen Hieben hatte die Frau genug. Mit geübtem Griff packte sie den kleinen Baum am Stamm und zog die geschlossene Faust daran hoch, sodass sie am Ende alle peitschenden Zweige fest in der Hand hielt. James sah wie McGonagall ihren Zauberstab hob. Die murmelnden Stimmen von Slughorn und der Baumbändigerin verstummten, dafür wurde die von McGonagall etwas lauter, als sie mit gepresster Stimme rief: „Cuniculus secretus!" Ein warmes, gelbliches Leuchten ging von ihrem Zauberstab aus. Es schien auf die Erde zu ihren Füßen zu sinken und dort im Boden zu versickern. Als es nach und nach verblasste, blieb ein dunkles Loch im Boden zurück. McGonagall hatte hochkonzentriert die Augen geschlossen und hielt ihren Stab immer noch genauso hoch wie sie es beim Aussprechen des Zaubers getan hatte. Ein leises Grollen war zu hören und da bemerkte James, dass das Licht nicht verblasst war. Es war gesunken, abwärts in die Erde, grub das Loch immer tiefer. Dann warf es sein Licht plötzlich aus einem anderen Winkel an das Innere des Loches und verschwand nun nach und nach in der Erde und hinterließ einen breiten Gang, als hätte der Riesenkrake das Wasser verlassen um mit seinen mächtigen Armen in der Erde zu graben. McGonagall blieb weiterhin stocksteif stehen und James begann sich zu fragen, wie weit sie diesen Tunnel führen wollte. Die Zeit schien stillzustehen. Es mochten zwei Minuten vergangen sein, oder auch zwei Stunden als McGonagall schließlich erschöpft die Arme sinken ließ. Sie nickte der Frau neben ihr knapp zu und sie ging, mit dem kleinen Baum in der Hand auf das Loch zu. Sie hielt die Pflanze darüber, schloss die Augen und murmelte angestrengt einige Worte. Dann begannen sich die zarten Wurzeln des kleinen Baumes plötzlich zu strecken und zu wachsen, wurden dicker und gruben sich schließlich in die Erde rund um das dunkle Loch. Sobald die jungen Wurzeln in der feuchten Erde Halt gefunden hatten, ließ sie den Stamm los und trat zurück. Die dicken ausgestreckten Wurzeln mit dem jungen, recht zarten Bäumchen obendrauf boten ein bizarres Bild. Wie ein hölzerner Torbogen, mit einer daraus hervorgewachsenen Verzierung am höchsten Punkt, die rotierte und ihre Zweige in jede erdenkliche Richtung streckte. James traute seinen Augen kaum. Was ging dort vor sich? Dann trat auch Slughorn vor. Da erst bemerkte James, dass er einen Kessel in der Hand trug. Die Flüssigkeit darin schwappte gefährlich, als Slughorn mit schweren Schritten um das Gebilde über dem Loch herumlief. Der Inhalt des Kessels hatte eine pastellgrüne Farbe, von der in der Dunkelheit ein sanftes Leuchten ausging. Da wurde James auch klar, was Slughorn da auf die frisch eingegrabenen Wurzeln zu träufeln begann. Es war der Wachstums-Trank, den Lily Evans und Schniefelus an diesem Morgen in der ersten Zaubertrankstunde gebraut hatten. Als er eine Runde um den ganzen Baum gedreht und auf jeder Wurzel etwas von dem magischen Trank verteilt hatte, stellte er sich wieder zu den beiden Hexen. Ein paar Sekunden lang geschah gar nichts, aber dann begann der Baum plötzlich zu rumoren, das junge Holz wölbte und streckte sich und begann mit einem Mal zu wachsen. James konnte es nicht glauben. In wenigen Sekunden schien der Baum um viele Jahre zu altern. Die Rinde wurde dunkel und rissig, die Zweige immer dicker und Knollen und Astlöcher entstanden aus seltsamen Wirbeln während des rasanten Wachstumsprozesses. Und irgendwann hörte das Winden und Wölben auf und von einem Moment auf den anderen, stand der Baum still. „Das ist wirklich bemerkenswert", hörten sie, als Slughorns verblüffte Stimme durch die Dunkelheit drang. Er war der Einzige der drei, der im bleichen Mondlicht nicht erschöpft wirkte. Die beiden Frauen hatten eine große magische Leistung erbracht während er ein paar Tröpfchen Zaubertrank verteilt hatte und nun sprach als hätten sie gemeinsam die Grundsäulen von Schloss Hogwarts erbaut. James konnte nicht anders als die Augen zu verdrehen, auch wenn das bei diesem Licht sowieso niemand sah. „Das ist es allerdings", stimmte die kleine Frau erschöpft zu. „Nun", sagte McGonagall und blickte auf die mächtige Weide, die vor ihnen stand und bis auf ein Loch zwischen Boden und Wurzeln von etwa einem Meter im Durchmesser, den ganzen Eingang verdeckte, „unsere Arbeit hier ist getan. Ich denke es ist nun auch für uns wirklich Zeit schlafen zu gehen. Wir haben morgen Unterricht zu geben." Die anderen beiden nickten und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück zum Schloss. Sobald sie außer Sichtweite waren, ließ James sich am Baumstamm hinab auf den Waldboden gleiten. Kurz darauf spürte er neben sich, dass Remus sich ebenfalls niederließ und es raschelte leise, als auch Peter und Sirius zu Boden sanken. James sprach das Einzige aus, was es dazu zu sagen gab: „Was war das?" Niemand antwortete. Erst einige Sekunden später murmelte Sirius gedankenverloren: „Ich habe nicht die geringste Ahnung." James sah seine Freunde der Reihe nach an. Alle schienen einfach nur verwirrt, aber Remus sah mit einem seltsamen Blick zu Boden. Als er den Blick hob und merkte, dass James ihn ansah, stand er hastig auf und sagte: „Ich glaube wir sollten uns jetzt echt auf den Rückweg machen." Damit drehte er sich auch schon um und stapfte in Richtung Hogwarts davon. „Hey Remus, warte mal!", rief Sirius und sprang auf, um ihm zu folgen. Auch James und Peter kamen nun hinter dem Baum hervor und James beeilte sich aus dem Wald heraus und auf die offene Wiese zu kommen, da ihn langsam ein mulmiges Gefühl beschlich. „McGonagall hat unter diesem Baum einen Geheimgang erschaffen! Das müssen wir uns ansehen!", rief Sirius enthusiastisch. James war so gefesselt vom Geschehen gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, dass Sirius die Lehrer ebenfalls beobachtet hatte, aber nun begann dieser den anderen zu erzählen, was genau eben geschehen war. James fügte ab und zu Details zu seiner Erzählung hinzu und so brachten sie ihre Freunde gemeinsam auf den neuesten Stand, was die Geschehnisse der Nacht anbelangte. „Ganz im Ernst", rief Sirius wieder, „wann bekommt man schon so eine Gelegenheit? McGonagall ist selbst nicht mal da rein gegangen, wir wären die ersten, die diesen Gang jemals benutzt haben!" Seine Begeisterung war wie immer ansteckend und James spürte mehr und mehr die Verlockung den geheimen Tunnel zu erkunden und vor allem herauszufinden wohin er führte. Remus hingegen schien sich wirklich unwohl zu fühlen, er sah andauernd nervös zwischen der Weide und dem Himmel hin und her, während Sirius weiter auf ihn einredete. Irgendwann unterbrach Remus ihn abrupt: „Wie genau stellt ihr euch das denn vor? Denkt ihr ernsthaft die Lehrer ziehen hier so eine total geheime Nummer bei Nacht und Nebel ab, nur damit dann jeder der gerade Lust dazu hat einfach in ihren geheimen Gang hineinspazieren kann?" Das ließ Sirius einen Augenblick lang verstummen und auch James und Peter erkannten, dass Remus recht haben musste. Es wäre unlogisch den Tunnel einfach so unbewacht zurückzulassen, nachdem sie sich so viel Mühe gegeben hatten, dass niemand etwas von seiner Entstehung mitbekam. Und doch war die Anziehung eines geheimen Tunnels, von dem niemand etwas wissen sollte so groß, dass James nicht anders konnte als es wenigstens zu versuchen. „James, was machst du da?", fragte Remus. „Ich will mir das nur mal ansehen", murmelte James, während er in Gedanken schon Möglichkeiten durchging, wo der Tunnel wohl enden mochte. „Ich auch", hörte er Sirius sagen und sah aus dem Augenwinkel, wie er zu ihm aufschloss und neben ihm her bedächtig auf den Tunnel zuging. Sie schlichen langsam, um, für den Fall, dass sie eine Art Falle auslösten, schnell zurückspringen konnten. Aber alles blieb ruhig. James konnte spüren, wie seine Freunde gespannt die Luft anhielten. Ein Schritt weiter, noch einer - und dann spürte er plötzlich einen brennenden Schmerz. James schrie erschrocken auf und wollte sich schnell zurückziehen, aber etwas packte ihn und er wurde in die Luft gehoben. Neben sich hörte er Sirius ebenfalls schreien. James spürte kalten Wind und immer wieder schoss brennender Schmerz über seine Haut, wie Peitschenhiebe. Seine Brille wurde ihm von der Nase geschleudert und nun konnte er zu allem Überfluss auch noch kaum etwas erkennen. Er sah nur braunes und schwarzes Chaos um sich herum und spürte die immer wiederkehrenden Hiebe. Dann prallte plötzlich etwas gegen ihn. Ein warmer Körper, der Sirius gehören musste und sie beide aus der Luft riss. Für eine, zwei Sekunden befanden sie sich im freien Fall und James Magen schien in der Luft stehen zu bleiben, während sein Körper weiter abwärts sauste. Dann kam der Aufprall und bei James gingen endgültig die Lichter aus.
Als James wieder zu sich kam, sah er die Gesichter von Peter und Remus über sich. Er erkannte nur ihre Umrisse gegen das kalte Licht des Mondes, der direkt über ihnen stand, aber es mussten die beiden sein, das Letzte an das er sich erinnerte war, dass die beiden auf sie gewartet hatten, während er und Sirius... Oh nein, was ist mit Sirius? Fiel es ihm brennend heiß ein und dieser Gedanke, sorgte auch wieder für Klarheit in seinem Kopf und ermöglichte es ihm sich aufzusetzen. Er sah sich um, konnte allerdings nicht wirklich viel erkennen, ohne seine Brille war er blind wie ein Maulwurf. Da spürte er, wie Peter seine Hand nahm und ein Drahtgestell hineinlegte. James spürte Glas an seinen Fingern. „Die habe ich eben aufgehoben, als du bewusstlos warst", erzählte Peter und Remus fragte: „Wie geht's dir?" „Geht so", murmelte James, während er seine Brille aufsetzte, blinzelte und sich dann nach Sirius umsah. Er lag direkt neben ihm auf dem Boden, die Augen noch geschlossen, aber er begann sich zu regen und blinzelte leicht. James, Peter und Remus atmeten erleichtert auf, als er sich langsam auf die Ellenbogen stützte und dann aufsetzte. Er stöhnte und rieb sich den Kopf. „Alles klar bei euch?", fragte er, sobald er sie erkennen konnte und sah sie besorgt an. „Bei uns? Ich glaube wir sind gerade alle um einiges besser dran als du", antwortete Remus, „naja außer James, der hat auch ganz schön eingesteckt." „Was ist überhaupt passiert?", fragte James verwirrt. „Ihr wurdet von dem Baum verprügelt", antwortete Peter gerade heraus, wofür James ihm dankbar war. Einer längeren Erzählung als dieser hätte er gerade nicht folgen können. „Klingt ja nett", murmelte James. „Könnt ihr aufstehen?", fragte Remus die beiden. James versuchte es und sackte dabei nur noch tiefer zu Boden. „Alles klar", sagte Remus und legte James Arm um seine Schultern, zog ihn vom Boden hoch und hielt ihn so auf den Beinen. Peter machte das Gleiche mit Sirius und sie machten sich, deutlich langsamer als auf dem Hinweg, zurück zum Schloss.
Zu ihrer großen Erleichterung trafen sie niemanden und als die fette Dame den Zustand von James und Sirius erfasste, ließ sie sie zum Glück auch ohne Fragen ein. Im Gemeinschaftsraum angekommen, setzten Remus und Peter James und Sirius in jeweils einen der großen roten Sessel. „Also auf jeden Fall", murmelte Sirius, kaum bei Bewusstsein, „haben wir mal wieder bewiesen, dass wir absolut unschlagbar sind, wenn es darum geht nachts irgendwo herumzuschleichen, dabei etwas zu beobachten was keiner sehen sollte, fast erwischt zu werden und am Ende doch noch ungeschoren davonzukommen." „Stimmt", lachte Peter. „Warum?", fragte Remus, "wann habt ihr das denn noch bewiesen? Da war ich jedenfalls nicht dabei." Oh nein, schoss es James durch den Kopf, wenn er das rausfindet wird er alles völlig falsch verstehen! Aber es war zu spät. Peter begann schon zu erzählen, anscheinend ohne großartig darüber nachzudenken: „In der ersten Nacht hier ist James aufgewacht, weil er Hunger hatte und dann haben wir alle uns auf die Suche nach der Küche gemacht. Wir wollten eigentlich in der großen Halle anfangen zu suchen, aber daraus ist dann eine Erkundungstour durch das ganze Schloss geworden. Als wir dann doch irgendwann in die große Halle kamen, kamen dann plötzlich Dumbledore und dieser andere Typ und McGonagall und, naja, du..." Da schien ihm dann auch aufzufallen, wie sich das für Remus anfühlen musste. „Achso", sagte Remus. James hatte in seinem freundlichen Gesicht noch nie einen so harten Ausdruck gesehen als er weitersprach: „Und da dachtet ihr euch am nächsten Tag: Hey, super noch ein weiteres Geheimnis, dem wir auf den Grund gehen können! Es ist ja nur der Neue, der hat sonst eh niemanden!" „N-nein, so war das gar nicht!", rief Peter erschrocken. James öffnete die Augen und stemmte sich im Sessel so weit hoch, dass er aufrecht saß und sagte leise: „Remus, bitte, ich weiß, wie sich das für dich jetzt anhören muss aber so war es nicht, wirklich!" Sirius, der die ganze Zeit am Rande der Ohnmacht stand, realisierte da erst, was überhaupt passiert war und murmelte: „Bitte, Remus, du bist unser Freund." Dann fielen seine Augen endgültig wieder zu und er sank im Sessel zusammen. „Ja genau!", rief Remus und ein leichtes Zittern lag in seiner Stimme, „Weil Freunde sich alles erzählen, nicht wahr? Auch, warum sie zum Beispiel unter seltsamen Umständen nach Hogwarts gekommen sind! Passt auf, ich sage es euch, dann müsst ihr euch nicht mehr die Mühe machen mir hinterherzulaufen: Ich komme aus einer ziemlich ärmlichen Gegend. Es gibt dort viele, die sich der schwarzen Magie bedienen, deshalb hatte der andere Lehrer so große Zweifel und wollte Dumbledore unbedingt ausreden mich aufzunehmen. Ich habe den Zug verpasst, weil ich auf dem Weg zum Bahnhof in einen Straßenkampf verwickelt wurde und deshalb haben sie mich später hergeholt! Das ist das große Geheimnis, ich hoffe ihr seid dann jetzt zufrieden!" Damit wandte er sich um und rannte die Treppe zum Schlafsaal hinauf. Das war das Letzte, woran sich James in dieser Nacht erinnern konnte und daran, dass er sich in seinem ganzen Leben, noch nie so mies gefühlt hatte.
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James Potter und die Rumtreiber - Der geheime Plan
FanfictionNichts gibt es in Hogwarts mehr als Geheimnisse. Einige davon sind mehr als erwünscht, andere nicht nur ebenso unerwünscht, sondern auch gefährlich... James Potters erstes Jahr in Hogwarts beginnt aufregend und soll auch so bleiben! Neben neuen Freu...