17. Kapitel - Nächste Schritte

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Wie erstarrt standen die vier Freunde noch einige Minuten in Binns' Büro, das einzige Geräusch das stete Tropfen der geheimnisvollen Flüssigkeit, aber auch die hatte bald ihr letztes Bisschen auf dem staubigen Boden vergossen und es war totenstill. Sie waren allein mit einer Leiche, deren Geist soeben davonspaziert war, um Albus Dumbledore zu treffen. Sirius war der Erste, der anscheinend wieder klar denken konnte und sagte in die Stille hinein: „Wir müssen hier weg." Natürlich war keine Erklärung nötig. Jeden Moment würde Dumbledore erkennen, dass einer seiner Lehrer gestorben und zu einem Geist geworden war, wo würde er dann als erstes nachsehen? In seinen privaten Räumen. Und wenn er dann James, Sirius, Remus und Peter neben seiner Leiche vorfände, sähe das mit Sicherheit alles andere als gut für sie aus. Sie nickten, noch immer betäubt von dem Grauen, das sie gesehen hatten, und machten sich so gleich auf den Weg nach draußen. Vor der Tür hob James als erstes den Tarnumhang auf. Sie alle verschwanden wieder darunter und sprachen kein Wort, bis sie wieder zurück im Gemeinschaftsraum waren. Auch dort fiel es ihnen noch schwer zu sprechen. „Was ist da gerade passiert?", brachte Peter irgendwann hervor. „Für mich sieht es stark danach aus, als hätte Bellatrix Black unseren Geschichtslehrer ermordet", stellte Remus überraschend nüchtern fest. Daraufhin folgte kurzes Schweigen. Keiner von ihnen hatte es gewagt weiter darüber nachzudenken, aber sie wussten es alle. „Ich frage mich nur", begann Sirius schließlich zögerlich, „Warum dieser Riesenaufwand? Warum hat sie nicht einfach Avada Kedavra gesagt und fertig?" „Avada Kedavra?", fragte James irritiert. Auch Peter blickte Sirius verwirrt an, während Remus hingegen genau zu wissen schien wovon Sirius gesprochen hatte. Er begann zu erklären: „Avada Kedavra ist der Todesfluch. Jeder der davon getroffen wird, ist auf der Stelle tot, noch nie hat jemand einen Angriff von diesem Fluch überstanden. Niemand weiß, wie sich der Tod durch diesen Zauber anfühlt, aber man sagt, dass er schrecklich qualvoll ist, da all seine Opfer in der Regel unter Schreien sterben. Er ist einer der unverzeihlichen Flüche." Unverzeihliche Flüche? Da klingelte etwas bei ihm. Dann fiel es ihm ein, die Karte seiner Mutter. Der Fluchblocker, den sie ihm geschenkt hatte, schützte gegen jeden Fluch, außer den unverzeihlichen Flüchen. „Was sind die anderen unverzeihlichen Flüche?", fragte James und sah Remus an. Aber es war nicht Remus der antwortete, sondern Sirius: „Die unverzeihlichen Flüche sind Avada Kedavra, der Cruciatus-Fluch und der Imperius-Fluch. Der Cruciatus-Fluch ist der Folterfluch, man erleidet so unerträgliche Schmerzen, dass er die meisten Menschen am Ende umbringt oder in den Wahnsinn treibt. Und mit dem Imperius-Fluch übernimmt man die Kontrolle über den Geist eines anderen Menschen. Dieser kann sich nicht dagegen wehren, tut alles was der, der ihm den Fluch auferlegt hat will und kann sich danach an nichts von dem, was er getan hat erinnern." Sirius blickte ins Feuer während er sprach und die grellen Flammen flackerten in seinen dunklen Augen. „Woher wisst ihr das alles?", fragte Peter vorsichtig. „Also ich habe von James ja dieses Buch bekommen, da steht das alles schon in der Einleitung", antwortete Remus und wies auf das Buch, das neben ihnen auf einem der Tische lag. Dann sahen alle fragend Sirius an. Er drehte sich nicht zu ihnen um, schien ihre Blicke aber zu spüren. Er lächelte freudlos. Im Feuer bewegte sich ein Holzscheit und ein Funkenregen stob auf. „Ihr scheint immer wieder zu vergessen in welcher Familie ich aufgewachsen bin. Da erfahren wir Kinder sowas quasi auch... in der Einleitung." James blieb die Luft weg. Wie schrecklich konnten Menschen sein? Und was war Sirius in dieser Familie noch alles passiert, dass er ihnen noch nicht erzählt hatte? James stand auf, stellte sich neben Sirius und sah ebenfalls in die Flammen. Dann legte er ihm wortlos die Hand auf die Schulter. „Weißt du, Sirius", begann Peter und seine Stimme klang etwas lockerer, „diese finstere Seite von dir ist manchmal echt unheimlich." Er wollte ganz offensichtlich die Stimmung aufheitern und das war ihm auch gelungen. Sirius lachte und wandte sich vom Feuer ab. James nahm seine Hand weg und ließ sich wieder in den Sessel fallen, in dem er zuvor gesessen hatte. „Aber zurück zu meiner Frage, bevor wir zu den Unverzeihlichen Flüchen gekommen sind", nahm Sirius den faden wieder auf, „Warum nicht einfach Avada Kedavra und fertig? Warum dieses ganze Riesendrama mit ewig langen supergeheimen Beschwörungsformeln?" Das gab auch James zu denken. „Und warum Binns?", fragte er. Die anderen nickten, nahmen die Frage zur Kenntnis, konnten ihm aber keine Antwort darauf geben. Sie schwiegen wieder eine Weile und dachten nach. Aber sie kamen zu keinem Ergebnis, sie drehten sich einfach immer weiter im Kreis. „Moment", sagte Remus irgendwann in die Stille hinein, „Bellatrix hat gesagt, sie würden in den Weihnachtsferien anfangen. Heißt das, dass es noch weiter geht?" „Ich fürchte, damit müssen wir rechnen", antwortete James betrübt. „Was wir tun müssen", rief Peter aufgebracht, „ist zu Dumbledore gehen! Diese Leute töten Menschen, das ist wirklich nicht unsere Kragenweite. Rätseln und rumspionieren ist ja nett, aber das sind Mörder – was sollen wir gegen Mörder ausrichten?" „Womit sollen wir denn bitte zu Dumbledore gehen?", fragte Sirius wütend, „Mit nichts als der Anschuldigung, dass wir irgendjemanden in einer Kutte gesehen haben, der Binns verhext hat, woraufhin er gestorben und zum Geist geworden ist? Weißt du wie das klingt? Als wären wir tatsächlich da gewesen, hätten aber statt irgendwas zu beobachten von seinem Feuerwhiskey genascht." Peter schwieg und sah zu Boden. Dann hob er wieder den Kopf und versuchte es erneut: „Aber wir wissen mehr, als irgendjemand sonst hier im Schloss!" „Außer Hawk, Narcissa, Bellatrix und Andromeda", warf Remus leise ein. Peter ignorierte ihn und sprach weiter: „Das können wir doch nicht einfach verschweigen oder?" „Peter", begann James, in beschwichtigendem Tonfall, „das Problem ist, dass wir nicht den geringsten Beweis haben. Dumbledore kann nicht einfach auf Fingerzeig von ein paar Schülern ein paar andere rauswerfen." Peter sah ihn etwas verzweifelt an, nickte dann aber. „In die Richtung brauchen wir gar nicht weiter zu denken", sagte Sirius und ließ sich in den Sessel neben James fallen, während Peter mal wieder begann unruhig vor dem Feuer hin und her zu laufen, wie er es immer tat, wenn er besorgt war. „Lasst uns lieber darüber nachdenken, wie wir mehr Informationen beschaffen können über das, was hier tatsächlich vorgeht und das Ziel, das sie dabei verfolgen", schlug Sirius, nun in ruhigerem Ton, vor. Er hatte recht. Gerade waren sie die einzigen, die etwas tun konnten, also würden sie auch etwas tun. James dachte nach, überdachte jedes Gespräch, das sie durch Zufall belauscht hatten, überlegte ob ihm etwas entgangen war, oder ob es etwas gab, das nun in einem neuen Licht stand. Da war etwas, das in seinem Hinterkopf rumorte und darauf wartete ausgegraben zu werden. Wieder und wieder spielte er die Gespräche in seinem Kopf ab, wie in einer Endlosschleife. Und dann hatte er ihn plötzlich. Den Hinweis, nachdem er gesucht hatte. Es war eine winzige Spur, fast nichts, aber es war etwas. „Leute", rief er und seine Freunde hoben sofort die Köpfe und sahen ihn an, als er fortfuhr, „erinnert ihr euch an das Gespräch, das wir gehört haben, als wir in der Umkleide der Slytherins saßen?" „Wie könnte ich diesen bestialischen Gestank jemals vergessen?", fragte Sirius und rümpfte allein beim Gedanken daran angewidert die Nase. „Ich rede nicht von der unterirdischen Luftqualität da drinnen, sondern von dem Gespräch außerhalb der Kabine. Da war ein kleines Detail, als sich Bellatrix darüber beschwert hat, dass man anscheinend nirgendwo ungestört reden kann, außer während Events oder den Ausflügen nach Hogsmeade! So wie die sich aufgeführt hat, verlieren die innerhalb der normalen Schulzeit auf dem Schlossgelände kein einziges Wort über ihren brillanten Plan und das nächste Quidditsch-Spiel findet erst im Frühjahr statt, also ist die nächste Gelegenheit ungestört zu reden logischerweise der nächste Ausflug nach Hogsmeade!" Sirius schnappte nach Luft, Remus Augen leuchteten auf und auch Peter schien verstanden zu haben und sagte: „Folglich müssen wir auch nach Hogsmeade!" „Ganz genau!", rief James begeistert. „Aber...", bemerkte Peter dann kritisch, „es dürfen nur Drittklässler mit unterschriebener Erlaubnis nach Hogsmeade." „Nicht dein Ernst, oder?", fragte James ungläubig. „Doch! Ätzend, ich weiß aber-" „Peter", unterbrach ihn James, „Wir haben einen Tarnumhang und einen Geheimgang ins Herz von Hogsmeade!" Peter fiel die Kinnlade herunter und James begann zu lachen. Manchmal Peter wirklich auf dem Schlauch. „Nochmal zurück dazu, ob sie jetzt weitermachen werden", begann Sirius, „Ich würde einfach mal davon ausgehen, dass es nicht so ist. Ich meine, das sind solche Planungsfanatiker, die machen wahrscheinlich gar nichts mehr, bevor sie nicht alles sorgfältig besprochen haben." „Stimmt", sagte James nickend, das würde zumindest in das Verhaltensmuster, das sie bisher gezeigt hatten, passen. „Am besten gehen wir dann schon vorher nach Hogsmeade", schlug Remus vor, „dann können wir die Gruppe abfangen, wenn noch alle Schüler zusammen sind und ihnen danach folgen. Wenn wir sie da verpassen, finden wir sie nicht mehr, denn die werden sich garantiert einen abgeschiedenen Ort suchen, an dem sie in Ruhe alles besprechen können, ohne belauscht zu werden." „Also haben wir einen Plan", verkündete Sirius, „und warten jetzt wohl alle gespannt auf den nächsten Ausflug nach Hogsmeade." „Leute", fügte James noch hinzu und konnte sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen, „wir sind ihnen auf der Spur."

James  Potter und die Rumtreiber - Der geheime PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt