10. Kapitel - Geheimnisse

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Die Luft war feucht und klamm, kalter Nebel versperrte ihm die Sicht. Er wischte mit der Hand durch die Luft, in der Hoffnung den Nebel so zerstreuen zu können, aber die Wand vor ihm, blieb unverändert. Milchig grau und scheinbar undurchdringlich. Er ging einen Schritt vor. Der Nebel teilte sich um ihn herum, aber vor sich konnte er noch immer nichts erkennen. Einen weiteren Schritt. Da tauchte vor ihm eine Mauer auf, an der ein Porträt hing. „Passwort?", fragte die fette Dame. James stotterte, als ihm klar wurde, dass er keine Ahnung hatte. „Ich- ich weiß es nicht!", rief er verzweifelt, „bitte, lassen Sie mich ein!" „Tut mir leid", sagte die fette Dame kopfschüttelnd, „ohne Passwort wirst du nie erfahren, was hinter mir liegt. Das musst du erst rausfinden." „Aber das ist doch unmöglich bei diesem Nebel!", flüsterte James. „Wenn du denkst, dass der Nebel dein Problem ist, dabei kann ich dir helfen", sagte die fette Dame und mit einem Mal verzog sich der Nebel und als er sich umdrehte, erkannte er, dass hinter ihm noch einmal genau die gleiche Mauer war, nur ohne die fette Dame. „Den Rest musst du ohne meine Hilfe schaffen, aber du hast ja deine Freunde. Vertrau ihnen," sagte sie und das Gemälde löste sich in Luft auf. Dafür standen Sirius und Peter plötzlich neben ihm. „Wo sind wir hier?", fragte Sirius, „und wo ist Remus?" „Ich bin hier!", rief Remus Stimme auf einmal. Sie wandten sich nach links. Da stand er, allein. Er war ihnen zugewandt, rechts und links von ihm führten zwei weitere Wege weg, aus denen derselbe Nebel hervorkroch, der zuvor auch in diesem Gang gewesen war. „Ich komme hier nicht weg!", rief er ihnen verzweifelt zu. „Zurecht!", schrie plötzlich eine andere Stimme hinter ihnen. Die drei Freunde fuhren herum und sahen Professor Hawk. Er stand auf einer weiteren Weggabelung, genau wir Remus. Auch aus seinen abzweigenden Gängen sickerte der Nebel, wie Blut aus einer frischen Wunde, wandte sich über den Boden und strich um Hawks Beine. „Jemand wie du gehört nicht hierher, du hättest nie herkommen dürfen!", schrie er Remus wieder an. James wollte auf ihn losgehen, Remus verteidigen, aber da merkte er, dass auch er plötzlich nicht mehr vom Fleck kam, seine Füße waren wie festgeschnürt. „James, warum können wir uns nicht bewegen?", fragte Sirius ihn entsetzt. Er und Peter versuchten ebenfalls zu Hawk zu gelangen, aber egal wie sehr sich ihre Körper in seine Richtung warfen, sie kamen nicht voran. Hawk drehte sich währenddessen langsam zur Seite und verschwand in einem der Gänge. „Nein!", rief James zornig, aber er hielt nicht an. Der Nebel wand sich hinter ihm her wie eine Schlange, breitete sich weiter aus und kroch nun auch wieder in ihren Gang, bis James die anderen nicht mehr sehen konnte und es dunkel wurde.

James schlug die Augen auf und fuhr hoch. Sein Atem ging schnell und als er sich erschöpft durchs Gesicht rieb, merkte er, dass sich kalter Schweiß über seine Stirn zog und seine Haare an seinen Kopf klebte. Was war das denn bitte gewesen? Er schüttelte den Kopf und legte sich wieder hin. Sein Kopf versank in den großen weichen Kissen, aber auch die waren voll Schweiß. Er drehte das Kopfkissen um und ließ seinen Kopf wieder in die weichen Daunen sinken. Er schloss die Augen, fand aber keine Ruhe. James öffnete die Augen wieder. Es musste noch sehr früh in der Nacht sein, der Mond war noch nicht ganz aufgegangen, beleuchtete aber den Boden zwischen James und Sirius Betten. Der größte Teil des Saals jedoch, war in schwarzen Schatten versunken und James fühlte sich unangenehm intensiv an den seltsamen Nebel aus seinem Traum erinnert. Er schüttelte kurz den Kopf, wie um auch die Erinnerung an den Traum so von sich abzuschütteln. Aber da war noch etwas. Etwas, das ihm keine Ruhe ließ und er spürte, dass er nicht mehr würde schlafen können. Ein ungutes Gefühl, eine Regung in seinem Inneren, die ihm fremd war und die ihm seltsam flau werden ließ. Etwas stimmte nicht. James sah sich um. Peter lag auf dem Bauch, das Gesicht im Kissen vergraben und seine Haare standen zu Berge, als hätte er sich schon etliche Male hin und her gewälzt. Sirius zuckte im Schlaf und hatte seine Decke zu Boden getreten. Was war mit Remus? Er war im Traum so weit weg gewesen, auf dieser seltsamen Kreuzung, auf der auch Hawk gestanden hatte. Er hatte zu ihnen gewollt, aber nicht gekonnt. James reckte sich, um über Sirius hinweg in Remus Bett sehen zu können. Als sein Blick über seinen zuckenden Freund hinweg zum Bett seines anderen Freundes glitt, wäre er beinahe aus dem Bett gefallen. Remus' Bett war leer. James ließ sich wieder zurückfallen und spürte, wie ihm erneut der Schweiß ausbrach. Wo war Remus? Was war passiert? Vielleicht musste er auch einfach mal, sagte eine leise Stimme in seinem Kopf. James schloss die Augen und nickte langsam. Das musste es sein, nichts weiter. Aber was, wenn nicht? Was, wenn doch mehr dahintersteckt? James spürte das heftige Verlangen sich selbst zu schlagen, in der Hoffnung, dass das seine Gedanken zum Schweigen bringen möge. Davon wäre aber höchst wahrscheinlich jemand aufgewacht. Plötzlich hörte er Sirius neben sich einen Laut ausstoßen, der ähnlich verstört klang wie James sich gerade fühlte. Auch er saß senkrecht im Bett und James sah Schweiß auf seiner Stirn und im Nacken glitzern. „Hey", flüsterte James, „alles in Ordnung?" „Ja ja, ich hab nur... komisches Zeug geträumt." James grinste freudlos. „Willkommen im Club." „Du auch?", fragte Sirius, sah dann kritisch durch das Fenster in den Himmel und meinte dann: „Liegt wahrscheinlich am Vollmond. Aber irgendwas ist... keine Ahnung-" „Seltsam?" fragte James leise und Sirius nickte bedrückt. „Sirius", flüsterte James eindringlich, „Remus ist weg." „Was?!", fragte Sirius und bekam erst im letzten Augenblick seine Lautstärke wieder unter Kontrolle, „Wo ist er?" „Wenn ich das wüsste", murmelte James und sah besorgt aus dem Fenster. Er ließ seinen Blick über den Schwarzen See streifen, die Wiese und- „Sirius", brachte James keuchend hervor, „sieh mal, da unten!" Sirius lehnte sich über die Bettkante in dem Moment, in dem auch Peter erwachte. Er atmete schwer, als er seine Freunde verwirrt ansah. „Warum seid ihr wach?", fragte er leise und blinzelte. „Remus ist weg", flüsterte James ihm zu. „Was? Wo? Warum-" „Wir wissen es auch nicht", unterbrach James seinen Freund, „aber da unten auf der Wiese sind irgendwelche Leute unterwegs, natürlich mal wieder ohne Licht." Peter sprang sofort auf, schlich auf Zehenspitzen zu James ans Bett und krabbelte darüber hinweg auf das Fenster zu, an dem Sirius immer noch kauerte und gebannt nach draußen sah. Drei Gestalten liefen dort unten über die große Wiese. Eine davon hatte einen langen weißen Bart, der sich klar in der Dunkelheit abzeichnete und zudem das Licht des langsam aufgehenden Mondes zurückwarf. Es konnte sich nur um Albus Dumbledore handeln. Neben ihm eine hochgewachsene Frau mit Hut. Da sie bei solchen nächtlichen Aktionen aus irgendeinem Grund immer dabei war, tippte James auf McGonagall. Und neben McGonagall lief eine Gestalt mit leicht gesenktem Kopf, mittelgroß und relativ schmächtig. Remus. Seine Bewegungen wirkten ein wenig steif und sie konnten erkennen, dass McGonagall immer wieder den Kopf zu ihm drehte, sprach aber nicht mit ihm. Anscheinend warf sie ihm nur immer wieder Blicke zu, aber welchen Gesichtsausdruck sie dabei zeigte war unmöglich zu erkennen. James, Peter und Sirius folgten den drei Figuren mit den Augen ohne ein Wort zu sagen. Zu ihrem grenzenlosen Erstaunen, liefen sie auf die peitschende Weide zu. „Was machen die denn da?", zischte Sirius, „dieser Teufelsbaum wird sie umbringen!" Sie waren vor der Weide angekommen und diese begann sogleich sich zu regen. Albus Dumbledore zog etwas aus seinem weiten Gewand hervor und als er die Hand hob, konnten sie mit zusammengekniffenen Augen einen Zauberstab erkennen. Ein Licht blitzte auf und plötzlich stand die Weide still und rührte sich nicht mehr. McGonagall und Dumbledore nickten Remus kurz zu und sprachen noch einmal kurz mit ihm. Er nickte, dann bückte er sich und verschwand in dem Gang unter den Wurzeln der peitschenden Weide. Dumbledore und McGonagall sahen ihm kurz nach und entfernten sich anschließend. „Er ist da drin, allein!", flüsterte Sirius seinen Freunden eindringlich zu. James nickte, er wusste genau was Sirius dachte und sprach es aus: „Wir müssen zu ihm!" Dann sprangen sie alle auf und schlichen, wie schon so oft seit Beginn des Schuljahrs, durch die Tür des Schlafsaals in das nächtliche Schloss.

James  Potter und die Rumtreiber - Der geheime PlanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt