21. Zufälle gibt es nicht

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Am nächsten Tag wurde ich mal wieder durch laute Stimmen geweckt, von Leuten, die mich anscheinend tyrannisieren wollten! 

„Sieht gut aus, Cosmo." 

Konnten sie nicht einfach still sein?! 

„Danke, komm lass uns runter gehen, sonst wird Ace noch wach." Das war ich schon längst!

Genervt öffnete ich die Augen und kniff sie gleich wieder zusammen. Wie gerne würde ich den Vorhang zuziehen und die Dunkelheit genießen... doch dann müsste ich ja aufstehen. 

Also drehte ich mich einfach wieder um und schloss die Augen. Nur sorgte der Krach von unten dafür, dass ich nicht schlafen konnte, weswegen ich mich dann doch aufrichtete und die Arme von mir streckte, während ich laut gähnte. Plötzlich hielt ich inne. Ich konnte mich schmerzfrei bewegen? Stirnrunzelnd drehte ich meinen Oberkörper nach links und nach rechts, doch die Schmerzen blieben aus. Ob Aaróns Gebet vielleicht geholfen hatte? 

Mein Blick glitt nach unten und ich hob die Decke an. Anschließend legte ich die Beine über die Bettkante, so, dass ich am Bettrand saß und zog das Shirt aus.

Wie gerne würde ich den Verband öffnen.

Doch das sollte ich ja nicht. Seufzend ließ ich die Schultern hängen und beschloss abzuwarten. Am Ende war das nur die Wirkung des Schmerzmittels, was eigentlich gar nicht mehr wirken sollte. Unschlüssig fuhr ich mir durch meine schwarzen Haare und sah zum Fenster hinaus. Es war schon lange hell und ich hatte keine Ahnung, was ich heute und die nächsten Tage machen sollte.

Vorsichtig stand ich auf. Ich traute der schmerzlosen Situation noch nicht ganz. Doch es ging! Ich stand aufrecht oberkörperfrei im Zimmer und freute mich über den kleinen Erfolg, obwohl ich eigentlich liegenbleiben sollte. Dann plötzlich klopfte es.

„Ace, kann ich reinkommen?", rief Cosmo leiser als normalerweise.

„Ja", entgegnete ich und sammelte mein Shirt wieder ein.

Dann öffnete sich die Tür. „Morgen", meinte er unnötigerweise, was ich mit einem Nicken bestätigte. „Ich hab dir Frühstück mitgebracht. Julia hat dir einfach einen Teller zusammengestellt und ich wollte ihn dir noch bringen, bevor ich mit Keno los mach. Und außerdem- du solltest doch im Bett bleiben!", fuhr er ärgerlich fort.

Ich hob meinen Blick, um den Teller entgegenzunehmen, doch stockte. Cosmo hatte grüne Augen! „Hast du deine Kontaktlinsen rausgenommen?!"

Ertappt senkte er den Kopf und lächelte unsicher. Der Ärger über meine morgendliche Anstrengung war vergessen. „Ähm... ja, also, ich wollte sie nicht länger verstecken und außerdem gehen sie bei der mangelnden Pflege hier sowieso kaputt", erklärte er unsicher.

„Ich finde es schön, erinnert an damals", grinste ich. „Außerdem hast du echt keinen Grund unzufrieden mit deinem Äußeren zu sein, Cosmo", versuchte ich ihn aufzumuntern. „Und jetzt her mit dem Frühstück!"

Mein Bruder lachte daraufhin und stellte den, zugegebenermaßen lieb angerichteten Teller auf den Nachttisch. Mir war es nach wir vor ein Rätsel, warum Julia so etwas für mich tun sollte. Denn auch, wenn sie uns gegenüber sehr freundlich und warmherzig war, so hatte sie Aarón schon manchen Vorwurf wegen uns gemacht!

Als Cosmo dann wieder draußen war und ich gegessen hatte, beschloss ich duschen zu gehen. 

Das traute ich mir kurioserweise zu und da der Schmerz beim Laufen ausblieb, tat ich es einfach. Niemand sonst war hier oben. So hatte ich das Bad für mich allein und konnte ohne Zeitdruck die Dusche verwenden. Zuerst wollte ich nicht, dass der Verband nass wurde, doch dann war es mir irgendwann egal und ich brauste ihn einfach mit ab. Auch hier ohne Schmerz. Als ich das Wasser abstellte, konnte ich aber meine Finger nicht länger bei mir behalten und knobelte an dem weißen Verband herum. Anschließend fiel er auf die Fliesen im Bad und blieb dort, zusammen mit dem Pflaster liegen. 

Verblüfft starrte ich auf die Wunde. Sie blutete nicht mehr! Und auch sonst sah sie viel besser aus! Die Entzündung war weg, sie war nicht mehr angeschwollen und auch die rötliche Färbung war zurückgegangen. Kurz gesagt, sie war auf dem besten Weg zur Heilung. Und das in einer Nacht!

Ich musste dringend mit Aarón reden!

Zweifelnd und nachdenklich zog ich die Stirn kraus. Wenn ich ehrlich war, dann hatte ich nicht wirklich an das Wunder geglaubt, auch, wenn ich das vor Aarón behauptet hatte. Doch es war ja besser geworden. Das konnte doch kein Zufall sein! 

Verwirrt und nicht wissend, was ich tun sollte, trocknete ich mich ab und zog mich an. Den Verband legte ich wieder an, so gut es eben ging. Als ich dann das Bad verließ und meine Sachen aufräumte, beschloss ich runterzugehen. 

Selbst die Treppe bekam ich schmerzfrei hin.

Unten traf ich dann auf eine überraschte Julia. „Guten Morgen, Ace, geht's dir wieder besser? Du siehst nicht mehr so blass aus."

„Morgen, ja ich denke schon." Gezwungen lächelte ich.

Sofort erhellte sich Julias Miene. „Das freut mich." Danach herrschte erstmal Stille. Die anderen waren wahrscheinlich draußen, denn außer uns war niemand hier. „Möchtest du nachher mit den Zwillingen und mir eine Runde Brisca spielen? Sie würden sich bestimmt freuen." 

Was war Brisca? 

Zögerlich nickte ich. Keine Ahnung, worauf ich mich da einließ, aber es war besser als den ganzen Tag herumzusitzen und Cosmo käme erst Stunden später zurück. 

„Super, dann gehe ich sie mal holen."

Ungefähr fünf Minuten später saß ich mit den Zwillingen und Julia am Tisch im Wohnzimmer. Die Couch war echt bequem und die kleinen Bälger waren über meine Anwesenheit sichtlich aufgeregt. Während Adrian jedem drei Karten austeilte und den Rest als Stapel in die Mitte legte, versuchte Paula mir die Spielregeln zu erklären. Nur verstand ich in etwa so viel wie Max, wenn man ihm das Lesen beibringen wollte. 

„Also, du musst mit deinen Stichen die höchste Punktezahl erreichen", erklärte das junge Mädchen vor mir erneut, doch ich hörte gar nicht mehr zu. Wenn's ums Stechen ging, dann hatte ich ja schon mal gewonnen.

„Du hörst mir ja gar nicht zu!", beschwerte sich Paula und Adrian sah ebenfalls zu mir.

Entschuldigend grinste ich. Im Inneren war ich mit den Gedanken ganz woanders. Bei der wundersamen Heilung der Verletzung... und bei Cosmo. 

Wir hatten früher auch Spiele gespielt. Aber keine mit Karten, sondern wer stahl die Wahre mit dem höheren Wert. Erschreckend, wenn ich an unsere Kindheit dachte. Da hatten es die zwei Nervensägen vor mir sehr viel einfacher und wussten es noch nicht einmal.

Hope in the DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt