Thirty-One

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Als ich am Sonntag aufwache und mir ein paar Sonnenstrahlen ins Gesicht scheinen, bin ich das erste Mal seit langem nicht genervt davon. Ohne mein Zutun und obwohl sich immer wieder ein seltsames Loch in meinem Inneren auftut, das mich zu verschlingen droht, schleicht sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen, als ich aufstehe.

Ich verbringe den Großteil des Tages mit Üben, doch irgendwie fühlt es sich heute nicht so verbissen und angespannt an, ich kann es teilweise sogar richtig genießen. Der Tag verfliegt und ehe ich es realisiere, betrete ich am Montag wieder das Schulgebäude.

Ist seit dem letzten Schultag wirklich nur ein Wochenende vergangen?

Die letzten beiden Tage fühlen sich an wie eine komplette Woche. Es ist so viel passiert. So vieles, das ich gar noch nicht richtig begreife.

„Morgen, Chris", höre ich eine bekannte Stimme am anderen Ende der Halle und sehe Miley von dort aus winken. Obwohl wir seit unserem Streit kaum miteinander geredet haben, wirkt sie ausgelassen und grinst von einem Ohr bis zum nächsten. Ich hebe kurz die Hand und muss mich bemühen, die Bewegung normal auszuführen, als ich neben Miley auch Rick und Leo entdecke, von denen einer ebenfalls die Hand hebt und der andere mich mit einem breiten Lächeln begrüßt, das mein Herz wieder einmal zum Stolpern bringt.

Sofort schiebe ich das beängstigende Gefühl, das mich beschleicht, zur Seite und gehe nach kurzem Zögern auf die kleine Gruppe zu. „Morgen", murmle ich und merke entsetzt, dass meine Wangen leicht warm werden.

Was zum Henker? Warum passiert das ständig?

„Wollen wir wieder mal die Bowlingbahn unsicher machen?", fragt Rick und sieht uns der Reihe nach erwartungsvoll an.

„Damit du uns wieder fertig machen kannst? Ich wäre eher für einen Filmeabend", meint Leo und noch bevor ich etwas erwidern kann, meldet sich auch Miley zu Wort.

„Ich befürchte, das müssen wir verschieben", erklärt sie und ich nicke leicht. „Chris muss heute proben, er hat morgen schließlich seinen Auftritt."

„Ach ja." Rick greift sich an die Stirn. „Dürfen wir zusehen kommen?"

Ich starre ihn einfach nur stumm an, doch da mischt sich auch Leo ein. „Ich würde auch gern kommen." Seine Worte sind sanft und neben dem Funkeln in seinen Augen bemerke ich wieder diese stumme Frage.

„Von mir aus", sage ich, doch diesmal bleibt mein genervter Unterton weg.

„Super. Abgemacht." Miley grinst und wir machen uns auf den Weg in die Klassenzimmer, als die Glocke ertönt.

Auch dieser Tag vergeht wie im Flug, alles was ich wirklich wahrnehme ist Leos Lächeln, das er mir jedesmal, wenn wir uns am Gang begegnen, zuwirft und das ich diesmal zur Abwechslung leicht erwidere.

...

Das laute Stimmengewirr verstummt, als ein Mann auf die Bühne tritt und mit seinen lauten Worten den Saal erfüllt. Mein Kopf ist heute klar, ich nehme alles um mich herum deutlich wahr, rieche den Stoff der alten Vorhänge, die die Bühne umsäumen und höre das leise Rascheln von Programmheften aus den Zuschauerreihen.

Zwei Geiger verlassen ihren Platz neben mir und betreten die Bühne, als Applaus aus dem Saal ertönt. Vorsichtig streiche ich über meine rechte Hand, fahre mit den Fingerspitzen die Kruste am Handrücken nach und rufe mir in Erinnerung, wie schlimm das alles noch vor zwei Wochen ausgesehen hat.

Wunden schließen sich. Kratzer verheilen. Blut versiegt. Nur manchmal bleiben Narben.

Wieder hält im Saal vor mir jemand eine Rede, ein Chor singt ein Lied und dann höre ich endlich meinen Namen.

Falling for You ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt