Thirty-Eight

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„Chris."

Ich zucke leicht zusammen, als ich meinen Namen höre, halte jedoch weiterhin die Knie an meinen Körper gezogen und den Kopf darauf gebettet. Die Stimme, die vorsichtig meinen Namen ruft, löst tausend verschiedene Emotionen gleichzeitig in mir aus und noch während ich irgendwie versuche, eine Struktur in das Chaos zu bringen, merke ich, dass Leo vor mir in die Hocke geht.

Warum ist er hier? Wieso redet er überhaupt noch mit mir?

„Hey, Chris, lass mal sehen."

Langsam streckt Leo seine Hand nach mir aus und berührt dann nach kurzem Zögern mein Gesicht. Wieder wartet er kurz, bevor er sanft meine Arme von meinem Gesicht wegnimmt und dann mit seinen Fingern mein Kinn anhebt. Ich wehre mich nicht und lasse es geschehen.

Als ich meinen Blick hebe, sehe ich Leos Gesicht nahe vor meinem, die grünbraunen Augen starren mich an und ich kann so vieles in ihnen lesen, dass ich keuchend einatme. Da ist keine Wut, keine Enttäuschung, nur ein kleines bisschen Angst, eine große Menge Trauer und vor allem Besorgnis, die ich erkenne.

Besorgnis? Um sich? Um mich?

„Ach du scheiße", murmelt er leise und betrachtet mein übel zugerichtetes Gesicht. Als er mit den Fingern vorsichtig über meine geschwollene Wange streicht, ziehe ich zischend die Luft ein. Sofort nimmt er die Hand wieder weg. „Sorry."

Eine Weile lang sehen wir uns einfach an, bis ich irgendwann nicht mehr kann, den Blick abwende und den Kopf zur Seite drehe. „Tut mir leid." Meine Stimme ist kaum lauter als ein Flüstern und ich versuche, den Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken.

Wieso ist er nicht wütend? Wieso-?

„Was?", fragt Leo leise. In meinem Inneren kämpfe ich mit den Worten und mit mir selbst. Leo bleibt still und lässt mir Zeit.

„Tut mir leid, dass ich dich beim Basketball umgerannt bin", bringe ich dann hervor und würde mir dafür am liebsten selbst noch einmal eine reinhauen.

Das ist nicht das was ich sagen will und diese Entschuldigung kommt reichlich spät.

Eine Weile lang ist es wieder still und das Loch in meiner Brust wird immer größer und droht alles zu verschlingen. Ich bin mir schon fast sicher, es wieder vermasselt zu haben, als ich Leo plötzlich leise lachen höre. Verwundert blicke ich auf.

„Entschuldigung angenommen", sagt er leicht schmunzelnd, doch ich sehe ihm an, dass er mich durchschaut und weiß, dass es nicht das ist, was ich eigentlich sagen will.

„Alles andere tut mir auch leid. Was ich getan habe, war beschissen", presse ich hervor und drehe mein Gesicht wieder von Leo weg.

Jetzt ist es draußen. Ich habe es gesagt.

Ein schwerer Mantel weniger auf meinen Schultern.

„Was? Dass du dich geprügelt hast?", fragt Leo nach und ich schnaube auf. Ich bin mir sicher, dass er weiß, dass ich nicht das gemeint habe.

„Ich habe mich nicht geprügelt. Ich wurde nur verprügelt", korrigiere ich trocken und seufze. „Und nein, ich meinte mein Verhalten und die Dinge, die ich gesagt habe. Die tun mir leid."

‚Verzieh dich. Lass mich in Ruhe.'

Die Stille ist unerträglich und als ich es nicht mehr aushalte, hebe ich erneut den Kopf und betrachte Leo. Sein Blick ist in die Ferne gerichtet, er wirkt nachdenklich, doch dann werden seine Züge weicher und er sieht mich an.

„Schon okay."

Ungläubig öffne ich den Mund und schließe ihn dann wieder.

Was redet er da? Warum? Warum sagt er so etwas?

Falling for You ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt