Falling for You ✔

Twenty-One

„Nein, was machst du denn?", fragt Rick aufgebracht und ich unterdrücke den Wunsch, ihm zu erklären, dass die Figuren, deren Schicksale wir seit einer Stunde auf dem flachen Bildschirm verfolgen, uns nicht hören können. „Damit machst du doch alles nur noch schlimmer."

Kopfschüttelnd schiebe ich mir den bestimmt zehnten Schoko-Cookie in den Mund und lasse mich tiefer in Mileys Couch sinken. Wenn Rick bei so einem normalen Spielfilm schon alles kommentiert, will ich mir gar nicht vorstellen, wie es erst gewesen wäre, wenn die Fraktion ‚Horrorfilm und Liebesschnulze' bei der Diskussion um die Filmauswahl gewonnen hätte. Mileys seltsam gemixte Vorliebe für entweder blutig schaurige Horror-Thriller oder langweilig kitschige Liebeskomödien kenne ich schon, doch dass Rick diesen absurden Geschmack auch noch mit ihr teilt, habe ich nicht erwartet. Zu meinem Glück war Leo allerdings ebenfalls weniger begeistert von diesen Ideen und da ich mich grundsätzlich in solchen Dingen meist gegen Miley durchsetzen kann, bin ich den Axtmördern und Liebeserklärungen entkommen.

Da Rick aber keine Lust auf Leos historische Dramen und Dokumentationen hat und meine Filmauswahl von Miley abgelehnt worden ist, weil ich mich angeblich nur für die Filmmusik und nicht für die Handlung interessiere, haben wir uns schlussendlich auf irgendeinen Actionfilm geeinigt, den wir jetzt auf dem Bildschirm verfolgen.

Meine Hand wandert erneut zur Schüssel mit den Keksen, doch zu meiner Enttäuschung spüre ich nur noch ein paar Krümel darin liegen. Die Frage nach einer zweiten Packung bleibt mir im Hals stecken, als ich plötzlich etwas auf mich zufliegen sehe und es gerade noch rechtzeitig mit den Händen abfangen kann. Während Miley die Verpackung genauso perplex anschaut wie ich und Rick sich davon nicht ablenken lässt, sehe ich kurz zu Leo, der mir bedeutet, zu essen und dann schmunzeln muss, als Rick sich wegen der dummen Entscheidungen des Filmprotagonisten die Haare rauft.

Dass ich mich nicht so bereit für diesen Nachmittag fühle, wie ich es gerne allen weismachen würde, hat schon meine dreiundzwanzig-minütige Verspätung verraten, doch mittlerweile muss ich zugeben, dass ich mich halbwegs wohl fühle. Miley und Rick neben mir bilden die meiste Zeit einen guten Sichtschutz gegen Leos stechende Blicke, die jedoch weniger bedrohlich wirken, als ich gedacht habe. Auch jetzt wendet er den Blick nach kurzer Zeit wieder ab und widmet sich dem Film, was mich dazu bringt, meine beginnende Abwehrhaltung wieder fallen zu lassen und die Tafel Schokolade in meinen Händen zu begutachten. Nach kurzem Zögern öffne ich die Verpackung und schiebe mir dann ein Stück in den Mund.

„Darf ich auch?", fragt Miley und ich sehe Leo aus den Augenwinkeln nicken, also reiche ich die Schokolade weiter. Die Zeit verfliegt geradezu und ehe ich es realisiere, ist der Film auch schon zu Ende und die Schokolade aufgegessen.

„Er hätte sich so viel ersparen können", seufzt Rick in Richtung des Fernsehers und entlockt damit mittlerweile sogar mir ein leichtes Grinsen.

„Tja, Menschen treffen nun mal oft dumme Entscheidungen. Ist doch realistisch", höre ich Miley sagen und ignoriere den kurzen Blick, den sie mir zuwirft. „Aber zum Glück finden sie meist wieder auf den richtigen Weg", fügt sie hinzu und ich verschränke die Arme vor der Brust. „Gut, was wollt ihr jetzt machen?"

„Spielen wir ein paar Runden?", fragt Rick und deutet auf die Konsole, die neben dem Fernseher liegt. Wir liefern uns ein paar Duelle in Mario-Kart, doch nach einer Weile vergeht mir die Lust, Miley und Rick dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig durch Kitzelattacken beim Spielen behindern und ich verziehe mich nach unten ins Klavierzimmer. Meine Hände werden wie magisch von der Klaviatur angezogen, aber auch als ich schon am Flügel sitze und meine Finger sanft die Tasten berühren, zögere ich noch.

Ein leicht mulmiges Gefühl steigt in mir auf, als ich mich an das letzte Mal erinnere, als ich an einem Klavier saß.

2. Platz: Christopher Cornwall