Zum Schlusspfiff stand es 2:0 und als sie das Spielfeld verließen, strahlten sie mit der Sonne um die Wette. Mein Bruder und sein bester Freund schlugen ihre Hände in einer dieser komischen ‚Beste-Freunde-Handschläge' zusammen und joggten dann locker zu Lucy und mir. Ich fragte mich wie sie nach 90 Minuten hin und herlaufen immer noch so gut in Form sein konnten. Ich an ihrer Stelle wäre längst zusammengebrochen und hätte es wahrscheinlich nicht einmal mehr geschafft meine Füße in die Luft zu heben und nur einen weiteren Schritt zu machen. Das Spiel war bereits weit entfernt in ihren Gedanken. Es gab keine Zeit zum Ausruhen. Möglicherweise lag es auch einfach am jahrelangen Training. Irgendwann musste es sich schließlich bezahlt machen.
Ich hielt die Hand zum High-Five in die Höhe und mein Bruder schlug ein.
„Herzlichen Glückwunsch zum Sieg."
„Fünfmal hintereinander gewonnen. Wir haben einen guten Lauf." Er warf einen schnellen Blick hinter sich und grinste verschmitzt.
„Ich liebe es, sie so niedergeschmettert zu sehen.", sagte er. Tatsächlich war die Kraft, die sie vor wenigen Minuten noch gezeigt hatten, aus ihren Körpern verschwunden und die gegnerische Mannschaft schlurfte lustlos und völlig ausgepumpt über den grünen Rasen. Ihr Trainer kaute verbissen auf seiner Lippe und hatte die Arme krampfhaft verschränkt. Wenn ich nichts von den vergangenen Spielen gewusst hätte, und wie übel sie uns bereits mitgespielt hatten, hätten sie mir beinahe leidgetan. Aber eben nur beinahe. So konnte ich mir das Lächeln ebenfalls nicht verkneifen.
„Ihr habt es euch verdient."
Simon umarmte mich unvermittelt, hob mich in die Luft und wirbelte mich dabei ein paar Mal umher. Meine Haare schwangen in mein Gesicht und ich lachte, als er mich stolpernd und schwankend wieder auf dem Boden absetzte.
„Ich hab gehört, dass du die Idee hattest, mich als Verteidiger einzusetzen, Tara."
Er drückte mich ein Stück fester an sich und der Geruch nach Schweiß ließ mich ihn ein wenig von mir wegschieben. Ich versuchte durch den Mund zu atmen.
„Auch wenn du mir damit die Chance versaut hast, ein Tor zu schießen." Einen Moment hob er tadelnd den Finger, der Gesichtsausdruck machte jedoch schnell einem schelmischen Grinsen Platz.
„Du bist eben der beste Verteidiger." Ich zuckte unschuldig mit den Schultern und mein Bruder schnaubte verdrießlich.
„Ich tu mal so, als hätte ich das nicht gehört."
„Dafür hast du ein Tor vorbereitet." Lucy schlug ihm spielerisch gegen die Schulter.
Er wich unseren Blicken aus, konnte seine steinharte Miene aber auch nicht länger aufrechterhalten. Das Lächeln wurde breiter und dann nahm auch er mich und Lucy in die Arme. Im Gegensatz zu Simon drückte ich ihn entschiedener von mir.
„Paul wirklich. Ihr braucht dringend eine Dusche. Ihr stinkt."
Aiden wäre sicher vom Glauben abgefallen, wenn er mich so unbeschwert hätte plaudern hören. Selbst nach zwölf Jahren Schule konnte ich mit den meisten meiner Mitschüler und Mitschülerinnen keine normale Unterhaltung führen. Dass ich in diesem Moment so frei sprach, lag daran, dass es sich zum einen um meinen Bruder handelte und zum anderen um die Person, die öfter bei uns zuhause gewesen war, als ich überhaupt zählen konnte. Simon war wie ein zweiter Bruder für mich. Ein Bruder, den man am Ende des Tages wieder abgeben konnte. Ehrlich, ein Bruder reichte mir vollkommen aus.
„Aber hallo. Euch riecht man schon aus einer Meile Entfernung. Das ist echt nicht schön." Lucy hielt sich die Nase demonstrativ mit spitzen Fingern zu.
„Ich finde nicht, dass wir stinken. Das ist Männergeruch."
Simon machte Anstalten sie erneut fest zu umarmen, doch Lucy konnte ausweichen. Paul winkte ab.
DU LIEST GERADE
Katara - Bound To Dream
Teen FictionKatara ist das Mädchen, das man schnell wieder vergisst. In ihrer Schule ist sie unsichtbar. Leben lassen und dadurch überleben. Das ist ihr Motto. Sich aus allem raushalten und stumm das tun, was von ihr verlangt wird. Doch was geschieht, wenn der...