21 | Das mit Cinderella

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Je näher wir dem Haus unserer Mitschülerin kamen, desto unbehaglicher fühlte ich mich. Ich war weit davon entfernt als Partygirl zu gelten und der wummernde Bass, der uns bereits auf der Straße entgegenschlug, ließ in mir den Wunsch aufkeimen auf der Stelle umzudrehen und zu gehen. Mein Mund fühlte sich mit einem Mal so trocken an wie die Sahara und der Frosch in meinem Hals wurde mit jedem Schritt größer. Dahin war das Gefühl der Vorfreude und das Unbekannte hatte seinen Reiz verloren. Aiden bemerkte meine wachsende Unsicherheit und munterte mich auf, als hätte er meine Gedanken gelesen.

„Wenn du erst einmal da bist, ist es nicht so schlimm, wie du es dir gerade ausmalst."

„Das sagst du.", entgegnete ich monoton.

„Du kannst mir vertrauen. Du wirst es mögen."

An der Stelle konnte ich nichts anderes tun, als seinen Worten Glauben zu schenken und ich hoffte, dass diese Geschichte gut für mich ausgehen würde.

Als wir die letzte Biegung erreichten und das Haus mit der gelben Fassade zum Vorschein kam, war die Party schon längst im vollen Gange. Es war weniger ein normales Haus als vielmehr eine kleine Villa. Wenn man darauf aus war, mussten sich die Bewohner nicht einmal über den Weg laufen. Im Vorgarten lagen ein paar Menschen auf dem Rasen und starrten in den Himmel. Entgegen meiner Befürchtung, dass sie sternhagelvoll waren und den Sinn einer Ausnüchterungszelle selbst dann nicht begreifen würde, wenn sie drinsäßen, schien es ihnen gut zu gehen. Sie nutzten lediglich die Chance einen in der Stadt seltenen sternklaren Himmel zu betrachten.

„Angeblich soll man heute Nacht viele Sternschnuppen sehen können.", berichtete Aiden.

„Hast du schon einmal eine Sternschnuppe gesehen?"

Ich nickte stumm. Eine einzige hatte ich gesehen, nur war ich bei ihrer Betrachtung nicht gerade in Jubel ausgebrochen. Sie hatte mich traurig gemacht. Ich hatte gelesen, dass es in einer japanischen Sage hieß, dass mit jeder Sternschnuppe eine Seele von der Welt verschwand. Geschlafen hatte ich in dieser Nacht nicht. Zu laut waren die Gedanken, die darüber nachgrübelten, wen die Sternschnuppe das gerade mit sich getragen hatte. Ich war noch klein gewesen, und die Gedanken über den Tod behagten mir noch weniger als heutzutage. Damals hatte ich mir gewünscht, auch die Sternschnuppe sehen zu können, die meinen Vater von dieser in eine andere Welt getragen hatte. Meine Erinnerung an diese Zeit war bereits verblasst, aber ich hatte seitdem nie mehr nach Sternschnuppen Ausschau gehalten.

„Und du?"

„Schon öfter. In der zweiten Klasse mochte ich die Sterne und alles drum herum. Ganze Nächte habe ich draußen verbracht und in den Himmel gestarrt. Da ist mir die ein oder andere Sternschnuppe untergekommen. Ich konnte in den Himmel schauen und dir mindestens zehn Sternbilder zeigen, wenn die Sichtverhältnisse gestimmt haben."

Er legte den Kopf in den Nacken und betrachtete den Nachthimmel kurz eingehend.

„Heute kenn ich nicht einmal mehr ihre Namen." Nachdenklich verweilte sein Blick auf dem Nachtzelt. Dann lächelte er verlegen.

„Lass uns reingehen."

Der Schritt über die Türschwelle war wie das Durchqueren eines Portals in eine andere Welt. Die Musik hatte sich bekanntlich schon aus der Ferne bemerkbar gemacht, doch hier drinnen war sie so laut, dass ich nicht einmal meine eigenen Worte hörte. Eine Discokugel an der Decke warf rote, blaue und grüne Punkte durch die Gegend und wechselte dabei alle paar Sekunden die Richtung. Allein das Beobachten der Lichtpunkte führte dazu, dass mir unvermittelt schlecht wurde. So viele Menschen an einem Ort sah ich selten, eigentlich nur in der Schule. Hier war die Stimmung jedoch weitaus ausgelassener. Gläser klirrten, Menschen lachten und bewegten sich im Takt der Musik. Das bunte Treiben nahm nicht ab.

Katara - Bound To DreamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt